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Auftragski­ller wieder auf freiem Fuß

- VON TOBIAS KÄUFER

Gut 300 Morde soll der Kolumbiane­r begangen haben. Dafür saß er 24 Jahre.

BOGOTÁ Die Liste seiner Verbrechen ist lang: 300 Morde soll der Kolumbiane­r Jhon Jairo Velásquez Vásquez alias Popeye selbst begangen haben, an mehr als 3000 Morden soll er beteiligt gewesen sein. Rund 200 Autobomben hat der Auftragski­ller Nummer eins des MedellinKa­rtels gezündet. Jetzt ist er nach rund 24 Jahren Haft aus dem Gefängnis entlassen worden.

Das Nachrichte­nmagazin „semana“bezeichnet­e Jhon Jairo Velásquez Vásquez als einen der gefährlich­sten Menschen der Welt. Nicht ohne Grund: Er war beim Mord am Präsidents­chaftskand­idaten Luis Carlos Galán (1989) beteiligt, offenbar auch bei der Sprengung eines kolumbiani­schen Linienflug­zeuges, bei der mehr als 110 unschuldig­e Zivilisten im gleichen Jahr ums Leben kamen, weil die Attentäter fälschlich­erweise glaubten, ein ranghoher Politiker sei an Bord. Er entführte ranghohe Politiker und folterte Gegner des Medellin-Kartells auf fürchterli­che Weise.

Popeye war auch die rechte Hand von Pablo Escobar, dem wohl legendärst­en aller Drogenbaro­ne, der 1993 von Spezialein­heiten getötet wurde. Während der Schreckens­herrschaft des Medellin-Kartells stieg Popeye zum „Chef“der sogenannte­n „Sicarios“auf, wie die Kolumbiane­r die gefürchtet­en Auftragsmö­rder nennen. Der Hype um Popeyes Freilassun­g ist auch deshalb so groß, weil das kolumbiani­sche Fernsehen zuletzt großen Erfolg mit einer Doku-Soap über das Leben Pablo Escobars hatte. Die Serie erreichte Rekordeins­chaltquote­n und ist so etwas wie Geschichts­unterricht zur Prime Time, der sogar in den Armenviert­eln von Bogotá, Medellin und Cali begeistert angesehen wird.

In seiner Haft entwickelt­e sich Popeye offenbar zu einem besseren Menschen. Nach Angaben der Justizvoll­zugsbehörd­en habe der heute 52-Jährige während seiner Haft ein Dutzend Diplome erhalten und sich vorbildlic­h verhalten. Aus Angst vor Übergriffe­n gegen ihn lebte er in den vergangene­n Jahren streng abgeschirm­t. Drei Fünftel seiner Haftzeit habe er abgesessen, nun erreichte sein Anwalt wegen guter Führung seine Freilassun­g.

Zahlreiche prominente Mörder und Drogenbaro­ne aus der dunkeln Epoche der 1980er und 1990er Jahre sitzen in Kolumbien noch in Haft und könnten bald freikommen. Dabei handelt es sich um Vertreter des Medellin- und Cali-Kartells, die sich in der Hochzeit der Kartelle einen blutigen Kampf mit dem Staat, aber auch untereinan­der lieferten.

Wo Vásquez in Kolumbien leben wird, ist bislang nicht bekannt. Nicht ausgeschlo­ssen ist, dass der einst gefährlich­ste Killer des Landes irgendwo im Ausland Unterschlu­pf sucht. Der Beantragun­g eines Reisepasse­s steht nach Angaben der kolumbiani­schen Behörden nichts im Wege, denn nach Verbüßung seiner Strafe kann er ungehinder­t reisen.

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FOTO: AP Vásquez (Bild) war die rechte Hand von Pablo Escobar.

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