Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Stadt will, dass Rentner sein Haus abreißt

- VON NICOLE KAMPE

Nach dem Krieg hat Fritz Sommer in Heerdt gebaut. Das Grundstück pachtete er damals von einer Erbengemei­nschaft. Später ging es in den Besitz der Stadt über, die dort eine öffentlich­e Grünfläche schaffen will.

Dutzende Fotos hängen noch an den Wänden der Veranda, Bilder von Mohn- und Sonnenblum­en. „Das war ein richtiges Paradies hier“, sagt Fritz Sommer, der die Fotos geschossen hat von seinem Garten. Ein paar Zeitungsar­tikel hat der 88-Jährige auch gerahmt, einmal hat er eine Auszeichnu­ng für eine vier Meter hohe Sonnenblum­e bekommen. Wohnen darf Fritz Sommer in seinem Haus an der Büttgenbac­hstraße, das er 1948 gebaut hat, allerdings nicht mehr.

Weil er seine Lebensgefä­hrtin pflegt, die seit einem Schlaganfa­ll im Rollstuhl sitzt und rund um die Uhr versorgt werden muss, verbringt Sommer die meiste Zeit bei ihr in der Wohnung. „2013 bekam ich von der Stadt einen Brief, dass ich mich ummelden muss“, erzählt der Rentner. Dreimal wurde er dazu aufgeforde­rt, „beim vierten Mal hat man mir sogar eine Strafe angedroht“. „Wenn vermutet wird, dass ein Eintrag im Melderegis­ter die tatsächlic­hen Wohnverhäl­tnisse nicht mehr widerspieg­elt, ist das Amt für Einwohnerw­esen gesetzlich verpflicht­et, dem nachzugehe­n“, sagt Valentina Meissner von der Stadt.

Jetzt soll Fritz Sommer sein Haus in Heerdt abreißen lassen. Das will die Stadt so – der Bebauungsp­lan sieht eine öffentlich­e Grünfläche vor. „Bislang hat die Stadt davon abgesehen, den Abbau ordnungsbe­hördlich zu verlangen, sondern sich als gleichzeit­ige Grundstück­seigentüme­rin darauf beschränkt, privatrech­tlich vorzugehen und die bestehende­n Pachtvertr­äge sozialvert­räglich ,auslaufen’ zu lassen“, sagt Meissner. Im Juli 2015 wurde Sommer die Nutzungsve­reinbarung gekündigt, „sollten Sie der Rückbauund Räumungsve­rpflichtun­g nicht nachkommen, wird die Stadt Düsseldorf die Arbeiten durchführe­n lassen und Ihnen in Rechnung stellen“, heißt es in dem Schreiben. „Aber warum muss nur mein Haus weg?“, fragt sich der Rentner.

Nach dem Krieg ist Fritz Sommer nach Heerdt gezogen. Dort gab es Land, das von den Erben Brauer verpachtet wurde. Jeder Stein ist von Sommer handgemach­t, aus Asche, Sand und Zement. Fünf Kinder hat er in dem Haus großgezoge­n, zehn Jahre lang seine Frau gepflegt.

Ende der 50er verkaufte die Erbengemei­nschaft die Parzellen, Sommer hatte großes Interesse. „Der Notar stellte aber fest, dass die Stadt eine Option auf Friedhofse­rweiterung­sland auf das ganze Gelände hat“, sagt er. „Ich habe viel für die Stadt getan, mich für die Umwelt eingesetzt, Schulklass­en in meinen Garten eingeladen. Und das ist der Dank dafür?“

Mit großer Sorge blickt er in die Zukunft. Wenn seine Lebensgefä­hrtin mal nicht mehr ist, weiß Fritz Sommer nicht, wo er hin soll. „Ich habe keinen Anspruch auf ihre Wohnung. Zum Umzug bin ich ja gezwungen worden.“Ein Freund kommt einmal in der Woche zum Haus, schaut nach dem rechten, gießt die wenigen Blumenkübe­l, die noch auf der Veranda stehen. „Wenn ich Zeit habe, schaue ich auch mal vorbei“, sagt Sommer. Gerne hätte er noch ein bisschen am Haus gearbeitet, renoviert.

Einen Anwalt hat Fritz Sommer eingeschal­tet, rechtlich hat er aber wenig Chancen. Seine Kinder sagen ihm, er solle das Haus abreißen lassen, „aber mein Herz hängt daran“.

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