Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
ANGELIKA MIELKE-WESTERLAGE ... auch mal unpopuläre Entscheidungen zu treffen“
Ein Gespräch über Wünsche, Pläne, gute Vorsätze – und ein ganz besonderes Weihnachtsgeschenk.
Themenwechsel: die Verkehrsprobleme in Meerbusch. Die Anwohner der Uerdinger Straße ächzen unter der hohen Lkw-Belastung, auf der Düsseldorfer Straße gibt es kein Durchkommen. Braucht Meerbusch mehr Alternativen zum Autofahren? MIELKE-WESTERLAGE Mit einem Anteil von 39.800 Fahrzeugen und einer Pkw-Dichte von 0,63 pro Einwohner ist Meerbusch landesweit führend, das Auto ist das beliebteste Fortbewegungsmittel des Meerbuschers. Die hohe Anzahl von 15.000 Auspendlern – vornehmlich nach Düsseldorf, Neuss und Krefeld – tut ihr Übriges. Unser Ziel ist es, durch eine spürbare Verbesserung des Radwegeverkehrs übermäßig motorisierte Kurzstrecken, also bis zu fünf Kilometern Länge, abzubauen und durch Aktionen dafür zu werben, das Auto stehenzulassen. Parallel dazu setzen wir auf eine Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Personennahverkehrs. Konkret: Wie macht man den ÖPNV unwiderstehlich? MIELKE-WESTERLAGE Durch verbesserte Linienführungen, Taktverdichtungen, zusätzliche Linien. Mit der Rheinbahn AG sind wir im intensiven Gespräch, was darüber hinaus getan werden kann. Beispiele sind Fahrradboxen, mehr „Park and Ride“-Plätze, der Einsatz sogenannter Metrobusse. Peter Soliman hat Haus Meer gekauft. Noch steht allerdings nicht fest, wie er das Gelände nutzen wird. Die Meerbuscher hoffen auf eine nachhaltige Lösung, der Investor, dass sich seine Investition irgendwann auch wirtschaftlich auszahlt. Was wünscht sich die Bürgermeisterin und was ist aus Ihrer Sicht ausgeschlossen? MIELKE-WESTERLAGE Der Eigentumswechsel ist eine große Chance für die Stadt, die Entwicklung des Areals und die Öffnung des Parks. Herr Soliman wohnt mit seiner Familie in Meerbusch, er fühlt sich der Stadt verpflichtet, die Zusammenarbeit mit der Verwaltung in diversen Projekten war immer offen und verlässlich. Also wie wird das Klostergelände künftig aussehen? MIELKE-WESTERLAGE Nach Jahren des Stillstands wurden bereits diverse Sanierungsmaßnahmen auf den Weg gebracht. Bezüglich der künftigen Entwicklung stehen wir mit dem Eigentümer und den Denkmalbehörden in engem Austausch. Unser städtisches Interesse ist es, das denkmalgeschützte Areal der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, dessen Geschichte und Bedeutung in das öffentliche Bewusstsein zu rücken, aber auch den Verfall des Denkmals zu stoppen. Das geht nur mit einer wirtschaftlichen Nutzung und Partnerschaften, beispielsweise für die Parkpflege. Ich sehe in jedem Fall die Notwendigkeit eines gastronomischen Angebots, eine öffentliche Nutzung in Kombination mit einer Wohnnutzung sehe ich nicht. Die Abstimmung über die Weiterverfolgung des Projekts „interkommunales Gewerbegebiet“mit Krefeld ist denkbar knapp ausgefallen. Aus Ihrer Sicht: Warum braucht Meerbusch genau dieses Gewerbegebiet? MIELKE-WESTERLAGE Wie schon gesagt: Der Stadt fehlen Flächen zur weiteren Unternehmensansiedlung. Der aktuelle Flächenanteil an der Gesamtfläche beträgt 1,43 Prozent, in Neuss sind es 7,87 Prozent. Unser Gewerbesteueraufkommen hat Luft nach oben. Im Vergleich zu Nachbarkommunen sind wir mit weniger als 500 Euro pro Einwohner schwach positioniert, Neuss liegt bei 1740 Euro, Düsseldorf bei 1270 Euro pro Einwohner. Flächenmäßig dürfte es in diesem Zusammenhang für Meerbusch also durchaus „etwas mehr“sein ... MIELKE-WESTERLAGE Die Fläche direkt an der Autobahn – mit unmittelbarer Nähe zum Flughafen und zur Messe – verfügt über besondere Standortvorteile. Der Rat hat im Juni eine Grundsatzentscheidung für das rund 120 Hektar große Gebiet gefasst, das gemeinsam mit Krefeld entwickelt werden soll. Es sollen dort – und das möchte ich ausdrücklich betonen – weder große Logistiker noch produzierendes Gewerbe mit rauchenden Schloten angesiedelt werden, wie es immer wieder fälschlich kommuniziert wird. Vorgesehen sind unter anderem ein hoher Anteil von Büros und Dienstleistungen analog des Buisiness-Parks Mollsfeld und Handwerksbetriebe. Die Verwaltung ist beauftragt, dazu weitere Prüfungen vorzunehmen. Aufgrund der Ergebnisse muss die Politik sich abschließend entscheiden, ob ein gemeinsames Gebiet realisiert wird oder die Stadt eine kleinere, rund 28 Hektar große Fläche alleine entwickelt. Die FDP befürchtet, dass Meerbusch Geld in ein interkommunales Gebiet „reinbuttert“und gegenüber Krefeld dann trotzdem am kürzeren Hebel sitzt. Was entgegnen Sie? MIELKE-WESTERLAGE Die Befürchtung, dass wir gegenüber Krefeld am kürzeren Hebel sitzen, teile ich nicht. Das können wir über entsprechende Verträge und die Besetzung der Aufsichtsgremien absichern, zumal mit 70 Hektar der größere Flächenanteil auf Meerbuscher Stadtgebiet liegt. Wir müssen aber ausschließen, in eine Flächenentwicklung zu investieren, die unter Berücksichtigung des geplanten Branchenmixes voraussichtlich in den nächsten 15 bis 20 Jahren nicht nachgefragt wird. Hier sind wir in Expertengesprächen. Mit der Tour de France wird im Juli das größte Radrennen der Welt durch Büderich rollen. Ist es aus Meerbuscher Sicht fair, dass Städte wie Korschenbroich, die Durchfahrtsorte sind, sich als solche aber nicht beworben haben, nicht zahlen müssen? MIELKE-WESTERLAGE Für die Stadt Düsseldorf ist die Ausrichtung des Grand Depart ein erheblicher finanzieller Kraftakt dar. Von daher war es für uns selbstverständlich, als mitprofitierende Gemeinde unseren Beitrag zu leisten. Was würden Sie sagen: Womit ist Meerbusch in der „Welt“bekannt – was ist die Marke von Meerbusch? Oder finden Neu-Düsseldorfer die Nachbarstadt schnell, weil sie hier besser wohnen können? MIELKE-WESTERLAGE Durch die direkte Nachbarschaft wird Meer- busch naturgemäß zunächst unter der Marke Düsseldorf wahrgenommen. Meerbusch bietet aber durchaus eine Reihe von Standortqualitäten, die unsere Bürger sehr zu schätzen wissen, sei es die schöne Niederrheinlandschaft, hochwertiges Wohnen, gut ausgestattete Schulen, Kindertagesstätten und Sportanlagen, Sauberkeit im Stadtbild, ein gutes Vereinsleben. Was steht auf Ihrer To-do-Liste fürs kommende Jahr ganz oben? MIELKE-WESTERLAGE Im ersten Quartal wollen wir das Integrierte Stadtentwicklungskonzept ISEK als Grundlage für die weitere Entwicklung Meerbuschs fertigstellen und darauf basierend konkrete Planungsmaßnahmen aufnehmen. Dazu gehören beispielsweise die Gestaltung des Kernbereiches von Büderich, von Friedenstraße/Moerser Straße/Dorfstraße sowie die Siedlungsentwicklung in Osterath. Dort wird es bereits im Januar um die Wettbewerbsentwürfe für die Ortsmitte gehen. Wir wollen den Ausbau der Feuerwehrgerätehäuser Büderich und Lank angehen. Zu Beginn der zweiten Jahreshälfte soll die Sanierung des Hallenbads fertiggestellt sein, das Immobilienkonzept soll mit der Fertigstellung des Gebäudes am Dr.-Franz-SchützPlatz für den offenen Ganztag der beiden Grundschulen, dem Umbau der Erwin-Heerich-Schule und der Sanierung des Rathauses in Büderich fortgeführt werden. Und vieles mehr. Und, was sagt der Ruhepuls jetzt? MIELKE-WESTERLAGE 80, nach wie vor. JULIA HAGENACKER UND ANKE KRONEMEYER FÜHRTEN DAS GESPRÄCH