Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Erdogan und der Schwarze Peter
In der Debatte um einen möglichen öffentlichen Auftritt Erdogans in Deutschland läuft das inzwischen bekannte Ritual ab, wenn es um den türkischen Präsidenten geht. Es entsteht ein Schwarzer-Peter-Spiel mit aufgeregter öffentlicher Debatte, und am Ende passiert wenig. Es ist damit zu rechnen, dass Erdogan die diffuse Lage nutzt und sein Ding durchzieht.
Die Bundesregierung wird Erdogan keinen Stein in den Weg legen, sollte er kommen wollen. Er ist immer noch ein wichtiger Nato-Verbündeter. Mit ihm will man den Kampf gegen den IS gewinnen, Syrien befrieden sowie im Nahen und Mittleren Osten die Sicherheitslage verbessern. Im Wahlkampfjahr wird die Bundesregierung gegenüber Erdogan erst recht vorsichtig sein. Union und SPD brauchen den Flüchtlings-Deal. Die NRW-Regierung macht auch keine gute Figur. Obwohl das Land kein konkretes Datum und keinen Ort für einen Besuch kennt, fordert der Innenminister, der Bund solle diesen verhindern. Dabei hat NRW seine eigenen Möglichkeiten nicht ausgereizt. So lange man nicht weiß, in welcher Form der türkische Präsident auftreten will, kann man nicht beurteilen, ob sich dies mit dem Versammlungsfreiheitsgesetz verhindern ließe. BERICHT STREIT UM ERDOGAN-AUFTRITT . . ., TITELSEITE
Opel muss Opel bleiben. Das betonte Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries gestern. Und das scheint auch der Chef des französischen Autobauers PSA Peugeot Citroën so zu sehen, der die Deutschen gerne übernehmen würde. Einschränkung: Profitabel sollte Opel dann doch sein.
Spätestens da dürften die Wünsche der deutschen Politik und die Wirklichkeit der französischen Manager auseinandergehen. Es ist gut, dass sich die Politik für Standorte und Beschäftigte einsetzt. Dennoch ist es ein schmaler Grat zwischen dem Verbreiten von Hoffnung und dem Betreiben von Augenwischerei. Die Franzosen lassen wenig Zweifel daran, dass gespart werden muss. Marktbereinigungen bei Überkapazitäten sind in einer freien Wirtschaft normal, aber für den Einzelnen schmerzhaft. Wichtig ist, sich jetzt Gedanken zu machen, wie es weitergeht, wenn Werke geschlossen und Mitarbeiter nicht mehr gebraucht werden. Der ehemalige Standort Bochum sollte mahnendes Beispiel sein. Hier sind noch immer viele ExOpelaner ohne Job. In Eisenach oder Kaiserslautern braucht es bessere Perspektiven – abseits von Opel. BERICHT PEUGEOT-CHEF: OPEL SOLL SICH AUS. . . TITELSEITE
FBeispiel Bochum
SPD-Erfolg mit Placebo
ür Martin Schulz und die SPD scheint es derzeit kein Halten mehr zu geben. Jetzt sind die Sozialdemokraten nach mehr als zehn Jahren sogar im ARD-Deutschlandtrend an der Union vorbeigezogen. Darüber dürfen sich die Genossen – nach jahrelanger Umfragen-Schmach – zumindest für einen Augenblick uneingeschränkt freuen. Damit der süße Wein des Erfolgs aber nicht gleich zu Kopf steigt, gehört schnell etwas Wasser hineingegossen: Denn Schulz’ Ankündigung, die Agenda-Reformen teils zurückzudrehen, ist in Wahrheit nichts weiter als eine Placebo-Pille. Pünktlich zu Beginn seiner Tour durch den Osten der Republik (wo es viele Agenda-Gegner gibt) schlägt Schulz vor, dass Arbeitslose länger Arbeitslosengeld I bekommen sollen – und erntet dafür, welch Überraschung, die Zustimmung der Mehrheit. Bei näherer Betrachtung fällt jedoch auf, dass es lediglich um wenige Monate gehen wird. Den Betroffenen wäre damit im Zweifel nicht geholfen, im Wahlkampf aber klingt es für viele toll. Einziger Wermutstropfen für die SPD: Die Werte reichen weiterhin nicht für ein rot-rot-grünes Bündnis. BERICHT SPD ERSTMALS SEIT 2006 VOR DER UNION, TITELSEITE