Das geht runter wie Öl
Im Nachhinein ein schöner Trost für den tragischen Verlust der Reben vor mehr als 100 Jahren ist das landwirtschaftliche Revival zweier uralter Mallorca-einwanderer: Mandel und Olive. Als »Ersatzkulturen« gaben sie den arbeitslosen Winzern damals eine wirtschaftliche Zukunft.
Seit 2002 mit der offiziellen Herkunftsbezeichnung »Oli de Mallorca« geadelt, hat das Olivenöl der Insel heute weltweit Fans und Freunde. Um selbst auf den Geschmack zu kommen, will ich es probieren – und zwar dort, wo es gemacht wird. Deshalb fahre ich zur Finca Aubocassa nahe Manacor.
Der maurisch-mittelalterliche Landsitz mit Renaissance-kapelle und Super-hightech-mühle (verborgen hinter gelben Feldsteinwänden), Zypressen, Palmen und Kakteen, umringt von über 7.000 Olivenbäumen, ist ein wirklich nettes Plätzchen, um etwas Gutes zu genießen. Das schon eine Stunde nach der Ernte kaltgepresste, sonnen- bis grünlich-gelbe Öl aus Arbequina-oliven darf ich sowohl im Glas als auch mit Weißbrot, Käse und Tomaten kosten.
Die erste Sorte riecht zunächst nach Zitrusfrüchten, dann nach Gräsern und Pistazien und schließlich – meine Nase steckt bereits im Glas – nach Äpfeln, Kiwis und Bananen. Vor lauter Obst ist mir so schwindlig, dass ich »die Nuss im Nachgang« ganz verpasse. Benommen nippe ich das Öl. Meine Zunge jubelt. Auch der Gaumen. Samtig-sanft rinnt es darüber und mit ihm alle Fruchtaromen dieser Welt. Die Kehle wundert sich: null Kratzgefühl!
Die nächste Sorte ist noch besser. Wie hieß die noch mal? Ich komme nicht mehr mit. Doch ganz egal: Mir schmeckt‘s, und zwar gigantisch gut. Es ist das erste Mal, dass ich Olivenöl aus Gläsern trinke – und auch das erste Mal, dass ich davon betrunken bin.