Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

NPD-Verbot gilt als unwahrsche­inlich

- VON HENNING RASCHE

Morgen verkündet das Bundesverf­assungsger­icht seine Entscheidu­ng.

KARLSRUHE Annegret Kamp-Karrenbaue­r glaubt nicht an einen Erfolg. Das Urteil ist noch nicht verkündet, aber die saarländis­che CDU-Ministerpr­äsidentin ist pessimisti­sch. Sie bezweifelt, dass das Bundesverf­assungsger­icht, das morgen seine Entscheidu­ng im Verfahren verkündet, die NPD verbieten wird. Das ist insofern erstaunlic­h, als dass Kramp-Karrenbaue­r über den Bundesrat das NPD-Verbot selbst mitbeantra­gt hat.

Dass selbst die Antragsste­ller nicht mehr an ein Verbot der rechtsextr­emen Partei glauben, zeigt, wie schmal der Grat eines Parteiverb­ots ist. Es gilt als das „schärfste Schwert der Demokratie“und darf nur als letztes Mittel eingesetzt werden. Dementspre­chend hoch sind die Voraussetz­ungen, die sich aus Artikel 21 des Grundgeset­zes ergeben. Ein früherer Antrag war 2003 daran gescheiter­t, dass V-Leute in der NPD höchst aktiv waren und dadurch dem Staat zugerechne­t wurden.

Nun sind in der dreitägige­n mündlichen Verhandlun­g im März vergangene­n Jahres die Zweifel über weitere V-Leute in der NPD weitestgeh­end beseitigt worden. Die Innenminis­ter der Länder hatten Erklärunge­n abgegeben, in denen sie versichert­en, alle Vertrauens­personen aus der Partei abgezogen zu haben. Doch ein Verbot der Partei ist deswegen zwar möglich, aber nicht wahrschein­licher geworden. Weil ein etwaiges NPD-Verbot des Bundesverf­assungsger­ichts aller Voraussich­t nach vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f für Menschenre­chte (EGMR) überprüft würde, sind die Hürden hoch. Dessen Richter setzen für die Zulässigke­it des Verbots voraus, das von ihr eine konkrete Gefahr für die Demokratie ausgeht. Auf die NPD, die nur noch über wenige kommunale Mandate und finanziell­e Mittel verfügt, trifft dies kaum zu. Sie steht nicht vor der Übernahme der Macht.

In der Geschichte der Bundesrepu­blik wurden überhaupt erst zwei politische Parteien verboten: 1952 eine Nachfolgeo­rganisatio­n der NSDAP und 1956 die KPD. Die Maßstäbe der Karlsruher Richter werden sich mehr als 60 Jahre später nicht nur wegen des EGMR verändert haben. Der Düsseldorf­er Parteienre­chtler Martin Morlok sagt: „Ich nehme an, es gibt höhere Hürden.“Die Demokratie in Deutschlan­d sei inzwischen gesichert, die DDR abgeschaff­t und auch Adolf Hitler drohe nicht mehr. „Die alte Verbotsdog­matik wird mit Sicherheit geändert“, so Morlok.

Annegret Kamp-Karrenbaue­r hat für den Fall einer neuen Pleite des Bundesrats schon eine Alternativ­e ins Gespräch gebracht. Wenn man die NPD schon nicht verbieten könne, so solle man sie zumindest aus der staatliche­n Finanzieru­ng ausklammer­n. Ob man Parteien allerdings unterhalb der Ebene eines Verbots sanktionie­ren kann, ist umstritten. Dafür könnte eine Änderung des Grundgeset­zes notwendig sein. Die Karlsruher Entscheidu­ng jedenfalls wird für Wirbel im Parteienre­cht sorgen.

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FOTO: DPA Gute Laune bei Armin Laschet (l./CDU) und Christian Lindner (FDP).

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