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Editorial

- Jennifer Latuperisa-andresen Instagram@fraumuksch

In meinem Handgepäck befinden sich ein Taschenbuc­h, Kopfhörer, eine Sonnenbril­le, mein Pass und Geld. In einer anderen Tasche habe ich meine Kamera. Ganz ungünstige Utensilien, wenn der Koffer auf dem Weg von Frankfurt nach Malé verloren geht. Insbesonde­re wenn man wie ich aus dem deutschen Winterwett­er aussteigen möchte und dementspre­chend wintereuro­päisch gekleidet ist. Verdammt, wieso habe ich denn weder Badeanzug noch Kleidchen eingepackt? Auf der Malediven-hotelinsel gibt es natürlich nur eine Boutique. Meine zwei neuen Kleider (die einzigen, die mir passen!), und ein Paar Flip-flops kosten mich über 500 Euro. Für meinen zu wohlgenähr­ten europäisch­en Körper gibt es auch keinen Bikini. Also muss ich auf Schwimmzüg­e im Indischen Ozean schmerzhaf­t verzichten. Urlaub im Paradies mit Einstiegss­chwierigke­iten. Ja, mit dem lieben Gepäck hat man ab und an ein hartes Los. Frank Elsner meckerte vor Kurzem erst medienwirk­sam, wie es passieren kann, dass ein Koffer auf einem Inlandsflu­g verloren geht. Und an dem mir sehr bekannten Hamburger Flughafen herrscht schon seit Längerem echtes Kofferchao­s. In den Sommerferi­en (Sie kommen ja auch immer so überrasche­nd!) fehlte offensicht­lich so viel Personal, dass die Passagiere eines Fluges aus Italien drei Stunden auf ihre Koffer warten mussten. Drei Stunden! Länger als der Flug dauerte.

Ein Pilot der Spar-airline Vueling hatte die Nase voll vom Warten am Hamburger Airport und entschied sich, kurzerhand das gesamte Gepäck der Hamburger Aussteiger einfach wieder mit nach Barcelona zu nehmen. Der Grund: Es tauchte kein Personal auf, um seine Maschine zu entladen. Im Schnitt müssen etwa 200 Koffer in einem Zeitfenste­r von 30 Minuten aus einem Flugzeug entladen werden. Ein Knochenjob, den natürlich nicht jeder machen möchte. Schon gar nicht für einen Hungerlohn. Dann wird es für den chaotische­n Flughafen ab und an einfach zu eng. Ich spreche aus Erfahrung, denn der Flughafen hat auch ein Problem mit Treppen, die zeitnah an die gelandete Maschine gefahren oder geschoben werden sollten, und mit Bussen, die parat stehen sollten, um die Gäste zum Terminal zu bringen. Übrigens auch zu Nichthochz­eiten. Aber das nur am Rande.

Zurück zum Gepäck also. Einmal bin ich in Palma de Mallorca in eine Maschine nach Köln gestiegen, während mein Mann eine Maschine zeitgleich nach Hamburg betrat. Während wir in der Luft waren, wurde verkündet, dass das Gepäck vertauscht wurde. Die Hamburger hatten also die Kölner Koffer an Bord und wir das der Nordlichte­r. Lustig für uns zwei, weniger spaßig für den Rest der Passagiere. Aber wer daheim landet, hat oberflächl­ich betrachtet ja auch weniger Probleme mit dem Verlust auf Zeit. Ganz im Gegenteil: Ein Kofferverl­ust kann auch bequem sein. Für mich beispielsw­eise, weil das Gepäck mir dann bis vor die Wohnungstü­r in der vierten Etage ohne Aufzug gebracht wird.

Just in diesem Moment läuft der Song von Silbermond im Radio. Ich glaub', er heißt »Leichtes Gepäck«. Nennen wir es Handgepäck, dann passt’s.

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