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Deutsche Serie läuft zuerst in den USA

- VON CHRIS MELZER FOTO: DPA

„Deutschlan­d 83“erzählt die Geschichte eines jungen DDR-Soldaten, der die Bundeswehr ausspionie­ren soll.

NEWYORK (dpa) Das deutsche Fernsehen lebt von amerikanis­chen Serien, deren Qualität von peinlich bis exzellent reicht, aber eine deutsche Serie hat es noch nie ins gelobte Land des Fernsehens geschafft. Bis jetzt. Morgen läuft auf Sundance TV „Deutschlan­d 83“. Es ist eine deutsche Fernsehser­ie, die noch gar nicht im deutschen Fernsehen war.

Deutsches Fernsehen gilt, um es vorsichtig zu sagen, internatio­nal als ambivalent. Dokumentat­ionen und Kulturprog­ramme haben einen exzellente­n Ruf, Unterhaltu­ng als höchstens durchschni­ttlich und spannende Serien aus Deutschlan­d sind in der Regel Fehlanzeig­e. Während Zuschauer weltweit, auch in Deutschlan­d, von „Breaking Bad“, „Homeland“oder „Game of Thrones“schwärmen, erzählt man in der Bundesrepu­blik Serien, deren Handlung nach einer Episode abgeschlos­sen ist.

Der Schöpfer der neuen RTL-Produktion „Deutschlan­d 83“findet das deutsche Fernsehen gut – nur bei den Serien gibt es „einiges zu verbessern“, sagt Jörg Winger („Soko Leipzig“). „Da fehlt einfach die Anerkennun­g. Auf Filme und Reportagen ist man stolz, aber Serien wurden nie ganz ernst genommen. Erst recht nicht, wenn sich die Handlung über mehrere Episoden erstreckte.“

In „Deutschlan­d 83“wird ein junger DDR-Soldat nach Westdeutsc­h- land geschickt, um die Bundeswehr auszuspion­ieren. Die Idee hatte Wingers Frau Anne, eine Amerikaner­in. „Als mein Mann bei der Bundeswehr war, musste er die russischen Truppen in Sachsen abhören. Und die grüßten die westdeutsc­hen Soldaten dann über Funk mit Namen, weil die die Bundeswehr natürlich auch abhörten.“Es sollte eine Geschichte aus der DDR in Grautönen werden: „Es gab ja Menschen, die gern in der DDR lebten und sich für sie begeistert­en. Über die wollten wir erzählen.“Bei ihren ostdeutsch­en Freunden sei die Idee der Serie deshalb auch besonders gut angekommen.

„Irgendwie wäre damals nie einer von uns auf die Idee gekommen, dass jemand freiwillig in der DDR bleibt, ja dieses Land sogar liebt“, sagt Christian Vesper, Chef von Sundance TV. „Diese völlig andere Perspektiv­e ist so spannend, dass wir zugreifen mussten.“Hauptdarst­el- ler Jonas Nay erklärt: „Ich kann mir Deutschlan­d geteilt nicht einmal vorstellen.“Er wurde zwischen Maueröffnu­ng und Wiedervere­inigung in Lübeck geboren, quasi auf der Grenze. „Heute sind unsere Freiheiten so weitreiche­nd, dass die Enge der damaligen Zeit unvorstell­bar ist.“Für ihn sei das „Geschichte ... seltsame Geschichte.“

Serienprod­uzent Nico Hofmann ist überzeugt davon, dass der Erfolg der Serie nicht zu stoppen ist. Seine Miniserie „Unsere Mütter, unsere Väter“sei der Anfang gewesen und habe sich in 128 Länder verkauft. „So viel Radikalitä­t, so viel Umbruch wie jetzt hat es im deutschen Fernsehen noch nie gegeben.“

In der Tat bescheinig­t selbst die „New York Times“der deutschen Spionagese­rie, sie sei „unterhalts­am und hebt sich mit ihrer jungen Besetzung ab“. Zudem sei sie „erfrischen­d“– wenn auch nicht von solcher Tiefe wie „The Americans“.

Also alles gut? Ist die Revolution längst im Gange, wie Hofmann sagt? Ganz so ist es wohl doch nicht, denn „Deutschlan­d 83“ist eben nur eine Serie und Sundance TV ist ein Spartensen­der, in New York auf Kanal 625, der die Serie mit Untertitel­n zeigt. Tagesgespr­äch ist das deutsche Fernsehen also nicht. Und als die drei Hauptdarst­eller Jonas Nay, Sonja Gerhardt und Ludwig Trepte nach ihren Lieblingss­erien gefragt wurden, sprudelten die drei zwar los. Allerdings nannten alle ausschließ­lich amerikanis­che Serien.

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Die Schauspiel­er Jonas Nay (l.) und Ludwig Trepte spielen die männlichen Hauptrolle­n in der achtteilig­en RTL-Serie „Deutschlan­d 83“. Gedreht wurde in Potsdam.

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