Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Banken bereiten sich auf den Grexit vor
Auch für die Industrie ist eine Rückkehr zur Drachme kein Tabu mehr. Die größte Sorge gilt den Finanzmärkten.
DÜSSELDORF Als „Gebot der Verantwortung“bezeichnete Commerzbank-Vorstand Martin Zielke jüngst Vorbereitungen auf den drohenden Austritt Griechenlands aus der Eurozone (Grexit). Und offenbar sind die Großbanken weltweit intensiv mit der Vorsorge beschäftigt. In Frankreich etwa gibt es Finanzkreisen zufolge bereits in jeder größeren Bank eine Arbeitsgruppe, die sich mit den Folgen einer Rückkehr der Griechen zur Drachme auseinandersetzt. Die Franzosen sind stärker als die deutschen Konkurrenten in Griechenland engagiert. Die französischen Kredite beliefen sich Ende 2014 auf 44,4 Milliarden Euro.
Der deutsche Bankenverband gab sich gestern vergleichsweise gelassen: „Wir erwarten zwar im Falle eines Grexits kurzfristige Turbulenzen an den Finanzmärkten, aber insgesamt geringe Folgen für den deutschen Bankensektor“, sagte ein Sprecher. Vom Verband koordinierte Vorbereitungsmaßnahmen gebe es nicht. Die Forderungen deutscher Banken gegenüber Griechenland belaufen sich auf 19,1 Milliarden Euro. Darin enthalten sind rund 15 Milliarden Euro, die der deutsche Staat Athen über die Förderbank KfW zur Verfügung gestellt hat, also keine klassischen Bankkredite. Bleiben noch Forderungen von 201 Millionen Euro gegenüber griechischen Banken und 3,7 Milliarden gegenüber griechischen Firmen. Ein Zahlungsausfall würde entsprechend nicht zu einer Kettenreaktion führen.
Die Rückkehr zur Drachme ist auch für die deutsche Industrie kein Tabu mehr. Ulrich Grillo, Präsident des Verbandes BDI, plädierte in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“erstmals für einen „ehrenvollen und würdigen freiwilligen Abschied“der Griechen aus der Eurozone. Grillos Aussagen stehen beispielhaft für die Gelassenheit deutscher Firmen.
Laut Statistischem Bundesamt führte 2014 die Pharmabranche mit 703 Millionen Euro die Liste der deutschen Exporte nach Griechenland an. Der Branchenverband BPI erklärte: „Grundsätzlich ist unser Hauptanliegen die Versorgung der Patienten. Dies würde auch bei einer veränderten Währungssituation in Griechenland gelten.“Ohnehin haben die Deutschen ihr Engagement in Griechenland zurückgefahren: Mit 4,7 Milliarden erreichte der Wert der Exporte 2013 einen Tiefstand – 41 Prozent weniger als 2008.
Die größte Sorge gilt den Aktienmärkten, die Reaktionen der Anleger gelten als unberechenbar. Womöglich ziehen sie bei einem Grexit massiv Kapital aus anderen Krisenstaaten ab und lösen den gefürchteten Dominoeffekt aus.