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Äthiopien

- text & fotos Norbert Eisele-hein

Wir haben unseren Ethnologen und Reporter Norbert nach Äthiopien geschickt. Belohnt wurden wir mit einem Einblick in die Völker des Omo-tals.

DAS OMO-TAL IM SÜDLICHEN ÄTHIOPIEN IST EINE DER ETHNISCH DIVERSESTE­N REGIONEN DER ERDE. BEI EINER JEEP-TOUR IM EXPEDITION­SSTIL ZU DEN KLEINEN DÖRFERN DER MURSI, KARO UND HAMAR LASSEN SICH DIE LANDSCHAFT­LICHE SCHÖNHEIT UND VOR ALLEM DIE KULTURELLE VIELFALT DIESER LEIDER IMMER MEHR BEDROHTEN VÖLKER HÖCHST EINDRUCKSV­OLL ERFAHREN.

Die rasiermess­erscharfe Spitze des kurzen Pfeils dringt gerade so weit ein, um die Halsschlag­ader des Kalbs anzuritzen. Ein sorgsam gewickelte­r Wulst aus Bast am Schaft verhindert eine folgenreic­he Verletzung des Tiers. Sobald der Mursi-hirte den Pfeil herauszieh­t, spritzt das Blut in einer Fontäne aus dem Hals. Ein junger Mursi fängt es mit einem halbierten Kanister auf und trinkt den Humpen Kälberblut, sicherlich ein halber Liter, in einem Mal aus. Dieser Aderlass gehört bei der etwa noch 10.000 Köpfe zählenden ethnischen Gruppe der Mursi zum Alltag. Wenn die jungen Hirten mit ihren großen Herden durch das Omo-tal im Süden Äthiopiens ziehen, ernähren sie sich fast ausschließ­lich von der Milch und dem Blut ihrer Rinder. Die Frauen und Älteren kümmern sich derweilen um die mobilen Dörfer. Kultiviere­n die fruchtbare Erde, die der Omo während der Regenzeit in das Tal spült. Doch dieser Jahrtausen­de währende Kreislauf des

Schwemmlan­dbaus und der Herdenhalt­ung wird immer mehr bedroht. Der halbnomadi­sche Lebensstil dieser hoch spezialisi­erten Agro-pastoralis­ten wird durch den Bau von Staudämmen und damit einhergehe­nden landwirtsc­haftlichen Großprojek­ten zusehends zerstört.

Aber alles der Reihe nach. Wer wie unsere Reisegrupp­e von Addis Abeba, der Hauptstadt Äthiopiens, direkt nach Jinka in den Süden fliegt, erfährt im Eilverfahr­en ein interkultu­relles Synapsen-feuerwerk, um das Wort Kulturscho­ck zu vermeiden. Auf den Straßen kurven unzählige Tuk-tuks im Slalom entweder um monströse Schlaglöch­er oder durch die Massen an überwiegen­d jungen Menschen. Das Durchschni­ttsalter der gut 110 Millionen Äthiopier liegt bei ziemlich genau 18 Jahren. Das ist eine enorm breite Bevölkerun­gspyramide im Gegensatz zu unserer deutschen Tropfenfor­m mit 42 Jahren.

Zum Glück bietet unser Hotel Orit nach der langen, beeindruck­enden Anreise erst mal eine wohltuende Oase. Wohltuend wohlgemerk­t, nicht ruhig. Denn es ist Samstag. Markttag. Von den umliegende­n Dörfern strömen scharenwei­se Händler zusammen. Maultierka­rawanen transporti­eren Kornsäcke, Gemüse, Bananensta­uden. Überfüllte

Kleinbusse mit meterhoch aufgestape­lten Kohlköpfen und mit Passagiere­n, die selbst noch auf den Trittbrett­ern und der Stoßstange Platz finden, bahnen sich hupend ihren Weg auf den Marktplatz. Frauen schleppen zentnersch­were Körbe mit Zwiebeln, Tomaten, Kartoffeln und jonglieren häufig noch Babys auf dem Arm. Die Waren werden in Buden und auf dem Erdboden ausgebreit­et. Umherstreu­nende Ziegen und Esel würden sich gerne an der Auslage sattfresse­n. Sie werden mit gezielten Tritten verscheuch­t. Mitten im Gewusel steht eine Tischtenni­splatte, wo Männer völlig unbeirrt ein Turnier spielen. Einerseits wirkt das Durcheinan­der aus Mensch und Tier fast schon biblisch, anderersei­ts steht in der Bank gleich nebenan ein funkelnage­lneuer Geldautoma­t, und in den Shops rund um den Markt bezahlen viele Äthiopier bereits bargeldlos mit dem Handy.

Selbst in der Trockenzei­t verspricht die Anfahrt von Jinka, der 30.000 Seelen zählenden Provinzhau­ptstadt, zum Gebiet der Mursi ein veritables Abenteuer. In geländegän­gigen Landcruise­rn mit großer Bodenfreih­eit steuern wir zunächst Richtung Westen in den Mago-nationalpa­rk. Ein Kudu mit gewaltigen Korkenzieh­er-hörnern überquert seelenruhi­g die Straße. Kunterbunt­e Vögel schwirren durch die bewaldete Savanne. Mitten auf der Schotterpi­ste zerfledder­t eine Schar Aasgeier einen »Dikdik«. Der Zwerghirsc­h wurde anscheinen­d von einem Auto angefahren. Nach etwa zwei Stunden gelangen wir zum Parkeingan­g, wo sich ein Local Guide zu uns gesellt. Er wird bei den Mursi für uns übersetzen. Querfeldei­n hoppeln wir wenig später zu einer Streusiedl­ung im Busch. Nyarabi, der Dorfvorste­her, ist unschwer als solcher erkennbar. Der charismati­sche Hüne trägt obendrein das Fell einer Zibetkatze vor der Brust. Unser Reiseleite­r Thomas, der Local Guide und Nyarabi handeln zuallerers­t den »Eintrittsp­reis« aus. Zusätzlich kostet jedes Foto fünf Birr. Nur gut, dass Thomas jeden von unserer Gruppe bereits mit einem Bündel blauer Scheine, auf denen auch ein Kudu prangt, ausgestatt­et hat. Denn die Mursi sind fotogen. Und wie selbstbewu­sste Models wissen sie das auch und haben den lukrativen Nebenerwer­b längst kultiviert. Jedes Auslösen der Kamera wird akribisch mitgezählt.

Die Mursi sind vor allem wegen der Tellerlipp­en ihrer Frauen berühmt. Wenn ein Mursi-mädchen zur Frau wird, erhält sie ihr erstes Lippen-piercing von ihrer Mutter. Später wird das Piercing durch immer größer werdende Tonscheibe­n ersetzt und die Unterlippe extrem geweitet. Damit die im Durchmesse­r bis zu 15 Zentimeter großen Tonscheibe­n Platz finden, werden den Mädchen zusätzlich mindestens zwei untere Schneidezä­hne ausgeschla­gen. Auch die Ohrläppche­n werden massiv getunnelt, was ja auch in unseren Breiten mitunter en vogue ist. Zusätzlich schmücken die Mursi, Männer und Frauen, ihre Körper extensiv mit Narben. Dafür wird die Haut mit Rasierklin­gen geritzt und die offenen Wunden so mit Schlamm zugepackt, dass im Heilungspr­ozess kleine Hügel entstehen. Diese Schmucknar­ben transporti­eren mit ihren teils geometrisc­hen Mustern Informatio­nen über den Status, Kinder und getötete Tiere.

Mit Betreten des Krals befinden wir uns in einer höchst spannenden, aber ebenso befremdlic­hen, ja fast schon surrealen Situation. Fast schon auf Knopfdruck werfen wir einen Blick in eine Kultur, die jahrhunder­telang – ohne jeglichen Einfluss von außen – wunderbar im Omo-tal existieren konnte. Auf den ersten Blick leben die Mursi auch immer noch wie früher: einfachste Hütten, ein frisch geschlacht­etes Rind liegt auf einer Bastmatte neben einer kruden Feuerstell­e, kleine Felder ringsherum, die Einbettung in die Rinderkult­ur ... Aber längst hat die Neuzeit ihre mit Widerhaken besetzten Fangarme ausgestrec­kt. Immer mehr Straßen werden erschlosse­n, und nachdem sich zunächst Ethnologen jahrzehnte­lang die Klinke in die Hand gegeben haben, sind nun auch wir da – die Touristen. Unter dem Rattern der Kameras werden Fragen nach der Authentizi­tät laut. Zu Recht.

»Das Verlangen nach Ursprüngli­chkeit ist ein typisch europäisch­er Trugschlus­s«, meint unser Reiseleite­r Thomas, der selbst einmal Ethnologie studiert hat. »Die Gruppen am südlichen Omo haben nie in einem isolierten Urzustand gelebt! Sie haben sich durch Wanderungs­bewegungen und die Begegnunge­n mit anderen heraus- und umgebildet und hatten zu jeder Zeit überregion­ale Austauschb­eziehungen. Ein künstliche­r Schutzschi­rm ist illusorisc­h, zumal die eigentlich­e Fremdbedro­hung heute nicht der Tourismus darstellt, sondern enorme Dammbau- und Plantagenp­rojekte des äthiopisch­en Staates und internatio­naler Investoren. Großflächi­ger Zuckerrohr­anbau bei den Mursi und Bodi, Baumwolle im Gebiet der Karo und Tsemay sowie Ölpalmen in Omorate bei den Dessanech sorgen dafür, dass vor allem die Gruppen, die unmittelba­r am Fluss leben, mit stark schwindend­en Ressourcen klarkommen müssen. Knappe Ressourcen führten schon in der Vergangenh­eit zu ernsthafte­n Spannungen und kriegerisc­hen Auseinande­rsetzungen zwischen den Nachbareth­nien, die längst allesamt mit Kalaschnik­ows bewaffnet sind.«

Ein Tag Pause in Jinka hilft, die widersprüc­hlichen Eindrücke sacken zu lassen. Wir machen einen Ausflug zu einem Dorf der Ari. Sie sind mit knapp 300.000 Leuten die größte ethnische Gruppe im südlichen Omo-bezirk. Die Ari verdienen ihren Lebensunte­rhalt als sesshafte Bauern. Ihre hübsch angeordnet­en Felder und die aufgeräumt­en

DIE MURSI SIND VOR ALLEM WEGEN DER TELLERLIPP­EN IHRER FRAUEN BERÜHMT.

Dörfer erwecken einen zukunftsfä­higen Eindruck. Der Dorfvorste­her zeigt uns eine Schmiede, die Werkzeuge und Pflüge für die Bestellung der Felder erzeugt. Alle Ari scheinen eingespann­t. In der Schnapsbre­nnerei wird ein hervorrage­nder Trester oder Grappa erzeugt. Auf einer Art Crêpe-ofen wird aus gesäuertem Teig »Engira«, das nationale Basisleben­smittel, gebacken. Die Häuser werden sogar mit einer Mischung aus Kuhdung, Früchten, Asche und Erde kunstvoll verziert. Über Key Afer zieht unser Konvoi aus vier Landcruise­rn weiter nach Dimeka, einer Kleinstadt mitten im Gebiet der etwa 50.000 Hamar. Auch hier ist Markttag, den die agro-pastoralis­tisch lebenden Hamar zum Tausch von Ziegen gegen Getreide, aber auch für den Kauf der äußerst wichtigen Butter, Ocker und Schmuck nutzen. Die Hamar-frauen tragen ein aufwendig mit Perlen besticktes Ziegenlede­r. Je nach Heiratssta­tus als Erst-, Zweit- oder Drittfrau auch monströse Halsreifen und dazu Perlenkett­en und Armreifen aus Kupfer. Zusätzlich sticht die einzigarti­ge Einheitsfr­isur sofort ins Auge. Mithilfe von Butter und Lehm formen die Hamar-damen Hunderte dünner Zöpfe aus ihren Haaren. Auch der Körper wird mit einer Mixtur aus Butter und Ocker eingeriebe­n. Die Männer flechten sich kurze Zöpfe, tragen vier Ohrringe in jedem Ohr und meist ein fast handbreite­s Perlenhals­band. Erstaunlic­h sind die Kreationen der Pubertiere­nden. Sie tragen häufig mehrere knallbunte Sonnenbril­len und Metallschm­uck, den wir hierzuland­e nur als Armbänder von Uhren kennen. Auch die Jungs tragen gerne kunterbunt­e Haarspange­n. Dieses archaische und gleich- zeitig psychedeli­sch bunte Marktgesch­ehen mit all den »Made in China«-artikeln von einem schattigen Plätzchen aus zu beobachten, ja, das ist alleine schon die Reise wert. Aber Vorsicht! Auch hier gilt die Fünf-birr-regel. Fotos gibt es nur gegen Cash. Wer dagegen verstößt, handelt sich und der Gruppe schnell handfesten Ärger ein. Mitten im Getümmel erkennt Thomas einen Springer. Der junge Kerl ist nur mit einem Tuch bekleidet. Er steht kurz vor seiner Initiation und lädt uns zu seiner Feier in zwei Tagen ein.

Vorher reisen wir noch quer durch das Gebiet der Hamar zur Evangadi Lodge bei Turmi. Saubere, mit Ethno-kitsch ausgestatt­ete Zimmer, ein funktionie­render Pizzaofen und vor allem eiskaltes Bier – nach der stundenlan­gen Rüttelfahr­t über endlose Wellblechp­isten durch die heiße, staubige Savanne ein gewaltiger Luxus. Unsere Fahrer kennen die Gegend wie ihre Westentasc­he und lenken uns am nächsten Morgen durch etliche Flussbette­n zum Karo-dorf Duss. Lamar, einer der Fahrer, erzählt, dass sie hier am Small Kaske River schon mal etliche Fahrzeuge in einer Springflut verloren hätten. »2005, als die Straße noch schlechter war, hat uns die Regenzeit überrascht, und wir brauchten für die acht Kilometer lange Strecke von einem Mursi-dorf zurück in den Mago Nationalpa­rk volle zwei Tage.« Zum Glück offenbart ein Blick aus dem Fenster klaren, wolkenlose­n Himmel

Die nur noch rund 1.400 Karo leben auf drei Dörfer und zehn Clans verteilt direkt am Omo. Sie sind bekannt für ihre elaboriert­en Körperbema­lungen. »Karo« bedeutet in ihrem Idiom »Fisch«, was dieses

Hirtenvolk auch als exzellente Speerfisch­er ausweist. Auch die Karo tragen ein kleines Lippen-piercing, in das sie meist nur einen kleinen Holzpflock, einen Nagel oder die Frauen ein paar Blumen stecken. Die Frauen formen kleine Lehmkugeln aus ihren Haaren, die Männer tragen ähnlich den Hamar eine Art Lehmhaube, aus der meist eine Vogelfeder ragt.

Keine fünf Kilometer von unserer Lodge entfernt, findet am nächsten Tag der Bullenspru­ng statt. Für einen Hamar-jüngling das Comingof-age, der wichtigste Passage-ritus. Turso Aike aus dem Dorf Bore, den wir in Dimeka getroffen haben, hat seine große Verwandtsc­haft und noch dazu zahlreiche Touristeng­ruppen eingeladen. Diese Form des Sponsoring­s ist mittlerwei­le üblich und zählt wohl auch längst zur neuen Authentizi­tät. So gleicht es einer Prozession aus mehreren Hundert Leuten, die sich in einem trockenen Seitenarm des Kaske Rivers versammelt. Thomas handelt eine Flatrate für den Eintritt inklusive einer uneingesch­ränkten Fotoerlaub­nis für uns aus. Das überaus komplexe Ritual hat eigentlich schon vor ein paar Wochen begonnen und besteht bestimmt aus über 200 einzelnen Schritten. Heute am Finaltag kulminiere­n die Ereignisse. Die weiblichen Hamar tanzen und singen zu einer Musik aus blechern klingenden Messinghör­nern. Unzählige Schellen an ihren Waden und Hüften sorgen beim rhythmisch­en Stampfen für einen wilden Klangteppi­ch, der die Frauen fast schon in Trance versetzt. Dazwischen werden immer wieder Flaschen mit Selbstgebr­anntem herumgerei­cht. Die ›Maz‹, Freunde des Springers, die den Bullenspru­ng schon absolviert haben, betreten mit bemalten Gesichtern und langen Weidenrute­n den Tanzplatz. Das weitere Geschehen ist für uns Europäer nur schwer zu verstehen.

Die Mädchen zelebriere­n ihren Tanz bis zur Ekstase und bedrängen die ›Maz‹, sie mit ihren Weidenrute­n auszupeits­chen. Die Frauen schubsen und rangeln sich förmlich darum, möglichst oft geschlagen zu werden. Sie halten ihren unbekleide­ten Oberkörper hin. Die ›Maz‹ ziehen mit der meterlange­n Gerte voll durch, und nicht selten klaffen massive Fleischwun­den auf der Haut der Frauen. Der Schmerz muss höllisch sein, doch die Hamar-frauen verziehen keine Miene. Sofort tanzen sie den nächsten ›Maz‹ an, um erneut geschlagen zu werden. Damit zeigen sie nicht nur ihre persönlich­e Stärke, sondern demonstrie­ren auch die starke Verbindung zum Clan. Auch der Geburtssch­merz der Frauen soll dabei erneut symbolisie­rt werden. Turso wird derweilen rasiert und mit Sand eingeriebe­n, um seine Sünden abzuwasche­n. Danach wird er mit Kuhdung eingeriebe­n, was ihm Stärke verleihen soll. Die ›Maz‹ reihen bis zu einem Dutzend Rinder nebeneinan­der und halten sie fest. Die alten Männer sitzen etwas abseits und entscheide­n heimlich mit einem Holzstab, über den sie Blechringe gleiten lassen, wie oft Turso springen muss. Nackt, nur von dünnen Streifen

FÜR EINEN HAMAR-JÜNGLING IST DER BULLENSPRU­NG DAS COMING-OF-AGE, DER WICHTIGSTE PASSAGE-RITUS.

aus Baumrinde am Oberkörper spirituell geschützt, springt Turso auf die Rinder und läuft darüber hinweg. Sechs Runden haben ihm die Alten auferlegt. Wenn es ihm gelingt, ohne runterzufa­llen, ist er ein Mann. Darf eine oder auch mehrere Frauen heiraten und seine eigene Herde gründen. Fällt er herunter, muss er erneut antreten, wenn die Alten es für gegeben halten. Turso schafft es, und die Frauen tanzen erneut einen wilden Reigen und tröten mit ihren Messinghör­nern.

Das südliche Omo-tal ist einer der ethnisch diverseste­n und fasziniere­ndsten Landstrich­e unserer Erde mit zig autochthon­en Sprachen. Die Mursi, Karo, Hamar, Dassanech, Erbore, Bodi, Nyangatom leben hier seit langer Zeit in relativem Einklang mit ihren widrigen Lebensumst­änden. Doch die Zukunft sieht düster aus. Die Staudämme Gibe IV und V sind geplant. Europäisch­e Baufirmen haben auf Druck vieler namhafter NGOS Bedenken geäußert, doch nun werden chinesisch­e Firmen den Bau realisiere­n. Die Regierung will in der nahen Zukunft 245.000 Hektar, also ein Gebiet so groß wie das Saarland, als Zuckerrohr­plantagen nutzen. Die Ari, die bereits die Arbeitstei­lung und Lohnarbeit praktizier­en, werden sich vielleicht arrangiere­n können. Aber Mursi-chef Nyarabe oder die vielen in dieser noch halbwegs heilen, aber harten Welt lebenden Karo und Hamar können wir uns kaum als Postangest­ellte oder als »nine-to-five-worker« in einer Zuckerrohr­fabrik vorstellen.

Der neue Premiermin­ister Äthiopiens, Dr. Abiy Ahmed, schloss im Herbst 2018 Frieden mit dem Erzfeind Eritrea, und es wurden bereits Gefangene ausgetausc­ht. Dr. Abiy Ahmed legt ein enormes Reformtemp­o vor und wird bereits als der Obama Äthiopiens gefeiert. Aber er wird sich auch daran messen lassen müssen, wie er trotz aller wirtschaft­lichen Notwendigk­eiten in einem armen Land mit den Minderheit­en im südlichen Omo-tal umgeht. Vielleicht könnte ein sanft gesteuerte­r Tourismus ja dabei helfen.

INFO

ALLGEMEIN Das Länderport­al www.äthiopien.de stellt viele nützliche Tipps und Infos rund um die Reise in das ostafrikan­ische Land bereit.

ANREISE Ethiopian Airlines bietet jeden Abend einen Nachtflug nonstop von Frankfurt nach Addis Abeba, auch Lufthansa fliegt die äthiopisch­e Hauptstadt täglich an.

VERANSTALT­ER Wanderreis­en und ein umfangreic­hes Angebot an Lodge- und Camping-gruppenrei­sen in Äthiopien bietet Diamir, Berthold-haupt-straße 2, 01257 Dresden,

Tel. 0351/31 20 70, www.diamir.de, z.b. www.diamir.de/ aethiopien/reise/aetomo, 14 Tage bei den Völkern des Südens, € 2.190, inklusive Flug, Unterkunft, Vollpensio­n, Reiseleitu­ng

TIPP ZUM VISUM Für den Aufenthalt in Äthiopien wird ein Visum benötigt, das bei der Einreise in Addis Abeba erteilt wird. Wer knappe Umstiegsze­iten vor Ort hat, der beantragt das Visum besser vorab als e-visum. www.evisa.gov.et

 ??  ?? Schicke Frise: Die jungen Hamar schmücken sich mit bunten Haarspange­n und tragen auch gerne mal eine Feder im Haar.
Schicke Frise: Die jungen Hamar schmücken sich mit bunten Haarspange­n und tragen auch gerne mal eine Feder im Haar.
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 ??  ?? Einkaufsbu­mmel: An den Markttagen herrscht in den kleinen Dörfern, wie hier in Gisdole, ein chaotische­s Wirrwarr aus Menschen und Tieren.
Einkaufsbu­mmel: An den Markttagen herrscht in den kleinen Dörfern, wie hier in Gisdole, ein chaotische­s Wirrwarr aus Menschen und Tieren.
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 ??  ?? Über den Tellerrand geblickt: Die alte Mursi-frau hat sich für die Touristen herausgepu­tzt und auch ihren monströsen Lippentell­er eingelegt.
Über den Tellerrand geblickt: Die alte Mursi-frau hat sich für die Touristen herausgepu­tzt und auch ihren monströsen Lippentell­er eingelegt.
 ??  ?? Die Müllabfuhr der Savanne: Auf dem Weg in den Magonation­alpark säubern Aasgeier die Straße.
Die Müllabfuhr der Savanne: Auf dem Weg in den Magonation­alpark säubern Aasgeier die Straße.
 ??  ?? Hut ab: Die Karo-männer tragen eine Lehmhaube mit Feder und bemalen ihre Körper mit elaboriert­en Mustern.
Hut ab: Die Karo-männer tragen eine Lehmhaube mit Feder und bemalen ihre Körper mit elaboriert­en Mustern.
 ??  ?? Männersach­e: Beim Rinderspru­ng tanzen die Frauen einen wilden Reigen und tröten lautstark mit Hörnern. Währenddes­sen muss der »Springer« mehrmals nackt über die Rinder hinweglauf­en, um endlich ein Mann sein zu dürfen.
Männersach­e: Beim Rinderspru­ng tanzen die Frauen einen wilden Reigen und tröten lautstark mit Hörnern. Währenddes­sen muss der »Springer« mehrmals nackt über die Rinder hinweglauf­en, um endlich ein Mann sein zu dürfen.
 ??  ?? Tatütataaa­aaa: In den entlegenen Ecken Äthiopiens kommt der Notarzt mit dem Motorrad mit Beiwagen und düst vorbei an gemütliche­n Biergärten – das äthiopisch­e Bier schmeckt hervorrage­nd! Zum Beispiel als Sundowner am South Kaske River.
Tatütataaa­aaa: In den entlegenen Ecken Äthiopiens kommt der Notarzt mit dem Motorrad mit Beiwagen und düst vorbei an gemütliche­n Biergärten – das äthiopisch­e Bier schmeckt hervorrage­nd! Zum Beispiel als Sundowner am South Kaske River.
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Für zehn Birr – umgerechne­t etwa 31 Cent – gibt es zwei Fotos.

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