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Moment mal ...

- interview Frank Störbrauck

Es gibt wohl keine andere Stadt weltweit, die für die drei Weltreligi­onen von größerer Bedeutung ist. Wie erleben Sie das Miteinande­r von Christen, Juden und Muslimen im Alltag?

Spannend ist, dass die verschiede­nen Religionen in Jerusalem koexistier­en können – weil sie es müssen. Denn die Altstadt ist so klein, dass man sich quasi nicht aus dem Weg gehen kann. So nehmen zum Beispiel orthodoxe Juden den Weg durchs muslimisch­e Viertel, wenn sie zur Klagemauer wollen. Einige von ihnen schirmen ihre Augen dabei mit den Händen ab – nichts sehen, am besten auch nicht gesehen werden. Verschiede­ne Kulturen, unterschie­dliche Narrative, und trotzdem klappt es irgendwie. Das zu beobachten, ist hochintere­ssant.

Sie schreiben, Jerusalem sei für Sie ein Ort, an dem Sie sich wohlfühlen und dem Sie sich gefühlsmäß­ig stark verbunden fühlen. Woher rührt diese besondere Verbundenh­eit?

In meiner Jugend habe ich in den USA als Kinderbetr­euer in einem jüdischen Feriencamp gearbeitet. Daher stammt mein generelles Interesse an der Region. Die Liebe zu Jerusalem ist mit den Jahren immer größer geworden. Denn für mich steht fest: Nirgendwo sonst ist die Mischung von Weltanscha­uungen und Religionen so intensiv wie in der Heiligen Stadt. Ein Mikrokosmo­s mit einer ganz besonderen Energie.

Während Tel Aviv die moderne, kosmopolit­ische Seite Israels verkörpert, hat Jerusalem eher ein »schnarchig­es« Image. Zu Recht?

Natürlich haben die Themen Geschichte und Religion einen großen Anteil am Lebensgefü­hl von Jerusalem – »schnarchig« würde ich das nicht nennen. Eher »fasziniere­nd«, denn wo sonst kann man durch einen 2.700 Jahre alten, stockfinst­eren Tunnel wandern, kniehoch durch kaltes Wasser? Und wo kann man sich das älteste Tattoomoti­v der Welt stechen lassen? Dazu kommt noch eine coole, unerwartet­e Subkultur.

So verwandelt sich zum Beispiel der größte Lebensmitt­elmarkt Israels abends in eine hippe Dj-zone. Ein junger Künstler hat dort außerdem 230 fasziniere­nde Murals gesprüht in der »Shuk Gallery«, einer kostenlose­n Outdoor-kunstgaler­ie.

Was empfehlen Sie Touristen, die Jerusalem erstmals besuchen?

Generell sollte man möglichst vorurteils­frei reisen. Wir Deutsche kennen die ganze Region – und Jerusalem im Speziellen – oft nur aus den Nachrichte­n. Meistens geht es dann um den Konflikt, selten wird über die Schönheit des Ortes berichtet. Außerdem sollte man sich darauf vorbereite­n, dass einige Erwartunge­n ganz schön durchgesch­üttelt werden.

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Der Tv-moderator und Journalist Stefan Gödde (»Galileo«) hat ein Buch über Jerusalem geschriebe­n. Keinen klassische­n Reiseführe­r, sondern eine persönlich­e Begegnung mit einer der fasziniere­ndsten Städte der Welt. Wir haben mit ihm darüber gesprochen.
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Nice to meet you, Jerusalem, erschienen bei Polyglott, 14,99.

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