DAS TOR ZU EINER vergangenen Welt
»Nichts in der Geschichte des Lebens ist beständiger als der Wandel.« In nur vier Tagen zu Gast in der Pikaia Lodge lässt sich aus erster Hand erleben, was schon Charles Darwin wusste. Zwischen Lavaströmen und tropischem Urwald, Pinguinen und Riesenschild
Als wir den Flughafen verlassen und kurz darauf durch eine karge Ebene aus Vulkangestein fahren, realisiere ich allmählich, wo ich bin. Die wenigen Bäume in der Landschaft stehen da als graue Skelette, denen das Leben vor langer Zeit entzogen wurde. Doch am Straßenrand, auf dem heißen Asphalt, wärmen sich Iguanas, diese scheinbaren Überbleibsel einer prähistorischen Welt. Je höher wir kommen auf der Isla Santa Cruz, desto lebendiger wird es. Die Bäume tragen plötzlich Knospen an ihren verdorrten Ästen, und ohne den Übergang wirklich zu bemerken, befinde ich mich mit einem Mal mitten im tropischen Grün. Die Straße geht nun über in einen Schotterweg und schlängelt sich langsam den Hügel eines lang erloschenen Kraters hoch – hinauf zur Pikaia Lodge – und dort oben, in der Empfangshalle, öffnet sich mir endlich das Tor zu den so fern gedachten Galapagos! Die gradlinige Architektur aus schwarzem Lavastein führt das Auge und rahmt den Blick. Das Wasser des leuchtend blauen Pools scheint hier herabzufließen in den Dschungel zu meinen Füßen, weiter in die Unendlichkeit des Pazifischen Ozeans, in dem man in der
Ferne kleine Vulkane emporragen sieht. Sie sind der Ursprung der Galapagos, und ich stehe hier, ganz am Ende ihrer Entwicklung, und darf einen Blick in eines der letzten Paradiese auf Erden werfen.
Insgesamt rund 130 Inseln gehören zu diesem Refugium der Natur, das 1.000 Kilometer vom südamerikanischen Festland entfernt aus dem rauen Ozean ragt. Es sind das vergleichsweise junge Alter und die absolute Abgeschiedenheit, die diesen ecuadorianischen Archipel so besonders machen. Durch einen »Hot Spot« in der Erdkruste wird hier seit 4,2 Millionen Jahren glühende Lava ins Meer gespuckt, welche noch heute zu immer neuen Inseln erhärtet. Auf Treibgut, so ist die anerkannte Theorie, trieben dann Reptilien und andere Tiere vom Kontinent ab und hierher, Seevögel nutzten das verlassene Land als Brutstätte, und Meerestiere suchten in den neu entstandenen Unterwasserhöhlen Schutz vor Raubtieren. Lange blieben die »verzauberten Inseln« bloß ein Mythos der Seefahrer. Niemand vermutete so fernab auf dem Meer noch Inseln. Doch mit ihrer Besiedlung kam auch ein ganz besonderer Gast: Charles Darwin.