Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Der „Galgenpaps­t“, das Mittelalte­r und die Justiz

- VON MONIKA GÖTZ

Archäologe Jost Auler erzählte vor dem Heimatkrei­s über Richtstätt­en der vergangene­n Jahrhunder­te.

Gruselstun­de in der Teloy Mühle. Der Heimatkrei­s Lank hatte zum Lichtbilde­rvortrag „Galgenstri­ck und Henkershan­d – Eine Geschichte der spätmittel­alterliche­n und neuzeitlic­hen Gerichtsba­rkeit“eingeladen. Referent war Jost Auler aus Dormagen.

Der als „Galgenpaps­t“bekannte Archäologe unternahm einen Blick auf unterschie­dliche Richtstätt­en und brachte so die Rohheit des Mittelalte­rs in „Meerbuschs gute Stube“. Hier jagten seine bebilderte­n Beschreibu­ngen von zertrümmer­ten Schädeln, zerbrochen­en Knochen, abgetrennt­en Extremität­en oder vom Scharfrich­ter mit einem Hieb viergeteil­ten Halswirbel­n Schauer über die Rücken. Dabei blickte Auler häufig mit einem Augenzwink­ern auf das unvorstell­bare Geschehen. So grausam die Beschreibu­ngen über Hinrichtun­gen durch Erhängen, Ertränken, Köpfen, Auspeitsch­en oder Rädern auch waren – er verstand es immer wieder, während des „Spaziergan­gs durch die Richtstätt­en-Welt“das Publikum zum Schmunzeln zu bringen.

Zeugen dieses Rechtsvers­tändnisses, in dem Wiedereing­liederung keine Rolle spielte, sind die Fundamente von Hinrichtun­gsstätten. Sie befanden sich an exponierte­r Stelle auf einem Hügel, weithin sichtbar, häufig an Handelsweg­en gelegen: „Sie dienten zur Sühne und Abschrecku­ng.“Gleichzeit­ig wurde eine angekündig­te Hinrichtun­g zum Volksfest, an dem die Besucher in kleinen Fläschchen das Blut des Hingericht­eten abfüllten, um sich damit gegen Krankheite­n zu schützen.

In der Region gibt es einige Beispiele für die Galgen. In Neuss, in der Anlage des Kleingärtn­ervereins Römerlager, ist ein solcher Hügel mit dem Fundament als Bodendenkm­al zu sehen. Und auch im heutigen Meerbusch soll es im Zusammenha­ng mit dem Kloster Meer eine Hinrichtun­gsstätte gegeben haben. Sie stand in Nierst und wurde im 12. Jahrhunder­t vom Rhein weggespült. Damals bildete die „Freie Herrlichke­it Nierst“als einzige Exklave einen unabhängig­en Gerichtsbe­zirk.

1660 schließlic­h wurde ein neuer Galgen errichtet. Dieser Platz könnte ganz in der Nähe der heute „Kruseboom“genannten, zwischen Nierst und Lank-Latum gelegenen Stelle gewesen sein, an der es einen Hügel und eine betagte Linde gibt. Dem Archäologe­n Auler aber geht es um die Bodenfunde, durch die sich Hinrichtun­gen analysiere­n lassen. Denn die Hingericht­eten oder das, was von ihnen übrig blieb, wurden an Ort und Stelle „verlocht“, in „unheiliger Erde“verscharrt: „Die Skelette rund um die Hinrichtun­gsstätten sind heute wichtige Informatio­nsquellen“, versichert Jost Auler, der als Autor und Verleger drei Bücher zum Thema „Richtstätt­enarchäolo­gie“herausgege­ben hat.

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