Südafrika
So weit die Füße tragen: Unser Autor durchwanderte das Ostkap, erklomm Dünen, begegnete tierischen Rasselbanden und lernte dabei viel über Artenschutz.
DAS EASTERN CAPE IN SÜDAFRIKA LOCKT NICHT NUR MIT WUNDERBAREN LANDSCHAFTEN UND EINER AUFREGENDEN NATUR, SONDERN MIT ÜBERAUS HERZLICHEN MENSCHEN, DIE SICH DEM ERHALT DER FLORA UND FAUNA VERSCHRIEBEN HABEN. AM EINFACHSTEN IST HIERBEI EINE ANNÄHERUNG ZU FUSS.
Es quietscht zwischen den Zehen. Bei jedem einzelnen Schritt beginnen Tausende von kleinen Sandkörnern unter meinem Fuß merklich aufzustöhnen, als wollten sie sagen, du hättest auch ein paar /|Ųel 0sli heute 0orgen weniger essen können. Aber ich durfte nicht, ich wurde geradezu genötigt, mich bestens gestärkt auf den bevorstehenden 0arsch unter sdafrikanischer Sonne hier am Ostkap zu machen. »Sonst läufst du meiner Frau nur hinterher«, höre ich Erics Worte noch in meinem 2hr. (in bulliger 0ann mit breiten Schultern und dem gemeinsten Lachen am Eastern Cape, einerseits. 0it dem ungew|hnlichsten sdafrikanischem Singsang Dinge erklärend, die ebenso gut gemeint wie schwer zu verstehen sind, andererseits. Und ganz nebenbei ein handzahmer Junge, ein Scherzkeks. Der ehemalige 5ugbyprofi ² und ausgewiesener /ebensknstler, doch dazu splter mehr ² (ric Stewart hat mit seiner )rau (sti den &hokka Trail im -ahr mitbegrndet. Die beiden bieten gefhrte viertlgige Touren auf dem 62 Kilometer langen Weg zwischen Oyster Bay, St. Francis Bay und Cape St. Francis an.
»Ich seh den Elefanten vor lauter Bäumen nicht.« Wie wäre es mit einer Runde Verstecken spielen mit Dickhäutern im Addo-nationalpark?
Die ersten 0eter vom Dune 5idge &ountry +ouse in St. )rancis Bay sind teilweise noch schattig, aber Me nlher wir den Dnen kommen, desto weniger *estrpp schaųt es durch die mlchtigen goldgelben Sandberge, die zum Oyster-bay-dune-bypass-ökosystem gehören. Die Sandhaufen verändern sich nicht rasend schnell, aber beständig. Etwa alle -ahre machen die Dnen eine kleine :anderpause und geben dann wieder dieselben Stellen frei. Während ich mich noch wundere, dass der Sand unter mir so lustige Geräusche macht, sehe ich von Esti nur noch kurz den gelben Rucksack, ehe sie hinter der nächsten Kuppe verschwunden ist. Schnell kippe ich mein Schuhinneres wieder zum brigen gelben Untergrund und steige ihr nach. :enn sie ernst macht, dann muss man schon ein wenig Kondition mitbringen, um mithalten zu k|nnen. *anz so weit ist sie aber gar nicht gekommen, dafr stochert sie auf der anderen Seite der Dne fast schon gedankenverloren im Boden mit allerlei 0uschelsedimenten herum. »Das sind 5este von einer Lagerstätte der Khoi«, erklärt die 52-Jährige, während sie mit ihrem Stock auf 0uscheln, .nochen, +andkeile und kleine Tonscherben zeigt ² und meint damit die ursprnglichen Bewohner der .apregion, die sich selbst als .hoi bezeichneten, was nichts anderes als »0ensch« bedeutet. »Diese Überreste können bis zu 2.000 Jahre alt sein«, erklärt Esti, während sie recht anschaulich zeigt, wie die Bewohner mit den spitzen .eilen das Innere der 0uschel ausgeschabt haben. Sie haben hier gelebt und gefischt und wahrscheinlich geliebt, auch wenn das unter der hochstehenden sdafrikanischen Sonne gerade nur schwer vorstellbar ist. )rher soll die 9egetation aber auch ppiger gewesen sein, lacht Esti.
:ir stapfen ber die Dnen, durchtueren ein verbranntes Buschfeld und sehen bald das 0eer. Die nlchste halbe Stunde kreisen oben ein paar Bussarde, die wohl etwas argwöhnisch auf die bunte Wandertruppe unten blicken, ehe wir endlich unsere Glieder in den kalten Ozean stecken können. Der muss noch ein bisschen Strecke gut machen, damit er seine Bezeichnung Indischer Ozean auch verdient, rein temperaturtechnisch, allerdings ist er wunderbar erfrischend fr die leicht erschöpften Glieder. Nach der Pause geht es dann schattenfrei weiter, und Eric meldet sich wieder, obwohl er gar nicht dabei ist, weil Wandern nicht so seine Sache ist. Aber er fragte mich morgens noch, ob ich einen :intermantel im 5ucksack hltte. $uf mein :arum fhrte er aus, dass lange brmel fr zarte europlische +aut schon von 9orteil sein k|nnten. :ie recht er doch behalten sollte. Schlielich sind fnf Stunden in meist praller Sonne trotz ausreichend Sonnencreme doch eine enorme +erausforderung, zumal manche Stellen erfahrungsgemäß immer etwas weniger abbekommen als andere. Sprich, nichts geht ber eine gute Bedeckung von .opf und .|rper.
Die .ste ist schroų, wild und ursprnglich sch|n. 9orbei an einer alten Khoi-feuerstelle immer weiter hinauf bis nach Cape St. Francis, das regelmäßige Donnern der am Fels berstenden Wellen als steter Begleiter, wie auch das Seal Point /ighthouse, das uns ber eine Stunde lang am +orizont begleitet, bis wir endlich vor ihm stehen. Im *eblude daneben hat die 5ettungsstation fr Seev|gel S$1&&2B ihr =uhause. $usgestoene, verletzte, von gl verschmutzte 9|gel werden hier wieder aufgeplppelt und nach 0|glichkeit lebenstchtig in
Rasselbande in Schwarz-weiß: Auf der Insel St. Croix kann man die niedlichen afrikanischen Pinguine in freier Wildbahn erleben.
die 1atur entlassen. Dazu zlhlen vor allem .ormorane, 0|wen und Pinguine. Der Bestand afrikanischer Pinguine hat in letzter Zeit stark gelitten, und die kleinen 9|gel stellen auch das *ros der aktuellen Bewohner dar. So putzig sie auch anzusehen sind, mit nur noch rund 20.000 Exemplaren haben sie es sehr weit nach oben auf der roten Liste bedrohter Tierarten geschaųt. .oordinatorin .erry Bellcross fhrt die Besucher hier durch die Station und erklärt, wie personalintensiv eine 9ogelrettung ist. »9|gel, die direkt nach einem glunfall zu uns kommen, brauchen gleich vier Páeger, um sie berhaupt in verschiedenen Schritten vom gl zu befreien. $nschlieend folgt zwei 0al pro :oche ein )edercheck, so lange bis die stark ger|tete +aut darunter endlich wieder intakt wei schimmert und der 9ogel somit schwimmflhig ist und in freier :ildbahn nicht erfriert.« $lle schaųen es trotzdem nicht, wieder ausgewildert zu werden. 35 Pinguine haben hier am /euchtturm ihren *nadenhof gefunden, und man kann den Páegerinnen bei ihrer rhrenden $rbeit zuschauen. $nschlieend braucht man keine $uųorderung mehr, um der 1*2 eine dicke Spende dazulassen.
$m nlchsten 0orgen hat (ric seinen groen $uftritt. 1ach einer zweistndigen .stenwanderung durch 1ieselregen erreichen wir den +afen von St. )rancis Bay, eine +ochburg des &hokka-)angs. So werden hier die Tintenfische, oder besser .almare, bezeichnet, und sie dienten dem Trail als 1amensgeber. »Seit 0itte der er--ahre wird hier industriell &hokka gefischt«, erzlhlt (ric, »alles in +andarbeit.« In seinen großen Pranken hat der ehemalige Rugbyspieler einen .almar, den er Metzt ganz gensslich vor den $ugen der *lste in all seine (inzelteile filetiert. :oher er das alles kann" »Ich war frher auch )ischer«, lacht er. 1atrlich, denke ich mir. )ischen und 5ugby sind irgendwie auch artverwandt, aber so sehr man sich es kurz wnschen wrde, es wlre Seemannsgarn, letztlich ist es durchaus reale /ebenskunst. Drei :ochen lang bleiben zwischen zw|lf und 0ann Besatzung auf See. Die Schwärme werden mit dem Echolot geortet, mit Sardellen oder 0uscheláeisch gek|dert und dann mit +andleinen in einer Tiefe von bis 0etern gefangen und anschlieend direkt an Bord als *anzes eingefroren. Prozent der Tintenfische gehen anschlieend direkt in den ([port. Damit liegt der sdafrikanische Chokka weltweit an Platz zwei. Ein stolzer Wert und ein Grund mehr, ihn direkt hier im Deli am +afen zu probieren. (r ist ein *edicht.
MIT NUR NOCH RUND 20.000 EXEMPLAREN STEHEN SIE WEIT OBEN AUF DER ROTEN LISTE BEDROHTER TIERARTEN.
1atrlich k|nnte eine 5eise nach Sdafrika einen kleinen schalen Beigeschmack bekommen, wenn man neben den Chokka nicht auch den gr|eren Tieren seine $ufmerksamkeit schenken wrde. $uch hier zeigt sich das Eastern Cape als äußerst guter, wie protektiver *astgeber. Im $ddo (lephant 1ational Park, etwa 0inuten )ahrt von Port Elizabeth, sind vor allem die Dickhäuter seit 1931 in ihrem 5eservat geschtzt, nachdem die Siedler hier den Bestand der (lefanten derart dezimiert hatten, da diese regelmlig ihre Saat verwsteten. +eute hat man auf der klassischen -eep-safari Tuasi eine *arantie, Elefanten aus nächster Nähe zu sehen. Daneben leben jedoch auch /|wen, .udus, =ebras und Bųel im 5eservat, fr die man ² die 1atur llsst sich so schwer planen ² die eine oder andere Stunde mehr an Geduld mitbringen sollte.
Geduld ist auch bei Lloyd Edwards gefragt, wenn man einen Abstecher zu den geflhrdeten Brillenpinguinen vor der .ste Port (lizabeths auf der Insel St. Croix machen möchte, die Einzigen ihrer Art, die in Afrika noch in freier Wildbahn zu bewundern sind. Eine Tour auf (dwards Boot ist allerdings schon deshalb Páicht, weil er der (inzige mit der Erlaubnis in der Algoa Bay ist, nah an die Brutstätten der Pinguine heranfahren zu drfen. =um anderen ist es ein artenreicher $usáug mit einem .apitln, der seine ganz eigene *eschichte zu erzlhlen hat. begann er mit dem Studium der 0eeresbiologie und kartografierte :ale. Danach landete er nicht an der Universitlt, sondern bei einer Spezialeinheit der Polizei, um linken Terror zu bekämpfen, und quittierte schließlich 1995 seinen Dienst. Ein Jahr nach 0andelas :ahl zum Prlsidenten. »Ich habe zu viel Scheie gesehen«, sagt der 56-jährige mit leerem Blick, »und das alles wollte ich nicht an die nächste Generation weitergeben.« Ganz anders verhält sich das mit der 1atur. 1ach 0onaten beginnt (dwards an Schulen ber das gkosystem 0eer zu referieren und wie man es besser schtzen kann. Der Rest ist Geschichte. »Irgendwann kaufte ich mir ein Boot und habe jetzt bis zu dreimal in der Woche Touristen dabei, um sie
»ES IST SO SCHÖN, WENN WIR DIE TIERE SEHEN, NATÜRLICH IST ES AUCH IMMER EIN WENIG STRESS FÜR SIE.«
nach St. Croix zu bringen.» Eine Stunde dauert es bis zu den Inseln, aber die verstreicht nicht einfach so. Die &hance, :ale und +aie zu sehen ist durchaus gro, fr Delfine und Pinguine gibt es Tuasi eine Garantie, auch wenn Edwards sich da nicht festlegen möchte. »Das gibt sonst immer nur Ärger, wenn es doch anders läuft«, lacht er, um gleich darauf ernst nachzuschieben, »es ist so schön, wenn wir die Tiere sehen, natrlich ist es auch immer ein wenig Stress fr sie.« Den beiden Delfin-schulen heute scheint sein (inwand Medenfalls egal zu sein. Sie schwimmen unzlhlige 0ale vorbei, und die Touristen knipsen, was der Fotoapparat hergibt. Edwards hat am Ruder stets alles im Blick. Der 0ann mit den wachen $ugen und charmanten /achfalten um die $ugen ist zufrieden mit sich. Und die 1atur ganz oųensichtlich mit ihm, weil sie weiß, dass da oben am Ruder jemand sitzt, der sich vollständig ihrem Schutz verschrieben hat und das unbedingt anderen erzählen und weitergeben möchte.
INFO
ANREISE South African Airways bietet von Frankfurt a. M. oder München täglich Flüge nach Kapstadt und Johannesburg und weiter nach Port Elizabeth an. www.flysaa.com
INFOS Allgemeine Informationen zu Südafrika und das Eastern Cape gibt es unter www.dein-sueadafrika.de