Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Boris Johnson hat noch große Pläne
Der exzentrische Londoner Bürgermeister will zurück ins Unterhaus. Und dann an die Parteispitze?
LONDON Mit einem Paukenschlag meldet sich Boris Johnson zurück. Der Bürgermeister von London hat überraschend angekündigt, bei den Parlamentswahlen 2015 wieder anzutreten – er will als Abgeordneter ins Unterhaus zurückkehren. Sein Amt als Bürgermeister, das 2016 ausläuft, würde er parallel weiterführen. Der 50-Jährige meldet damit indirekt seinen Anspruch auf den Vorsitz der Konservativen Partei an. Der jetzige Parteichef machte gute Miene zum bösen Spiel. „Großartige Nachrichten“, twitterte Premier David Cameron: „Ich habe immer gesagt, dass ich die Starspieler auf dem Platz haben will.“
Alexander Boris de Pfeffel Johnson, so sein voller Name, ist der einzige konservative Politiker im Land, der über alle Parteigrenzen hinweg ankommt. Seine Fernsehauftritte haben zur Gründung von Fanclubs geführt, seine ironischen Bemerkungen zum Zeitgeschehen lockern den drögen politischen Alltag auf, im Internet finden sich Websites für „Boris-Zitate“. „Wenn Sie konservativ wählen“, versprach er einmal im Wahlkampf 2005, „wird das Ihren Frauen größere Brüste verschaffen und Ihre Chanchen erhöhen, einen BMW zu gewinnen.“Kein Wunder, dass er damals mit großer Mehrheit den Unterhaussitz von Henley erringen konnte, den er 2008 aufgab, um für die Bürgermeisterwahl in London anzutreten – mit Erfolg.
Mit seinem wuscheligen blonden Haarschopf und seinen verknitterten Anzügen hat der ehemalige Journalist so etwas wie ein Markenzeichen geschaffen. Aber am meisten sind es sein Mundwerk, sein Mutterwitz und seine Respektlosigkeit, die ihm Sympathien einbringen. Der Fernsehmoderator Jeremy Clarke sagte ihm einmal ins Gesicht: „Die meisten Politiker sind ziemlich inkompetent und legen dann eine dünne Schicht an Kompetenz auf. Sie scheinen es es andersherum zu machen.“Das trifft es einigermaßen. Johnson spielt den Clown, aber am Ende gewinnt er immer. 2008 trat er zum ersten Mal als Londoner Bürgermeister an und siegte überraschend gegen einen anderen Volkstribunen, den Labour-Politiker Ken Livingstone. Vier Jahre später wiederholte er das Kunststück.
Während Johnson bei Basis und Wählern ankommt, fehlt ihm Unter- stützung in der konservativen Fraktion. Die aber braucht er, will er dereinst Premierminister werden. Zwar hat Johnson stets beteuert, dass „meine Chancen, das Amt des Premierministers zu erringen, so groß sind wie die, von einem Frisbee enthauptet zu werden. Oder als Olive wiedergeboren zu werden.“Doch an seinen Ambitionen wurde nie gezweifelt, nicht umsonst ist sein Spitzname „Die blonde Gefahr“. Für seine Rückkehr ins Unterhaus dient er sich jetzt besonders beim rechten Flügel der Konservativen an. Jüngst goss er Wasser auf die Mühlen der Euroskeptiker: Großbritannien, sagte Johnson, „habe nichts zu befürchten, wenn es die Europäische Union verlässt“. Nur in einer gründlich reformierten EU könne Großbritannien prosperieren: „Wenn wir uns die Kosten der EU-Sozialpolitik anschauen, die Stagnation der Volkswirtschaften und die fortlaufenden Absurditäten einiger Regulierungen, dann kommen wir zu einem Punkt, an dem es vielleicht besser ist, eine unreformierte EU zu verlassen, als in ihr zu bleiben.“