Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Borussia ist nur noch einen Schritt von der Europa League entfernt
MÖNCHENGLADBACH Wer in Erfahrung bringen will, für wie attraktiv die Europa League bei teilnehmenden Fußball-Bundesligisten angesehen wird, der erhält unterschiedliche Antworten. Da sind diejenigen Vereine, die im früheren Uefa-Cup vor allem einen Wettbewerb sehen, in dem sie weit weniger verdienen als in der Champions League und in dem Fans nicht mal dann in Massen zu einem Heimspiel kommen, wenn man Karten verschenkt. Es sind Klubs wie der VfB Stuttgart, dessen Sportdirektor Fredi Bobic schon mal klagte, selbst als Achtelfinalist blieben am Ende nur zwei, drei Millionen Euro übrig. Oder Bayer Leverkusen, das in einem K.o.-Spiel gegen Benfica Lissabon schon mal Stammspieler schonte, weil das folgende Ligaspiel gegen Augsburg für wichtiger erachtet wurde.
Es gibt aber auch Klubs, die fühlen sich in der Europa League pudelwohl. Wie Hannover in den Jahren 2011 bis 2013. Oder wie Borussia Mönchengladbach. Seinen ersten Auftritt vor zwei Jahren verbinden der Erstligist mit stimmungsvollen Auftritten, lukrativen Zusatzeinnahmen und Duellen mit klangvollen Gegnern. Auf Spieler wie auf Fans übt die Europa League einen ganz besonderen Reiz aus. „In Gladbachs Historie gehörte der Europapokal zunächst immer dazu. Dann gab es eine lange Durststrecke, und vor zwei Jahren haben wir es dann endlich mal wieder geschafft, dabei zu sein. Diesen Schwung aus Duellen gegen namhafte Gegner haben wir alle mitgenommen. Für uns ist es ein dankbarer Wettbewerb. Wir nehmen ihn sehr, sehr gerne an“, sagt Verteidiger Tony Jantschke.
Heute Abend (20.45 Uhr) wollen sich seine Teamkollegen und er erneut für die Gruppenphase qualifizieren. Die Voraussetzung vor dem Rückspiel gegen den FK Sarajevo ist
„Es ist wichtig, dass man in Europa
wieder von Gladbach spricht“
Lucien Favre
Trainer Borussia Mönchengladbach
nach dem 3:2 aus dem Hinspiel äußerst günstig – bei allem Respekt vor den Bosniern. „Wir wollen den Sack zumachen. Wir sind der Bundesligist, und wir haben eine sehr gute Ausgangsposition“, sagt Jantschke. 44 000 Zuschauer könnten es heute im Borussia-Park werden – Stadt und Umland sind schon längst wieder im Europapokal-Fieber.
Ein Weiterkommen ist für Borussia von entscheidender Bedeutung. Schließlich ist der Kader im Sommer personell erweitert worden, um auf die Dreifachbelastung aus Europacup, DFB-Pokal und Ligaalltag vorbereitet zu sein. „Dann nur zweimal gegen Sarajevo zu spielen, wäre enttäuschend“, sagte Weltmeister Christoph Kramer. Die neue Saison soll für die Truppe von Trainer Lucien Favre den nächsten Entwicklungsschritt mit sich bringen. Der lautet, sich in den angenehmeren Gefilden der Tabelle zu behaupten und den Spagat einer ambitionierten Runde auf internationaler Bühne zu stemmen. „Die Mannschaft muss sich peu à peu stabilisieren in der Bundesliga. Es ist sehr gut, dass Borussia wieder zurück ist im internationalen Fußball. Es ist wichtig, dass man in Europa wieder von Gladbach spricht“, sagt Favre. Als Borussia vor zwei Jahren europäisch spielte, war es nach den Abgängen von Marco Reus, Roman Neustädter und Dante eine Umbruchsaison, die auf Rang acht endete. Diesmal will man sich gereifter präsentieren.
In der Tat legen die drei Pflichtspiele dieser Spielzeit nahe, dass Borussia den Tanz auf drei Hochzeiten stemmen kann. Der Konkurrenzkampf ist dermaßen hoch, dass ein Patrick Herrmann, zuletzt Startelfspieler in allen 34 Ligaspielen, auf der Bank saß, und Kapitän Filip Daems nicht mal mehr im Kader stand. Max Kruse wird das Hauen und Stechen heute noch nicht bereichern. Nach seiner Harnleiter-OP ist der Stürmer zwar im Training, aber noch keine Option. „Er hat am Montag erstmals wieder mit der Mannschaft trainiert. Das ist für mich zu früh“, sagte Favre. Die neue Breite im Kader erlaubt ihm diese Geduld.