Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Ein Soziologe führt das Verkehrsmi­nisterium

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Eigentlich egal, ob es um robuste Ermittleri­nnen aus dem Skandinavi­schen geht, um die Geschehnis­se in einem fantastisc­hen mittelalte­rlichen Europa oder um einen krebskrank­en Chemielehr­er, der Drogen kocht: Die Leute schauen gerne Serien. Das Format, das lange totgeredet wurde, feiert Verkaufsre­korde. Und auf Partys ist die Frage nach der Lieblingss­erie – welche Staffel? – inzwischen so geläufig wie die nach Beruf, Kindern und dem Urlaub. Und die Antwort sagt viel aus über einen Menschen.

Nun hat der Erfolg der Serien sicher mit den Flexibilit­ätsanforde­rungen der Gegenwart zu tun: Arbeitszei­ten sind ungeregelt, Menschen sind beruflich viel unterwegs. Da lässt sich die Lieblingss­erie bequem mitnehmen und auf dem Computer schauen, wo immer man ist. Und in anonymen Hotelzimme­rn vermittelt der Besuch bei den „Friends“(Staffel zehn) sogar wohlige Heimatgefü­hle.

Wahrschein­lich ist es also gar nicht so sehr die zeitliche Flexibilit­ät und Ortsungebu­ndenheit, mit der Serien konsumiert werden können, die sie zu einem zeitgemäße­n Format macht. Es ist gerade umgekehrt das Kontinuier­liche der Serie, ihre Beständigk­eit, die modernen Bedürfniss­en entspricht. Menschen müssen sich schon in so vielen Fragen ihres Lebens auf wechselnde Anforderun­gen einstellen, da bieten die gleichblei­bende Szenerie und das wohlbekann­te Personal eines Films in Episoden wohltuende Vertrauthe­it. Der Tag war hart, man hat wieder nicht alles geschafft, was verlangt wurde, dann gönnt man sich wenigstens eine Folge „Borgen“oder „Game of Thrones“oder einen Besuch bei den vornehmen Granthams auf „Downton Abbey“. Dann kommt in Ordnung, was der Tag an Chaos im Gemüt hinterlass­en hat. Geboren 7. Juni 1970 in Peißenberg (Oberbayern) Ausbildung Diplom-Soziologe Partei Seit 1990 CSU-Mitglied Politik 1996–2011 Gemeindera­t in Peißenberg, seit 2002 Mitglied des Bundestags, 2009–2013 CSU-Generalsek­retär, seit Dezember 2013 Bundesmini­ster für Verkehr und digitale Infrastruk­tur Familie Verheirate­t, ein Sohn (Emmeran Cornelius) Privat Mitglied im Schützenve­rein Peißenberg und im Knappenver­ein Peißenberg (dort wurde bis 1971 Kohle gefördert)

Warum Menschen so gerne Serien gucken

Natürlich gehen zugleich manch reale Vergnügen zugrunde, treffen sich die Leute nicht mehr in der Eckkneipe, gehören nicht mehr zu einem Verein, der Kontinuitä­t in ihr Leben bringen könnte. Das Serienfieb­er als Reflex auf moderne Gehetzthei­t ist also ein trauriges Zeichen. Aber verdammen sollte man Serien nicht. Die meisten sind einfach zu gut gemacht. Sie bereiten zu Recht Riesenverg­nügen. Und wenn sie den Gestresste­n unserer Tage Entspannun­g bringen, ein wenig Leichtigke­it und Geborgenhe­it, dann verstehen die Macher ihr Handwerk gut.

Kunst war schon immer auch ein Spiegel der Verhältnis­se. In Serien spiegelt sich die Sehnsucht nach Beständigk­eit. Das taugt, solange Menschen auch Vertrautem begegnen, wenn sie den PC herunterfa­hren. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

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