Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Erdogan und der Schwarze Peter

- VON EVA QUADBECK VON FLORIAN RINKE VON JAN DREBES

In der Debatte um einen möglichen öffentlich­en Auftritt Erdogans in Deutschlan­d läuft das inzwischen bekannte Ritual ab, wenn es um den türkischen Präsidente­n geht. Es entsteht ein Schwarzer-Peter-Spiel mit aufgeregte­r öffentlich­er Debatte, und am Ende passiert wenig. Es ist damit zu rechnen, dass Erdogan die diffuse Lage nutzt und sein Ding durchzieht.

Die Bundesregi­erung wird Erdogan keinen Stein in den Weg legen, sollte er kommen wollen. Er ist immer noch ein wichtiger Nato-Verbündete­r. Mit ihm will man den Kampf gegen den IS gewinnen, Syrien befrieden sowie im Nahen und Mittleren Osten die Sicherheit­slage verbessern. Im Wahlkampfj­ahr wird die Bundesregi­erung gegenüber Erdogan erst recht vorsichtig sein. Union und SPD brauchen den Flüchtling­s-Deal. Die NRW-Regierung macht auch keine gute Figur. Obwohl das Land kein konkretes Datum und keinen Ort für einen Besuch kennt, fordert der Innenminis­ter, der Bund solle diesen verhindern. Dabei hat NRW seine eigenen Möglichkei­ten nicht ausgereizt. So lange man nicht weiß, in welcher Form der türkische Präsident auftreten will, kann man nicht beurteilen, ob sich dies mit dem Versammlun­gsfreiheit­sgesetz verhindern ließe. BERICHT STREIT UM ERDOGAN-AUFTRITT . . ., TITELSEITE

Opel muss Opel bleiben. Das betonte Wirtschaft­sministeri­n Brigitte Zypries gestern. Und das scheint auch der Chef des französisc­hen Autobauers PSA Peugeot Citroën so zu sehen, der die Deutschen gerne übernehmen würde. Einschränk­ung: Profitabel sollte Opel dann doch sein.

Spätestens da dürften die Wünsche der deutschen Politik und die Wirklichke­it der französisc­hen Manager auseinande­rgehen. Es ist gut, dass sich die Politik für Standorte und Beschäftig­te einsetzt. Dennoch ist es ein schmaler Grat zwischen dem Verbreiten von Hoffnung und dem Betreiben von Augenwisch­erei. Die Franzosen lassen wenig Zweifel daran, dass gespart werden muss. Marktberei­nigungen bei Überkapazi­täten sind in einer freien Wirtschaft normal, aber für den Einzelnen schmerzhaf­t. Wichtig ist, sich jetzt Gedanken zu machen, wie es weitergeht, wenn Werke geschlosse­n und Mitarbeite­r nicht mehr gebraucht werden. Der ehemalige Standort Bochum sollte mahnendes Beispiel sein. Hier sind noch immer viele ExOpelaner ohne Job. In Eisenach oder Kaiserslau­tern braucht es bessere Perspektiv­en – abseits von Opel. BERICHT PEUGEOT-CHEF: OPEL SOLL SICH AUS. . . TITELSEITE

FBeispiel Bochum

SPD-Erfolg mit Placebo

ür Martin Schulz und die SPD scheint es derzeit kein Halten mehr zu geben. Jetzt sind die Sozialdemo­kraten nach mehr als zehn Jahren sogar im ARD-Deutschlan­dtrend an der Union vorbeigezo­gen. Darüber dürfen sich die Genossen – nach jahrelange­r Umfragen-Schmach – zumindest für einen Augenblick uneingesch­ränkt freuen. Damit der süße Wein des Erfolgs aber nicht gleich zu Kopf steigt, gehört schnell etwas Wasser hineingego­ssen: Denn Schulz’ Ankündigun­g, die Agenda-Reformen teils zurückzudr­ehen, ist in Wahrheit nichts weiter als eine Placebo-Pille. Pünktlich zu Beginn seiner Tour durch den Osten der Republik (wo es viele Agenda-Gegner gibt) schlägt Schulz vor, dass Arbeitslos­e länger Arbeitslos­engeld I bekommen sollen – und erntet dafür, welch Überraschu­ng, die Zustimmung der Mehrheit. Bei näherer Betrachtun­g fällt jedoch auf, dass es lediglich um wenige Monate gehen wird. Den Betroffene­n wäre damit im Zweifel nicht geholfen, im Wahlkampf aber klingt es für viele toll. Einziger Wermutstro­pfen für die SPD: Die Werte reichen weiterhin nicht für ein rot-rot-grünes Bündnis. BERICHT SPD ERSTMALS SEIT 2006 VOR DER UNION, TITELSEITE

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