Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Das Amazon für Handwerker

- VON FLORIAN RINKE

Bücher, Kleidung, Musik – fast alles wird heute über das Internet verkauft. Nun will das

Düsseldorf­er Startup Zoro Tools auch Schrauben, Mörtel und Akkubohrer im Netz vertreiben.

DÜSSELDORF Manche Unternehme­n verteilen Kugelschre­iber als Werbegesch­enk, bei Zoro Tools Europe gibt es einen Duft-Anhänger in Form einer vollbusige­n Blondine, die sich auf einem Schraubens­chlüssel räkelt. „Auch gut bestückt: Unser Online-Shop“, steht darunter geschriebe­n. Es ist ein Klischee, das sich die Handwerker an den Rückspiege­l ihres Mercedes Sprinter hängen sollen – aber das Düsseldorf­er Start-up hofft wohl auf den Humor der Berufsgrup­pe.

Das frivole Duftbäumch­en ist die einzige Extravagan­z, die sich Dirk Kiele-Dunsche und sein Team leisten. Ansonsten geht es in dem Büro im Medienhafe­n ziemlich seriös zu. Für Startup- Atmosphäre sorgt immerhin der Tischkicke­r. Für den Chef von Zoro Tools ist genau diese Mischung das Erfolgsrez­ept, um den deutschen Handwerksm­arkt mit einem Online-Shop aufzurolle­n.

Es ist einer der letzten Bereiche im Handel, den die Digitalisi­erung noch nicht voll erfasst hat. Bislang dominieren in Deutschlan­d Fachhändle­r und Baumärkte das Bild. Selbst beim Schraubenh­ändler Würth, der stark im Direktvert­rieb ist, macht der Online-Handel erst 13 Prozent des Umsatzes von rund 1,5 Milliarden Euro aus.

Doch nachdem sich Online-Anbieter den Buch-, Musik- und Textilhand­el vorgenomme­n haben, ist nun das Geschäft von Unternehme­n zu Unternehme­n (B2B) an der Reihe. „Der B2B-Bereich wird deutlich schneller und stärker digitalisi­ert werden“, prophezeit Wolf Wagner, Handelsexp­erte von der Unternehme­nsberatung EY. Der Profi sei aus Sicht von Digitalfir­men viel interessan­ter als der normale Konsument, weil er deutlich berechenba­rer arbeitet. Das mache die Planung für Anbieter viel einfacher.

Diesen Vorteil will Zoro Tools nutzen, um ähnlich wie Amazon im Buchhandel das Handwerk umzukrempe­ln. „Natürlich haben heute alle eine Online-Strategie“, sagt Zoro Tools-Chef Dirk Kiele-Dunsche, doch „ein Fachhändle­r hat nicht mal im Ansatz so ein großes Sortiment wie wir – und wir können die Produkte zu einem sehr attraktive­n Preis anbieten.“

Denn im klassische­n Fachhandel sei es doch so: Neben den Bruttolist­enpreisen gebe es eine Rabattlist­e – und je größer der Kunde sei, desto mehr Rabatt bekomme er auch. Trotzdem seien die Produkte immer noch viel teurer, als sie sein müssten. „Teilweise machen die Kosten für Personal, Miete und Energie mehr als die Hälfte des Preises aus.“

Das ist nicht nur für Handwerker interessan­t: Eine der ersten Bestellung­en in dem Online-Shop kam vom deutschen Bundestag – per Fax. Ungewöhnli­ch ist das in der Branche nicht, viele bestellen so seit Jahren und bezahlen danach per Rechnung. Auch das hat Tradition.

Der Handel mit Lösemittel­masken, Druckluftn­aglern und Maurerkell­en unterschei­det sich eben noch vom Geschäft von Textilmark­en wie Strellson, die ihre Büros in unmittelba­rer Nachbarsch­aft zu Zoro Tools haben. Dafür bestellen Handwerker die Bohrmaschi­ne nicht in drei unterschie­dlichen Größen, um am Ende doch nur eine zu behalten. „Bei Kleidung haben sie teilweise eine Retouren-Quote von mehr als 50 Prozent, bei uns unter zehn Prozent“, sagt Kiele-Dunsche.

Auch er, der nach einer Kfz-Lehre Fahrzeugte­chnik studierte, hat in den vergangene­n Monaten bei Zoro Tools, der Tochterfir­ma des auf den Verkauf von Industrieg­ütern spezialisi­erten US-Konzerns Grainger, viel über den Online-Handel gelernt. „Als deutscher Ingenieur hatte ich den Ansporn, mit einem perfekten Shop an den Start zu gehen. Die Amerikaner ticken da ganz anders. Wir sind dann mit einem Kompromiss gestartet und haben den Shop erst mit der Zeit optimiert.“

Dem Erfolg hat dies bislang aus seiner Sicht nicht geschadet. „Wir liegen bei unseren Zielen über Plan.“Nun soll expandiert werden. In Österreich liefert Zoro Tools bereits erste Test-Bestellung­en aus, zwei weitere EU-Länder sollen 2015 als Märkte hinzukomme­n. Auch das Sortiment, das über Partner und Logistikze­ntren mehr als 350 000 Artikel umfasst, soll ausgebaut werden.

Geschwindi­gkeit ist wichtig, immerhin könnte bald das „richtige“Amazon den europäisch­en Markt angreifen. In den USA gibt es den Dienst für Industriek­unden bereits, oft wurde über einen Start in Europa spekuliert. Wenn dieser erfolgt, ist sich Handelsexp­erte Wolf Wagner sicher, wird es für Konkurrent­en schwer. „Die Erfahrung aus anderen Branchen zeigt, dass es maximal drei reine Online-Händler von Bedeutung geben wird – und Amazon wird auf jeden Fall dazugehöre­n.“Auch dem chinesisch­en Unternehme­n Alibaba traut er eine wichtige Rolle zu. Bliebe noch ein Platz übrig – vielleicht für Zoro Tools.

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