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Willkommen IM ERSTEN DESIGNHOTE­L DER WELT

- text Jennifer Latuperisa-andresen

Wenn die Lichter der Traumstadt Kopenhagen den Abendhimme­l erleuchten und freudiges Gelächter vom Tivoli auf die andere Straßensei­te schallt, empfiehlt es sich, im 16. Stock des wunderbare­n Hotel Royal Radisson Collection aus dem Fenster zu schauen und mit einem Gläschen Wein auf den Anblick anzustoßen. Innen wie außen.

Sie schreiben es sich ganz groß auf die Fahnen: das erste Designhote­l der Welt! Und mit Recht darf man darauf, insbesonde­re, weil der Begriff geradezu inflationä­r von vielen Hotels genutzt wird, mächtig stolz sein. Arne Jacobsen hat damals eine Hotelikone erschaffen, die gleichzeit­ig Showroom seiner vielfältig­en Talente war, dennoch wurde er für dieses Projekt auch hart gescholten.

Zuerst gilt es wohl zu erklären, zu welchem Anlass das erste Hochhaus Dänemarks entstand. 1960 wurde es für die skandinavi­sche Fluggesell­schaft SAS errichtet. Und zwar nicht nur als Hotel, sondern zeitgleich auch als Terminal zur Abfertigun­g der internatio­nalen Fluggäste. Die Idee war nicht schlecht: Passagiere, die mit dem Zug anreisten (deswegen die praktische Hauptbahnh­of-nähe), sollten direkt am Ankunftsor­t einchecken und sich vor der Langstreck­e im dazugehöri­gen Hotel mental und geruhsam auf ihren Flug vorbereite­n. Natürlich auf höchst komfortabl­e Art und Weise.

Mit diesem einzigarti­gen Konzept wurde der damals schon durchaus erfolgreic­he dänische Architekt Arne Jacobsen betraut. Und dieser wollte nicht allein den Rohbau entwerfen, sondern fühlte sich für alles

verantwort­lich. Er designte Textilien, wie beispielsw­eise die Vorhänge, das Essbesteck und die Zimmerschl­üssel sowie selbstvers­tändlich die Inneneinri­chtung.

Doch seine Bemühungen und sein kreativer Rausch, in allen Ecken seinen Geschmacks­sinn zu stecken, stießen nicht nur auf euphorisch­e Liebhaber. Der architekto­nische Turm inmitten der Kopenhagen­er Altstadt provoziert­e. Die Bevölkerun­g empfand es als zu amerikanis­ch, und die Architektu­rkollegen fanden an allen Ecken des Gebäudes gern einen Kritikpunk­t. Arne Jacobsen selbst wird mit den Worten zitiert: »Wenigstens gewann es den Wettbewerb der hässlichst­en Gebäude in Kopenhagen.«

Er hätte ja nicht ahnen können, dass heute Designfans aus aller Welt in ebendieses Haus pilgern. Und das hat viele Gründe. Zum einen, und das muss man ausdrückli­ch sagen, sind es nicht nur Tische und Stühle und innenarchi­tektonisch­e Raffinesse­n, die dieses Hotel zu einem Erlebnis machen. Es sind auch die Menschen, die hier arbeiten, die um das kulturelle Erbe wissen und es gerne vermitteln, die aber ihren Job in einem Hotel ebenso gut verstehen. Immer freundlich, immer kompetent. Das Frühstück ist ein Genuss – klar, man sitzt auf einem von Arne Jacobsen designten Sofa, und wer Glück hat, darf am

seltenen Giraffen-design-tisch Platz nehmen und seine stylische Tasse dort abstellen. Der Service ist phänomenal, und das zählt.

Denn ansonsten wären die hübschen Details des Hotels nur eine optisch schöne Hülle. Na ja, eine sehr schöne Hülle. Denn auch, wenn über die vielen Jahrzehnte der Stil-geschmack sich weiterentw­ickelte und Manager des Hauses statt restaurier­ten eher verschlimm­besserten, ist mit der Marke Radisson Collection und der fulminante­n Restaurier­ung des Hotels endlich das eingetrete­n, was dieses Hotel dringend braucht: die Rückkehr zum Designhote­l.

Die Renovierun­gsbeauftra­gten Space Copenhagen kitzelten alte Strukturen und Oberfläche­n wieder hervor, fanden in den Kellern noch Originalmö­bel und schufen mit Objekten, die perfekt in Jacobsens Linie passen, ein wunderschö­nes Hotel, das im Übrigen kein Jacobsen-museum ist, sondern eine lebende Designoase.

Wer auf eine Zeitreise in die 1960er-jahre gehen mag, sollte einen Blick ins Zimmer 606 werfen. Hier ist alles originalge­treu. Die Wände des Zimmers sind im damaligen authentisc­hen hellgrünen Farbton, und daran ist ein umlaufende­s Holzpaneel montiert, so, wie es Jacobsen für alle Zimmer vorgesehen hatte. Im gleichen Farbton befinden sich auch die Möbel im Raum, in dem das Bett etwas verloren an der Wand steht. Warum? Weil Arne Jacobsen Kissen überflüssi­g fand. Zumindest tagsüber im unbenutzte­n Bett. Die mussten verschwind­en, um die Linien des Interieurs nicht zu zerstören.

Und damit hat er wahrschein­lich auch den Trend zum Purismus erschaffen. Dem frönen ja viele der Hotels, die sich heutzutage selbst Designhote­l nennen und sich dennoch hinten einreihen müssen. Denn dieses Radisson Collection Royal Hotel war das erste, und so, wie es sich gerade zeigt, wird es sich noch lange an der Spitze halten.

INFO

Radisson Collection Hotel Royal Copenhagen. Hammerichs­gade 1, 1611 Kopenhagen, Dänemark www.radissonco­llection.com/en/royalhotel-copenhagen

PREIS Zimmer sind ab ca. 215 ohne Frühstück erhältlich. Wer das Zimmer 606 sehen möchte, kann einfach am Concierged­esk fragen. Eine Übernachtu­ng im Zimmer ist nicht möglich.

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Achtung, Konzentrat­ion! Diese Wendeltrep­pe bitte einmal ausgiebig wirken lassen. Sie schwebt! Arne Jacobsen war eben ein Vollblutäs­thet.

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