reisen EXCLUSIV

Südafrika

- Text & fotos Andreas Dauerer

So weit die Füße tragen: Unser Autor durchwande­rte das Ostkap, erklomm Dünen, begegnete tierischen Rasselband­en und lernte dabei viel über Artenschut­z.

DAS EASTERN CAPE IN SÜDAFRIKA LOCKT NICHT NUR MIT WUNDERBARE­N LANDSCHAFT­EN UND EINER AUFREGENDE­N NATUR, SONDERN MIT ÜBERAUS HERZLICHEN MENSCHEN, DIE SICH DEM ERHALT DER FLORA UND FAUNA VERSCHRIEB­EN HABEN. AM EINFACHSTE­N IST HIERBEI EINE ANNÄHERUNG ZU FUSS.

Es quietscht zwischen den Zehen. Bei jedem einzelnen Schritt beginnen Tausende von kleinen Sandkörner­n unter meinem Fuß merklich aufzustöhn­en, als wollten sie sagen, du hättest auch ein paar /|Ųel 0sli heute 0orgen weniger essen können. Aber ich durfte nicht, ich wurde geradezu genötigt, mich bestens gestärkt auf den bevorstehe­nden 0arsch unter sdafrikanis­cher Sonne hier am Ostkap zu machen. »Sonst läufst du meiner Frau nur hinterher«, höre ich Erics Worte noch in meinem 2hr. (in bulliger 0ann mit breiten Schultern und dem gemeinsten Lachen am Eastern Cape, einerseits. 0it dem ungew|hnlichsten sdafrikanis­chem Singsang Dinge erklärend, die ebenso gut gemeint wie schwer zu verstehen sind, anderersei­ts. Und ganz nebenbei ein handzahmer Junge, ein Scherzkeks. Der ehemalige 5ugbyprofi ² und ausgewiese­ner /ebensknstler, doch dazu splter mehr ² (ric Stewart hat mit seiner )rau (sti den &hokka Trail im -ahr mitbegrndet. Die beiden bieten gefhrte viertlgige Touren auf dem 62 Kilometer langen Weg zwischen Oyster Bay, St. Francis Bay und Cape St. Francis an.

»Ich seh den Elefanten vor lauter Bäumen nicht.« Wie wäre es mit einer Runde Verstecken spielen mit Dickhäuter­n im Addo-nationalpa­rk?

Die ersten 0eter vom Dune 5idge &ountry +ouse in St. )rancis Bay sind teilweise noch schattig, aber Me nlher wir den Dnen kommen, desto weniger *estrpp schaųt es durch die mlchtigen goldgelben Sandberge, die zum Oyster-bay-dune-bypass-ökosystem gehören. Die Sandhaufen verändern sich nicht rasend schnell, aber beständig. Etwa alle -ahre machen die Dnen eine kleine :anderpause und geben dann wieder dieselben Stellen frei. Während ich mich noch wundere, dass der Sand unter mir so lustige Geräusche macht, sehe ich von Esti nur noch kurz den gelben Rucksack, ehe sie hinter der nächsten Kuppe verschwund­en ist. Schnell kippe ich mein Schuhinner­es wieder zum brigen gelben Untergrund und steige ihr nach. :enn sie ernst macht, dann muss man schon ein wenig Kondition mitbringen, um mithalten zu k|nnen. *anz so weit ist sie aber gar nicht gekommen, dafr stochert sie auf der anderen Seite der Dne fast schon gedankenve­rloren im Boden mit allerlei 0uschelsed­imenten herum. »Das sind 5este von einer Lagerstätt­e der Khoi«, erklärt die 52-Jährige, während sie mit ihrem Stock auf 0uscheln, .nochen, +andkeile und kleine Tonscherbe­n zeigt ² und meint damit die ursprnglichen Bewohner der .apregion, die sich selbst als .hoi bezeichnet­en, was nichts anderes als »0ensch« bedeutet. »Diese Überreste können bis zu 2.000 Jahre alt sein«, erklärt Esti, während sie recht anschaulic­h zeigt, wie die Bewohner mit den spitzen .eilen das Innere der 0uschel ausgeschab­t haben. Sie haben hier gelebt und gefischt und wahrschein­lich geliebt, auch wenn das unter der hochstehen­den sdafrikanis­chen Sonne gerade nur schwer vorstellba­r ist. )rher soll die 9egetation aber auch ppiger gewesen sein, lacht Esti.

:ir stapfen ber die Dnen, durchtuere­n ein verbrannte­s Buschfeld und sehen bald das 0eer. Die nlchste halbe Stunde kreisen oben ein paar Bussarde, die wohl etwas argwöhnisc­h auf die bunte Wandertrup­pe unten blicken, ehe wir endlich unsere Glieder in den kalten Ozean stecken können. Der muss noch ein bisschen Strecke gut machen, damit er seine Bezeichnun­g Indischer Ozean auch verdient, rein temperatur­technisch, allerdings ist er wunderbar erfrischen­d fr die leicht erschöpfte­n Glieder. Nach der Pause geht es dann schattenfr­ei weiter, und Eric meldet sich wieder, obwohl er gar nicht dabei ist, weil Wandern nicht so seine Sache ist. Aber er fragte mich morgens noch, ob ich einen :intermante­l im 5ucksack hltte. $uf mein :arum fhrte er aus, dass lange brmel fr zarte europlisch­e +aut schon von 9orteil sein k|nnten. :ie recht er doch behalten sollte. Schlie‰lich sind fnf Stunden in meist praller Sonne trotz ausreichen­d Sonnencrem­e doch eine enorme +erausforde­rung, zumal manche Stellen erfahrungs­gemäß immer etwas weniger abbekommen als andere. Sprich, nichts geht ber eine gute Bedeckung von .opf und .|rper.

Die .ste ist schroų, wild und ursprnglich sch|n. 9orbei an einer alten Khoi-feuerstell­e immer weiter hinauf bis nach Cape St. Francis, das regelmäßig­e Donnern der am Fels berstenden Wellen als steter Begleiter, wie auch das Seal Point /ighthouse, das uns ber eine Stunde lang am +orizont begleitet, bis wir endlich vor ihm stehen. Im *eblude daneben hat die 5ettungsst­ation fr Seev|gel S$1&&2B ihr =uhause. $usgesto‰ene, verletzte, von gl verschmutz­te 9|gel werden hier wieder aufgeplppe­lt und nach 0|glichkeit lebenstchtig in

Rasselband­e in Schwarz-weiß: Auf der Insel St. Croix kann man die niedlichen afrikanisc­hen Pinguine in freier Wildbahn erleben.

die 1atur entlassen. Dazu zlhlen vor allem .ormorane, 0|wen und Pinguine. Der Bestand afrikanisc­her Pinguine hat in letzter Zeit stark gelitten, und die kleinen 9|gel stellen auch das *ros der aktuellen Bewohner dar. So putzig sie auch anzusehen sind, mit nur noch rund 20.000 Exemplaren haben sie es sehr weit nach oben auf der roten Liste bedrohter Tierarten geschaųt. .oordinator­in .erry Bellcross fhrt die Besucher hier durch die Station und erklärt, wie personalin­tensiv eine 9ogelrettu­ng ist. »9|gel, die direkt nach einem glunfall zu uns kommen, brauchen gleich vier Páeger, um sie berhaupt in verschiede­nen Schritten vom gl zu befreien. $nschlie‰end folgt zwei 0al pro :oche ein )edercheck, so lange bis die stark ger|tete +aut darunter endlich wieder intakt wei‰ schimmert und der 9ogel somit schwimmflh­ig ist und in freier :ildbahn nicht erfriert.« $lle schaųen es trotzdem nicht, wieder ausgewilde­rt zu werden. 35 Pinguine haben hier am /euchtturm ihren *nadenhof gefunden, und man kann den Páegerinne­n bei ihrer rhrenden $rbeit zuschauen. $nschlie‰end braucht man keine $uųorderung mehr, um der 1*2 eine dicke Spende dazulassen.

$m nlchsten 0orgen hat (ric seinen gro‰en $uftritt. 1ach einer zweistndigen .stenwander­ung durch 1ieselrege­n erreichen wir den +afen von St. )rancis Bay, eine +ochburg des &hokka-)angs. So werden hier die Tintenfisc­he, oder besser .almare, bezeichnet, und sie dienten dem Trail als 1amensgebe­r. »Seit 0itte der er--ahre wird hier industriel­l &hokka gefischt«, erzlhlt (ric, »alles in +andarbeit.« In seinen großen Pranken hat der ehemalige Rugbyspiel­er einen .almar, den er Metzt ganz gensslich vor den $ugen der *lste in all seine (inzelteile filetiert. :oher er das alles kann" »Ich war frher auch )ischer«, lacht er. 1atrlich, denke ich mir. )ischen und 5ugby sind irgendwie auch artverwand­t, aber so sehr man sich es kurz wnschen wrde, es wlre Seemannsga­rn, letztlich ist es durchaus reale /ebenskunst. Drei :ochen lang bleiben zwischen zw|lf und 0ann Besatzung auf See. Die Schwärme werden mit dem Echolot geortet, mit Sardellen oder 0uscheláei­sch gek|dert und dann mit +andleinen in einer Tiefe von bis 0etern gefangen und anschlie‰end direkt an Bord als *anzes eingefrore­n. Prozent der Tintenfisc­he gehen anschlie‰end direkt in den ([port. Damit liegt der sdafrikanis­che Chokka weltweit an Platz zwei. Ein stolzer Wert und ein Grund mehr, ihn direkt hier im Deli am +afen zu probieren. (r ist ein *edicht.

MIT NUR NOCH RUND 20.000 EXEMPLAREN STEHEN SIE WEIT OBEN AUF DER ROTEN LISTE BEDROHTER TIERARTEN.

1atrlich k|nnte eine 5eise nach Sdafrika einen kleinen schalen Beigeschma­ck bekommen, wenn man neben den Chokka nicht auch den gr|‰eren Tieren seine $ufmerksamk­eit schenken wrde. $uch hier zeigt sich das Eastern Cape als äußerst guter, wie protektive­r *astgeber. Im $ddo (lephant 1ational Park, etwa 0inuten )ahrt von Port Elizabeth, sind vor allem die Dickhäuter seit 1931 in ihrem 5eservat geschtzt, nachdem die Siedler hier den Bestand der (lefanten derart dezimiert hatten, da diese regelml‰ig ihre Saat verwsteten. +eute hat man auf der klassische­n -eep-safari Tuasi eine *arantie, Elefanten aus nächster Nähe zu sehen. Daneben leben jedoch auch /|wen, .udus, =ebras und Bųel im 5eservat, fr die man ² die 1atur llsst sich so schwer planen ² die eine oder andere Stunde mehr an Geduld mitbringen sollte.

Geduld ist auch bei Lloyd Edwards gefragt, wenn man einen Abstecher zu den geflhrdete­n Brillenpin­guinen vor der .ste Port (lizabeths auf der Insel St. Croix machen möchte, die Einzigen ihrer Art, die in Afrika noch in freier Wildbahn zu bewundern sind. Eine Tour auf (dwards Boot ist allerdings schon deshalb Páicht, weil er der (inzige mit der Erlaubnis in der Algoa Bay ist, nah an die Brutstätte­n der Pinguine heranfahre­n zu drfen. =um anderen ist es ein artenreich­er $usáug mit einem .apitln, der seine ganz eigene *eschichte zu erzlhlen hat. begann er mit dem Studium der 0eeresbiol­ogie und kartografi­erte :ale. Danach landete er nicht an der Universitl­t, sondern bei einer Spezialein­heit der Polizei, um linken Terror zu bekämpfen, und quittierte schließlic­h 1995 seinen Dienst. Ein Jahr nach 0andelas :ahl zum Prlsidente­n. »Ich habe zu viel Schei‰e gesehen«, sagt der 56-jährige mit leerem Blick, »und das alles wollte ich nicht an die nächste Generation weitergebe­n.« Ganz anders verhält sich das mit der 1atur. 1ach 0onaten beginnt (dwards an Schulen ber das gkosystem 0eer zu referieren und wie man es besser schtzen kann. Der Rest ist Geschichte. »Irgendwann kaufte ich mir ein Boot und habe jetzt bis zu dreimal in der Woche Touristen dabei, um sie

»ES IST SO SCHÖN, WENN WIR DIE TIERE SEHEN, NATÜRLICH IST ES AUCH IMMER EIN WENIG STRESS FÜR SIE.«

nach St. Croix zu bringen.» Eine Stunde dauert es bis zu den Inseln, aber die verstreich­t nicht einfach so. Die &hance, :ale und +aie zu sehen ist durchaus gro‰, fr Delfine und Pinguine gibt es Tuasi eine Garantie, auch wenn Edwards sich da nicht festlegen möchte. »Das gibt sonst immer nur Ärger, wenn es doch anders läuft«, lacht er, um gleich darauf ernst nachzuschi­eben, »es ist so schön, wenn wir die Tiere sehen, natrlich ist es auch immer ein wenig Stress fr sie.« Den beiden Delfin-schulen heute scheint sein (inwand Medenfalls egal zu sein. Sie schwimmen unzlhlige 0ale vorbei, und die Touristen knipsen, was der Fotoappara­t hergibt. Edwards hat am Ruder stets alles im Blick. Der 0ann mit den wachen $ugen und charmanten /achfalten um die $ugen ist zufrieden mit sich. Und die 1atur ganz oųensichtl­ich mit ihm, weil sie weiß, dass da oben am Ruder jemand sitzt, der sich vollständi­g ihrem Schutz verschrieb­en hat und das unbedingt anderen erzählen und weitergebe­n möchte.

INFO

ANREISE South African Airways bietet von Frankfurt a. M. oder München täglich Flüge nach Kapstadt und Johannesbu­rg und weiter nach Port Elizabeth an. www.flysaa.com

INFOS Allgemeine Informatio­nen zu Südafrika und das Eastern Cape gibt es unter www.dein-sueadafrik­a.de

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ?? Deine Spuren im Sand! Hat schon der Südafrikan­er Howard Carpendale besungen. Ob er auch schon hier war?
Deine Spuren im Sand! Hat schon der Südafrikan­er Howard Carpendale besungen. Ob er auch schon hier war?
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany