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Teufelsküc­he in Amsterdam

- Text Marie Tysiak

Essbares Kunstwerk: Die Gänge im Vermeer sind nicht nur ein Gaumen-gedicht, sondern auch Kunst auf dem Teller. Wie diese Jakobsmusc­hel, gefüllt mit Birne und Sellerie.

Wenn man das Bahnhofsge­bäude in Amsterdam verlässt, ist der Kulinarik-himmel schon in Sichtweite. Man muss nur einmal die Straße überqueren, dann steht man vor dem hohen Prunkgebäu­de aus dem 17. Jahrhunder­t. Eine halbe Runde durch die Drehtür, und der Abend im Michelin-sterne-restaurant Vermeer kann beginnen.

Das Vermeer-restaurant im NH Collection Barbizon Palace in Amsterdam ist dunkel und schlicht gehalten, die Glühbirnen der Áaschenart­igen Industriep­endelleuch­ten versprhen gemtliches /icht und modernen &harme. Und doch wirkt der grau gestrichen­e Raum, in dem die einzige Dekoration die vielen kleinen /ampen, ein paar Blumenprin­ts und einige Topfpáanze­n sind, auf moderne :eise todschick. /etztes -ahr hat das zehn -ahre alte 5estaurant nach aufwendige­n 5enovierun­gsarbeiten wiederer|ųnet und damit seinen 2ld-school-5uf erfolgreic­h abgelegt. )ast alle Tische sind heute $bend von einer bunt durchmisch­ten und leger gekleidete­n *lsteschar besetzt.

Hauptbesta­ndteil der Gerichte von Chris Naylor ist Gemüse, das im eigenen Dachgarten angebaut wird.

Die /eute kommen gerne wieder. Denn kein Besuch im 9ermeer gleicht dem vorherigen. Das 5estaurant verfgt ber keine lange Speisekart­e, aus der man sein *ericht wlhlen kann. Stattdesse­n gibt es eine /iste mit saisonalen =utaten, aus denen &hefkoch &hris 1aylor einem Me nach :ahl ein Drei-, 9ier-, )nf- oder Sechsglnge­men zaubert. Denn Das *eheimrezep­t der .che von 0ichelin-sternekoch &hris 1aylor ist es, lokale, gebrluchli­che =utaten auf eine solch k|stliche :eise zuzubereit­en, dass einem das :asser im 0und zusammenll­uft. (in simples .onzept. 1ach dem ersten Bissen der 9orspeise ² eine 5adieschen-$vocado-5olle mit 0aggi-.raut-so‰e ² wird klar 1achkochen wird trotzdem unm|glich sein!

+auptbestan­dteil der *erichte von &hris 1aylor ist *emse, das im eigenen Dachgarten angebaut wird. *leich hinter den gro‰en, roten /euchtbuchs­taben auf dem Dach des +otels gedeihen /auch, )enchel, Salbei, Salat, Schnittlau­ch und allerlei weitere .rluter- und *emsesorten hoch ber den Dlchern $msterdams. $uch produziere­n hier

. Áei‰ige Bienen .ilogramm +onig im -ahr. Die restlichen =utaten liefern +|fe in der nlheren Umgebung, was eine wechselnde Speisekart­e im =yklus der Saison unabdingba­r macht.

Benannt ist das Restaurant nach dem niederländ­ischen Barockmale­r -an 9ermeer. :enn man genauer hinblickt, erkennt man in der :andbemalun­g im (ingangsber­eich das *esicht seines »0ldchens mit dem Perlenohrg­ehlnge«. Der +auptgang wird gereicht und sieht ohne 0he ebenso aus wie ein .unstwerk eine mit Sellerie und Birne gefllte -akobsmusch­el, deren Schale mit einem dampfenden Teigrand verziert und wie ein *emllde umrahmt ist.

Ich bin versucht, die 5este der k|stlichen So‰e vom +olstein-5inderhals mit /auch, .apern und schwarzem .noblauch auszul|ųeln, als &hris 1aylor h|chstpers|nlich das Dessert reicht, einen /imetten- und Tee-5eispuddin­g. Die .ochknste hinter dem 9ermeer stecken in einem ruhigen, freundlich­en Briten mit blondem Schopf. (in bodenstlnd­iger Typ, der au‰erhalb des 5estaurant­s gerne =eit zu +ause mit seiner )amilie und )reunden in der neuen +eimat $msterdam verbringt. (r lacht, als ich ihn zu seiner hervorrage­nd gelungenen -akobsmusch­el gratuliere. Sein Signature Dish" (r berlegt kurz. (igentlich keines, da seine .che Ma mit der Saison wechselt. )risches *emse, sagt er mit keckem *rinsen. (r fgt hinzu, dass es ihm eben nicht um die ([klusivitlt seiner =utaten geht, vielmehr um deren e[klusive =ubereitung. Um frisch und nachhaltig zu kochen, wechseln seine =utaten, und kein *ericht findet sich ganzmlhrig auf der Speisekart­e.

$ber es scheint auch v|llig gleich, welche =utaten &hris 1aylor zur 9erfgung stehen ² es schmeckt k|stlich. 2hne viel Tamtam, aber eben besonders. /eckeres, gesundes (ssen in gemtlicher und doch schicker $tmosphlre. Deshalb werde ich wiederkomm­en. Um mich erneut von dem Sternekoch ohne Signature Dish berzeugen zu lassen, denke ich, als ich gesättigt aus der Drehtür in Amsterdams Nacht hinaustret­e.

INFO

RESTAURANT VERMEER Prins Hendrikkad­e 59-72, 1012 AD Amsterdam, Tel.: +31 20 556 4885. Reservieru­ng erforderli­ch. www.restaurant­vermeer.nl

PREIS Drei- bis Sechsgänge­menüs 55 bis 85 ÜBERNACHTE­N Das Restaurant ist angeschlos­sen an das Fünf-sterne-hotel NH Collection Barbizon Palace. DZ ab 249, www.nh-hotels.de

Edler Industries­chick:

2016 wurde das Restaurant komplett umgestalte­t. Das Ergebnis kann sich mehr als sehen lassen. Und ist zum Wohlfühlen.

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