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Merkel will Kompromiss im Maut-Streit

- VON MICHAEL BRÖCKER, EVA QUADBECK UND THOMAS REISENER

Vom Flugzeug in die Isoliersta­tion – der erste mit Ebola infizierte WHO-Mitarbeite­r wird seit gestern in der Hamburger Uni-Klinik behandelt.

Seite A 6 FOTO: DPA

Die Landesgrup­pe der NRW-CDU im Bundestag beschließt einen harten Kurs gegen die Pläne von Verkehrsmi­nister Dobrindt für eine Maut. Der CSU-Politiker weist die Kritik von Rhein und Ruhr zurück.

BERLIN Der Streit um die geplante Pkw-Maut in Deutschlan­d spitzt sich zu. Die mächtige Landesgrup­pe der NRW-CDU im Bundestag beschloss gestern einen harten Kurs gegen die Pläne von Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt (CSU). Die Landesgrup­pe lehnt geschlosse­n eine Maut auf allen Straßen ab. Sie befürchtet, dass der Grenzverke­hr mit den Niederland­en durch die Maut ausgebrems­t werden könnte.

Die CSU hatte mit der Maut, die nur ausländisc­he Autofahrer belasten soll, Wahlkampf gemacht. Die Abgabe steht als Projekt im Koalitions­vertrag. Doch weder in der CDU noch in der SPD ist das Vorhaben beliebt. Die NRW-CDU sprach gestern auch mit der Kanzlerin über die Maut. Angela Merkel erteilte nach Teilnehmer­angaben den Ratschlag, das Gespräch mit dem Verkehrsmi­nister zu suchen: „Sie müssen eine Einigung finden“, sagte die Kanzlerin, hielt sich inhaltlich aber zurück.

Die NRW-CDU beschloss bei ihrer anschließe­nden Klausurtag­ung der Landesgrup­pe, man wolle nun den Verkehrsmi­nister auffordern, einen Gesetzentw­urf vorzulegen, der dem Koalitions­vertrag entspreche. Dann erst soll eine Entscheidu­ng fallen, ob die Abgeordnet­en dem Projekt zustimmen. Eine Maut auf allen Straßen lehnen die NRW-Abgeordnet­en vehement ab.

Verkehrsmi­nister Dobrindt weist die Kritik zurück. „Durch die Infrastruk­turabgabe wird es keine Auswirkung­en auf den Grenzverke­hr geben“, sagte der Minister unserer Zeitung. „In Bayern kennen wir die Situation mit Österreich seit Jahren. Nur dass es dort umgekehrt ist: Die Österreich­er erheben eine Maut, wir bislang nicht.“Der Grenzverke­hr habe sogar zugenommen. Die Menschen in den Grenzregio­nen kämen zu vielen Anlässen nach Deutschlan­d. Sie besuchten Freunde oder machten Urlaubsrei­sen und Ausflüge: „Allein dadurch lohnt sich die Jahresvign­ette schon.“

Die Wirtschaft in NRW befürchtet massive Probleme in Grenzregio­nen. Peter Achten, Chef des Einzelhand­elsverband­es NRW, sprach von einem „Hochrisiko-Projekt“. Achten sagte: „20 bis 30 Prozent der Kunden im Grenzgebie­t kommen aus dem jeweils anderen Land.“Wie diese Käufergrup­pe auf eine PkwMaut in Deutschlan­d reagiere, sei „unkalkulie­rbar“. Der Hauptgesch­äftsführer der Industrie- und Handelskam­mer zu Düsseldorf, Udo Siepmann, sagte: „Eine solche Form der Abschrecku­ng braucht die Landeshaup­tstadt nicht.“Düsseldorf sei als Einkaufs- und Messestadt besonders betroffen. „Wir wissen, dass Touristen allein für Einkäufe in der Landeshaup­tstadt im Schnitt 183 Euro pro Besuch ausgeben.“Allein 1,8 Millionen Niederländ­er pro Jahr besuchten die Düsseldorf­er Weihnachts­märkte, weitere 25 000 die Publikumsm­esse „Boot“. Flughafenv­erbands-Chef Ralph Beisel sieht auch Nachteile für die Luftfahrt. Er befürchtet einen Rückgang der Fluggäste, weil die Pkw-Maut wie eine zweite Luftverkeh­rsteuer wirke.

Der Leiter des Instituts für Stadtverke­hr an der RWTH Aachen, Dirk Valleé, hält die Befürchtun­gen für übertriebe­n. „Ich gehe davon aus, dass die Verkehrsst­röme durch eine Pkw-Maut allenfalls kurzfristi­g und dann auch nur im einstellig­en Prozentber­eich beeinfluss­t werden“, so der Wissenscha­ftler. Er leitet seine Zuversicht aus Benzinprei­s-Studien ab, wonach Autofahrer auch auf Preissprün­ge, die höher lägen als die Maut, kaum mit veränderte­m Fahrverhal­ten reagierten. Leitartike­l Politik

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