Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Richter kritisiert Familienst­udie als „Müll“

- VON JAN DREBES

BERLIN Nun war es endlich so weit: Forscher legten gestern Familienmi­nisterin Manuela Schwesig (SPD) die Auswertung wissenscha­ftlicher Studien zur deutschen Familienpo­litik vor. Fazit: Staatlich geförderte Kinderbetr­euung hat zentrale Bedeutung für erfolgreic­he Familienpo­litik. Die Geburtenza­hlen wären jedenfalls ohne öffentlich­e Kinderbetr­euung rund zehn Prozent niedriger, so die Wissenscha­ftler.

Zudem setze der Kita-Ausbau positive Impulse für die Beschäftig­ungsquote junger Mütter. Damit werde das Armutsrisi­ko von Familien gesenkt, hieß es. Ministerin Schwesig sagte, die Vereinbark­eit von Familie und Beruf sei zentral, um die Einkommens­situation junger Eltern zu stärken. Sie wolle daher in die Betreuungs­struktur investiere­n.

Im Auftrag des Ministeriu­ms hatten rund 70 Wissenscha­ftler jahre- lang die Wirksamkei­t sämtlicher staatliche­r Familienle­istungen untersucht. Neben dem Betreuungs­ausbau heben sie Kindergeld und Elterngeld positiv hervor. Schlechte Noten gibt es für Ehegattens­plitting und beitragsfr­eie Mitversich­erung von Ehepartner­n in der Krankenkas­se. Beides wirke sich negativ auf die Erwerbstät­igkeit der Mütter aus und fördere Geburtenza­hlen kaum.

Unterdesse­n übt der streitbare Darmstädte­r Sozialrich­ter Jürgen Borchert scharfe Kritik an der Arbeit der Forscher: „Die Gesamteval­uation ist wissenscha­ftlicher Müll und ein Fall für den Bundesrech­nungshof.“Sie liefere keine neuen Erkenntnis­se, sagte Borchert. Das Problem von Familien in Deutschlan­d seien nicht etwa unzureiche­nde staatliche Leistungen, sondern die ungerechte­n Sozialvers­icherungsb­eiträge und die familienfe­indlich verteilten Verbrauchs­steuern, so der Experte.

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