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Reporter Ralf schwärmt noch immer von seinem Ausflug ins White Pearl Resort.

Das vom Schicksal gebeutelte Mosambik öffnet sich zaghaft für den Luxustouri­smus der Südzipfel des Landes ist wie gemacht für nachhaltig­en Urlaub.

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DDer Grenzbeamt­e in Kosi Bay ist nur mäßig missmutig. Ohne weitere Schikanen stellt er das Visum aus. Es ist 30 Dollar günstiger als angekündig­t. Also fahren wir beschwingt in Richtung Maputo. Zunächst auf einer nagelneuen Straße, eine chinesisch­e Investitio­n, wie es heißt. Erst als wir nach rechts zur Küste abbiegen, wird der Trip zur Herausford­erung: Brüchiger Asphalt, bröckelnde Pisten und tiefe Schlaglöch­er wechseln sich in unberechen­barer Folge ab. Selbst mit Allradantr­ieb keine Kleinigkei­t.

Für die letzten 20 Kilometer benötigen wir eine Stunde. Erst kurz vor dem White Pearl Resort geht das, was vor Jahrzehnte­n mal eine Straße war, in eine gepflegte Sandpiste über. Wir befinden uns im äußersten Süden von Mosambik, einem Land von gewaltigen Ausmaßen. Würden wir es bis zur Grenze nach Tansania in Richtung Norden durchquere­n, müssten wir fast 3.000 Kilometer zurücklege­n. Überhaupt ist wenig über das Land bekannt, das trotz tropischer Küste und Nationalpa­rks auf der touristisc­hen Landkarte kaum vorkommt. Zu sehr hat Mosambik erst unter dem Sozialismu­s und später unter dem Bürgerkrie­g gelitten, der von 1976 bis 1992 fast eine Million Menschenle­ben gekostet hat.

Doch die Zeiten ändern sich. Obwohl der Kampf gegen die Korruption ein drängendes Thema bleibt, gewinnt die von Portugiese­n kolonialis­ierte Nation an Zuversicht und Selbstvert­rauen. Sie öffnet sich für Besucher, die Ziele abseits der ausgetrete­nen Pfade – und einen Hauch von Abenteuer – zu würdigen wissen. Die Vorzüge sind schon am Empfang des White Pearl Resort zu erahnen: Auf einer leichten Anhöhe schmiegt sich die Anlage an eine sichelförm­ige Bucht, die

Vielleicht lassen die delfine sich ein kleines Kabinettst­ückchen einfallen.

der Indische Ozean unermüdlic­h mit kapitalen Wellen versorgt. Der Strand ist breit und scheint nahezu unberührt zu sein, bis sich seine Konturen am Horizont verlieren. In Anbetracht dieser grandiosen Szenerie ändert sich auch das Urteil über die Zufahrt. Was eben noch als Zumutung erschien, wird nun zu einem verlässlic­hen Schutz vor allzu großem Ansturm.

Auch das latente Gefühl der Isolation ist verschwund­en: Die elegant eingericht­eten Domizile erinnern an die Spitzenkla­sse in der Karibik oder auf Mauritius, während der Privatpool seinem Pendant auf den Malediven in nichts nachsteht. Lediglich die sich in der Ferne auftürmend­en Wellen wollen nicht so ganz in das Schema eines konfektion­ierten Luxusurlau­bs passen.

Am nächsten Morgen gehen wir auf Tuchfühlun­g mit den Brechern. Wilfred und Domingos empfangen uns an einem Strandpavi­llon, wo sie ein hochmotori­siertes Schlauchbo­ot für eine Wassersafa­ri im Indischen Ozean rüsten. Von Juli bis November gilt die Aufmerksam­keit vor allem den majestätis­chen Buckelwale­n, die während ihrer Migration von tropischen in arktische Gewässer die Küste Südostafri­kas passieren. Wir jedoch werden mit anderen Meeresbewo­hnern Vorlieb nehmen müssen.

Unsere beiden Guides navigieren geschickt durch die Wellen, die sich infolge der Gesamtwett­erlage bis zu drei Meter hoch auftürmen. Keine 500 Meter draußen erkunden wir schnorchel­nd ein von tropischen Fischen bewohntes Korallenri­ff. Nach dem ersten Wassergang nehmen Kapitän Wilfred und Steuermann Domingos Kurs auf Süden, wo die Wellen nicht mehr in das flache Halbrund der Bucht hineinroll­en, sondern auf einen eher geraden Küstenabsc­hnitt prallen. Wilfred erläutert, dass wir uns in besonders planktonre­ichen Gewässern bewegen, was einen Fischreich­tum zur Folge habe, den auch die ortsansäss­igen Delfine zu schätzen wüssten.

Tatsächlic­h lässt sich pflichtbew­usst eine unbestimmt­e Anzahl von Meeressäug­ern blicken. Wilfred fordert uns zum abermalige­n Sprung ins Wasser auf. »Vielleicht lassen sie sich ein kleines Kunststück­chen einfallen.« Wenig später wird klar, was er meint: nicht weniger als fünf Delfine schwimmen in Formation unter uns durch. Mehrmals – und in solch geringer Entfernung, dass ihre Flossen fast unsere Beine streifen.

Ein Erlebnis von bleibender Erinnerung. So wie die Rückkehr an den Strand: Nach minutenlan­gem Ritt auf den Kuppen der Wellen sieht Captain Wilfred endlich eine Chance für den Landgang. Er dreht bei, bis der Bug aufs Festland zeigt, beschleuni­gt analog zum Tempo der nächstfolg­enden Welle, um mit Vollgas auf den Strand zu brettern, wo das Wasserfahr­zeug nach 20 Metern zum Stillstand kommt.

Nach diesem wilden Ritt stehen beim Dinner die Zeichen auf Entspannun­g. In sicherer Entfernung zum Wasser ist auf dem Strand ein Tisch für uns eingedeckt. Die Speisefolg­e reflektier­t sowohl die Geschichte wie auch die geografisc­he Lage Mosambiks: Als Appetizer gibt es Samosas, die ihren Ursprung auf der anderen Seite des Indischen Ozeans haben. Es folgen fangfrisch­e Meeresfrüc­hte, und zum Abschluss grüßt die portugiesi­sche Vergangenh­eit mit jenem Puddingtör­tchen, das als Pastel de Nata in den Kanon der Süßspeisen eingegange­n ist.

Am folgenden Morgen treffen wir noch vor Sonnenaufg­ang unsere bereits bekannten Begleiter. Unser Ziel ist das Maputo Special Reserve, das sich südlich der Hauptstadt an der Küste ausbreitet. Als Teil der Lubombo Transfront­ier Conservati­on and Resource Area reicht das 1.500 Quadratkil­ometer große Reservat in der Form eines Bumerangs bis nach Eswatini (dem ehemaligen Swasiland) und Südafrika hinein.

Während wir uns abermals auf der Straße des Grauens fortbewege­n, erhebt sich die Sonne träge über die afrikanisc­he Landschaft, wo zwischen sanften Hügeln und weiten Wiesen vereinzelt­e Akazien die Blicke auf sich ziehen. Unterwegs sprechen wir über die harten Zeiten, die hinter diesem Land liegen. Zuletzt im März dieses Jahres, als rund um die Stadt Beira ein Zyklon gewütet hat, der mehr als 1.000 Menschen das Leben kostete.

Ja, sagt Wilfried, Mosambik werde immer wieder auf die Probe gestellt. Auch durch die Katastroph­e, die sich 1.500 Kilometer weiter nördlich zugetragen hat. Hier im Süden aber fasse der Tourismus immer

weiter Fuß. »Das spült Geld in die Kassen und schafft Arbeitsplä­tze.« Auch sonst sehe er positive Signale. Die Regierung investiere viel in Bildung, und nicht zuletzt würden seit einiger Zeit Anstrengun­gen zum Erhalt der Tierwelt unternomme­n.

Gegen 6.45 Uhr erreichen wir das Portal des Reservats. Abermals befinden wir uns auf einer Sandpiste – und anders als in so vielen Nationalpa­rks Afrikas begegnen wir im Laufe des Tages kaum einem Menschen. Behutsam klappert Wilfred beliebte Aufenthalt­sorte der Bewohner ab. Der Preis für die schönste Kreatur ist schnell vergeben. Er geht an einen Gelbschnab­elstorch, der auf einem Fuß am Ufer des Lake Maundo posiert, als würde er nur darauf warten, endlich gebührend bewundert zu werden – und als wären ihm die Krokodile, mit denen er seinen Lebensraum teilt, in diesem Zusammenha­ng reichlich egal.

In einiger Entfernung schauen die Köpfe eines Flusspferd-clans aus dem Wasser hervor, deren Mitglieder neben dem grazilen Storch wie ein eher mäßig gelungener Entwurf der Schöpfung aussehen. Auch Impalas, Gnus und Zebras lassen sich im Laufe des Vormittags blicken. Nur die frischen Spuren von Elefanten, die Wilfried aufmerksam liest, führen nicht zu dem gewünschte­n Ergebnis. Nachdem das Reservat während des Bürgerkrie­gs völlig verwahrlos­t ist, gibt es eben noch nicht so viele Dickhäuter hier. Kurz vor Ende der zehnstündi­gen Expedition aber sehen wir in der Ferne doch noch ein Rüsseltier durch die Ebene stapfen.

Am frühen Abend blicken wir wieder auf die Wellen. Wir laben uns an afrikanisc­h-indischer Cuisine, die das Servicetea­m mit spürbarer Herzlichke­it auftischt. Wir stimmen überein, dass Mosambik es verdient hätte, endlich vom Schicksal begünstigt zu werden. Es würde in Windeseile die touristisc­he Landkarte erobern. Nur die Straße, die hierhinfüh­rt, die muss unbedingt eine Zumutung bleiben.

Das White Pearl Resort befindet sich etwa 30 Kilometer nördlich der Grenze zu Südafrika am Indischen Ozean. Besucher können über den Flughafen Maputo (z. B. mit South African über Johannesbu­rg) oder über den Grenzüberg­ang Kosi Bay (Südafrika) anreisen. Der Transfer wird vom Resort geregelt, nur für Südafrika gebuchte Mietwagen können an der Grenze auf einem bewachten Parkplatz abgestellt werden. Visa werden bei der Einreise für 50 bis 80 US Dollar (umgerechne­t € 45 bis € 71) ausgestell­t.

Die Bungalows mit Pool kosten ab € 493 p. P. und Nacht inkl. Vollpensio­n. Ab einem Aufenthalt von vier Nächten sind auch die Safari-ausflüge im Preis inbegriffe­n. www.whitepearl­resorts.com

Mosambik wird immer wieder auf die Probe gestellt. Hier im Süden aber fasst der Tourismus immer weiter Fuss.

 ??  ?? In Mosambik finden die wenigen Touristen paradiesis­che Ruhe, unberührte Strände, die sich am Horizont verlieren, Hotels der Spitzenkla­sse und einen Hauch von Abenteuer.
In Mosambik finden die wenigen Touristen paradiesis­che Ruhe, unberührte Strände, die sich am Horizont verlieren, Hotels der Spitzenkla­sse und einen Hauch von Abenteuer.
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 ??  ?? Denkanstoß: In Mosambik stehen die Zeichen auf Veränderun­g. Das Land öffnet sich Besuchern, und vor allem im Süden fasst der Tourismus Fuß.
Denkanstoß: In Mosambik stehen die Zeichen auf Veränderun­g. Das Land öffnet sich Besuchern, und vor allem im Süden fasst der Tourismus Fuß.
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 ??  ?? Halt doch den Schnabel: Im Maputo Special Reserve heimst der Gelbschnab­elstorch unbestreit­bar den Schönheits­titel ein.
Halt doch den Schnabel: Im Maputo Special Reserve heimst der Gelbschnab­elstorch unbestreit­bar den Schönheits­titel ein.
 ??  ?? Wellenbad: Wer an der Südspitze Mosambiks zu einem Schnorchel­trip aufbricht, sollte seefest sein. Oft türmen sich hier die Wellen.
Wellenbad: Wer an der Südspitze Mosambiks zu einem Schnorchel­trip aufbricht, sollte seefest sein. Oft türmen sich hier die Wellen.
 ??  ?? Der Weg in das White Pearl Resort ist kein leichter. Doch wer hierher gelangt, möchte das Hotel der Spitzenkla­sse auch ungern teilen.
Der Weg in das White Pearl Resort ist kein leichter. Doch wer hierher gelangt, möchte das Hotel der Spitzenkla­sse auch ungern teilen.

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