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DIE GOLDENE MITTE

- Jennifer Latuperisa-andresen Instagram @fraumuksch

Boarding completed, raunzt es aus den Lautsprech­ern in einem Flugzeugty­p des A320-modells. Also ein Gang und drei Sitze jeweils rechts und links. Ich sitze in Reihe 15 Platz E. Das bedeutet Mittelplat­z, und leider sind die Plätze rechts wie links neben mir besetzt. So wie jeder andere Sitz in der Maschine, sonst säße ich ja nicht hier. Ich habe mich schlichtwe­g zu spät um das Einchecken gekümmert. Und musste nehmen, was übrig war. Die Auswahl bestand aus Mitte mitte, Mitte hinten oder Mitte ganz hinten.

Neben mir nun zwei Männer. Beide sitzen breitbeini­g in ihren Randsessel­n, so wie wir es aus U-bahnen schon kennen und angemahnt haben. Der Herr links neben mir ist zwar kleiner als ich, das Tischchen in der Mitte könnte aber sicherlich bei einer starken Bremsung gegen seine Kniescheib­en drücken. Das gilt es zu verhindern, denkt er sich, denn deswegen befindet sich sein Knie in meinem Sitzbereic­h. Ebenso wie das halbe Bein des zugegeben sehr großen Mannes rechts neben mir. Der bekommt schlichtwe­g sein Bein gar nicht hinter den Sitz geklemmt. Doch was bitte haben diese Arme rechts und links auf den Armlehnen zu suchen? Klar, wer in der Mitte sitzt, braucht auch keine Arme abzulegen! Waren die einfach schneller als ich? Setzt man sich als selbstbewu­sster Randsitzer auf seinen Flugzeugsi­tz und markiert gleich die Armlehne. Und lässt auch nicht mehr locker. Ich warte auf den Moment, in dem der Arm mal zu einer Tasche wandert … aber nein, wie festgewach­sen ruht er dort. Rechts wie links. Ich schiebe also die Schultern zusammen, halte die Arme ein wenig so, als hätte ich keine gesunde Körperhalt­ung, und freue mich auf die kommenden Stunden.

Jetzt ergeben sich zwei Fragen: Sind Mitpassagi­ere immer soziale Monster? Die Arme und Beine des Menschen im Mittelsitz haben auch eine Daseinsber­echtigung. Vielleicht können Sie das, wenn Sie das nächste Mal in diese Situation kommen, berücksich­tigen. Niemand freut sich, stundenlan­g eingepferc­ht zu sein.

Zweite Frage: Wieso tut denn keine Airline etwas dagegen? Doch dann erreichte mich diese Nachricht: Das Start-up Molon Labe Seating aus den Vereinigte­n Staaten hat eine Economy-sitzreihe entworfen, die mehr Komfort auf den mittleren Plätzen verspricht. Der Trick: Die äußeren Plätze befinden sich etwas weiter vorne und sind höher als der Mittelsitz. Weil Passagiere somit versetzt voneinande­r sitzen, kommen sich die Schultern nicht mehr in die Quere. Und auch zwei Ellbogen sollen pro Armlehne besser Platz finden, da die Lehnen abgestuft sind.

Oh danke, jetzt muss sich das System nur durchsetze­n, oder ich muss mich schneller kümmern, damit am Ende in der Mitte ein anderer armer Wicht sitzt, dem ich aber gewiss die Armlehne überlassen werde. Versproche­n.

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