Die ayurvedischen Mahlzeiten
wurden an das Dosha angepasst, denn nicht jeder Körper hat die gleichen Bedürfnisse.
Knackig frisch, keine fettige Soße dabei, trotzdem unglaublich lecker gewürzt! So schick und Instagram-tauglich wie die »Spa Cuisine« aussieht – im Vitara Restaurant wird man niemanden sein Essen fotografieren sehen. Handys sind nur im Zimmer erlaubt. Auch auf dieser Ebene soll man sich mal wieder ganz neu konzentrieren. Und irgendwie stimmt es: So ganz ohne halbherziges Handy-getippe beim Essen schmecken jede einzelne Sprosse und jeder einzelne Sonnenblumenkern gleich noch intensiver.
Auch nehme ich meine Umgebung viel deutlicher wahr. Vor der Terrasse öffnet sich der Blick weit in das Tal, zwischen den Berghängen schlängelt sich der Mulshi-see. Der See wurde 1927 von Tata Power angestaut, er dient als Wasserkraftwerk für die Region. Schwimmen und Fischen sind untersagt. Dafür dient die traumhafte Landschaft als Naherholungsgebiet, die grünen und gelben Hügel reihen sich eindrucksvoll um das riesige Wasserreservoir. Weil früher im Tal ein Dorf war, das dem Wasser weichen musste, veralgt am Grunde des Sees ganz mystisch ein alter Tempel.
Jeder Eingang ist so ausgerichtet, dass man geradewegs in die Seekulisse schreitet. Meinen ungezuckerten Bananen-smoothie mit Kokosmilch zum Nachtisch in den Händen, verharrt mein Blick auf der wunderschönen Aussicht, die man glatt für eine Fototapete halten könnte. Dieser Ausblick war es, der für Sharmilee und Nikhil ausschlaggebend für diesen Ort als ihr Herzensprojekt-standort war. Doch bei den Bauarbeiten fanden sie etwas, das sie selber Schicksal nennen: Unter den roten Felsen fanden Bauarbeiter unzählige Kristalle in der Erde. Im ayurvedischen Glauben werden ihnen wohltuende Energien nachgesagt, die sich beim Aufenthalt in Atmantan beruhigend auf die Gäste übertragen sollen.
Ich glaube nicht daran – mir fallen da gleich ein paar Faktoren ein, die ich persönlich als wahrscheinlicher erachte. Zum Beispiel die absolute Ruhe, bis auf das fröhliche Vogelgezwitscher ist es unglaublich still hier, gepaart mit dem herrlichen Duft des Kräutergartens, wo Zitronengras und Pfefferminz gedeihen. Von der Fünf-millionen-metropole Pune, die etwa eineinhalb Autostunden entfernt liegt, bekommt man nichts mit. Auch Mumbai liegt nur gute drei Stunden entfernt – was für Indien ja quasi direkte Nachbarschaft ist. Viele gestresste Mumbaianer kommen des Wochenendes hierher, um sich regelmäßig wieder zu erden. Übrigens auch das Gründerpaar selbst, was regelmäßig ein Retreat in seinem eigenen Resort macht.
DIE WISSENSCHAFT VOM LEBEN
Ayurveda heißt übersetzt »Wissenschaft vom Leben«. Vor über 5.000 Jahren wurden die verschiedenen Heilpraktiken in Indien entwickelt und haben auch heute noch in ihrem Heimatland und auf der ganzen Welt viele Anhänger. Ich persönlich bin vor diesem Aufenthalt selten mit der indischen Heilkunst in Berührung gekommen – und so musste meine »Wellness-doktorin« erst mal mit mir mein »Dosha« ermitteln. Denn in der indischen Lehre lassen sich die Menschen in drei Typen unterscheiden, die starken Einfluss auf den Körperbau, Charakter und Krankheitsanfälligkeiten eines jeden haben. Eine grobe Orientierung: »Vata« sind oft von Natur aus sehr feingliedrige und sensible Persönlichkeiten, die oft einen schmalen Körperbau haben und besonders kommunikativ und vielseitig interessiert sind. Sie leiden am häufigsten unter mentalen Erkrankungen oder Schlaflosigkeit. »Kapha« hingegen sind mental sehr stabile, tolerante und loyale Menschen. Nicht selten neigen sie zu Übergewicht. Menschen mit »Pitta« wiederum sind sehr energiegeladen, sie leiden des Öfteren an Hautbeschwerden oder Verdauungsproblemen. Viele Menschen vereinen Eigenschaften von mehr als einem Dosha in sich.
Über diesen Zusammenhang zwischen der körperlichen Beschaffenheit und Charakterzügen hatte ich vorher noch nie nachgedacht. Ich war erstaunt, wie gut die verschiedenen Konstitutionen auf die Menschen in meinem Umfeld – ja, auch auf mich! – zutreffen. Mein Schnelltest ergab: eindeutig Vata mit vielen Zügen von Pitta. Dementsprechend wurden dann auch meine ayurvedischen Mahlzeiten an mein Dosha angepasst, denn nicht jeder Körper hat die gleichen Bedürfnisse.
IN DER RUHE LIEGT DIE KRAFT
Ich schlendere den Berg hinauf zu meinem Zimmer. Ein Schmetterling fliegt vorbei. Diese kleinen Karts, mit denen die Gäste in solchen