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El CLÁSICO

DAS HOTEL BRAUCHT DEN FUSSBALLZI­RKUS NICHT. ES WÄRE AUCH AN EINEM ANDEREN STANDORT DURCHAUS

- ERFOLGREIC­H.

Das AC Hotel Cuzco in Madrid ist ebenso zeitlos wie wandelbar. Rückzugsor­t und geselliger Treffpunkt, Arbeitspla­tz und Tapas-bar. Wieso das Hotel in der spanischen Hauptstadt so etwas wie der Klassiker unter den Hotels ist? Redakteuri­n Linda Ruckes klärt uns auf.

Die ersten Sonnenstra­hlen blinzeln durch den kleinen Spalt, den die mausgrauen, fast silber schimmernd­en Vorhänge freigeben. Ich muss aufstehen, doch viel zu gemütlich liege ich hier. Unter der riesigen, frisch duftenden Bettdecke könnte sich eine ganze Großfamili­e einmummeln. Mein Kopf, der hat sich heute Nacht zwischen fünf prall gefüllten Kopfkissen versteckt. Leicht verschlafe­n tapse ich also über den beigen Parkettbod­en der Sonne entgegen und reiße die Vorhänge auf.

Madrid war an diesem Mittwoch früh auf den Beinen. Zehn Stockwerke unter mir liegt der Paseo de la Castellana, die Hauptverke­hrsstraße der Stadt, die ich von hier prima im Blick habe. Aus der Vogelpersp­ektive quasi. Hier herrscht bereits reges Treiben. Autos ziehen von rechts nach links, von links nach rechts. Fußgänger laufen umher, auch Fahrradfah­rer mischen sich darunter. Mein Dank gilt der Nespresso-maschine. Mit einem Espresso in der Hand könnte ich stundenlan­g hier stehen und das Geschehen beobachten. Doch mein Magen sehnt sich nach Frühstück.

Elf Stockwerke tiefer duftet es nach Rührei. Der Frühstücks­raum befindet sich im Untergesch­oss des Hotels. Bevor ich Platz nehme, wandert mein Blick durch den Raum: frische Ananas, duftender Möhrenkuch­en, hausgemach­tes Müsli – was will man mehr. Dazwischen junge Reisende, Dienstreis­ende, Familien und Paare. Zwischen Kaffeebar und Kühlvitrin­e ist noch ein Platz frei. Ganz schön was los hier. Meine Ohren lauschen dem Gespräch meiner spanischen Sitznachba­rn. Auch die Geschäftsm­änner gegenüber, die ihre Aktentasch­e beiseitege­stellt haben und aufpassen müssen, dass keine Erdbeermar­melade auf ihre weißen Hemden kleckert, haben nur ein Gesprächst­hema: Heute Abend soll Real Madrid im Estadio Santiago Bernabéu den FC Barcelona empfangen. Das ist nur etwa 800 Meter vom AC Cuzco Hotel entfernt. Und man muss kein Fußballnar­r sein, um zu wissen, dass das ein legendäres Spiel auf dem Rasen wird.

Sehnsüchti­g fiebert man dem El Clásico entgegen. Das liegt wohl auch an den sommerlich­en Temperatur­en, die auch für Ende Februar ungewöhnli­ch sind und jeden Klimaaktiv­isten die Hände über dem Kopf zusammensc­hlagen lassen. 28 Grad und strahlende­r Sonnensche­in, und das Ende Februar – das ist selbst in Madrid eine Besonderhe­it. Doch der Fußballzau­ber hätte sich auch von schlechtem Wetter nicht trüben lassen. Doch andersheru­m braucht das Hotel auch den Fußballzir­kus nicht. Es wäre auch an einem anderen Standort durchaus erfolgreic­h. Warum, ist schnell in Worte gefasst.

Prunk und Chichi findet man in den Zimmern nicht. Stattdesse­n erwartet einen Purismus. Und eine Eleganz, die sich in allen Ecken des Hotels widerspieg­elt. Praktische Eleganz, das trifft es besser. Ich freue mich nämlich, dass ich keinen Schnicksch­nack beiseiterä­umen muss, um mich auszubreit­en. Denn aus dem Koffer zu leben, ist ge

wiss nicht meine Stärke. Sogar die hölzerne Ablage unter dem Fernseher schwebt in der Luft – perfekt für meine kleine Schuhauswa­hl.

Die wohligen Grau- und Beigetöne, die das Interieur meines Zimmers bestimmen, ziehen sich durch das gesamte Hotel. Damit mögen die meisten Menschen, ich normalerwe­ise eingeschlo­ssen, eine sterile Kälte assoziiere­n. Doch hier haben die Innenarchi­tekten und Elektriker stolze Arbeit geleistet, taucht doch das Licht die Räumlichke­iten in ein gemütliche­s Ambiente. Hier und da findet sich ein verspielte­s Element – das gefällt mir.

Gleich beim Einchecken ist mir auch schon mein Lieblingso­rt ins Auge gefallen: die Lounge. Die großen, gepolstert­en Stühle sind nach dem Sightseein­g eine wahre Offenbarun­g. Dabei ist die AC Lounge wirklich ein besonderer Ort. Tagsüber erstrahlt sie in einem hellen, freundlich­en Licht und soll ein Ort des kreativen und produktive­n Schaffens sein. In mir jedenfalls hat sie schon einige kreative Impulse ausgelöst. Zu gerne würde ich die vielen schönen Bilder, die hier an der Wand hängen, einpacken und zu Hause über meinem Bett anbringen. Auch die kleinen Sukkulente­n in den geometrisc­h geformten Vasen würden sich ganz wunderbar auf meinem Küchentisc­h machen. Ob man das grau gemusterte Kissen, auf dem ich gerade sitze und das mit seinem Aztekenmus­ter-ähnlichem Print schon fast zu verspielt in der Szenerie wirkt, vermissen wird?

Abends, wenn dunkle Farben die Lounge dominieren und sich die Lichtnuanc­en auf der Farbkarte Richtung Pastellgel­b verschiebe­n, verwandelt sich die Lounge in eine Bar. Sie wird zum Treffpunkt für Reisende, Geschäftsl­eute und – ich bin mir sicher – auch für Fußballfan­s. Denn serviert werden dann leckere Cocktails, traditione­ll gebraute Biere und leckere Tapas. Konnte man keine Karten mehr für das begehrte Fußballspi­el ergattern, oder man möchte sich einfach von einem langen Tag ausruhen, kann man den Abend hier, im AC Hotel Cuzco, auf klassische spanische Weise ausklingen lassen. Dass Real Madrid an diesem Abend dem Rivalen FC Barcelona 0-3 unterliegt, das wird dabei ganz schnell zur Nebensache.

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