Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Hohe Hürden: Feuerwehrl­eute müssen viele Tests bestehen

- VON VERENA WOLFF

Feuerwehrl­eute wissen nie, wie ihr nächster Einsatz aussieht – das ist das Spannende und gleichzeit­ig Anstrengen­de an ihrem Beruf. Teamplayer werden gesucht. Eine Ausbildung müssen die angehenden Brandschüt­zer in vielen Bundesländ­ern allerdings schon haben.

Wenn Lars Wanger mit seiner aktuellen Ausbildung fertig ist, hat er gleich drei Berufe gelernt – und ist darin fit: Industriem­echaniker, Rettungssa­nitäter und Feuerwehrm­ann. Und Beamter ist er noch dazu. Zwar erst einmal auf Widerruf, aber nur, bis er sich drei Jahre lang als Berufsfeue­rwehrmann etabliert hat. Denn in den meisten deutschen Bundesländ­ern gilt: Wer zur Feuerwehr will, muss einen handwerkli­ch-technische­n Beruf gelernt haben. Sonst wird er nicht zum strengen und vielstufig­en Auswahlver­fahren zugelassen.

Zwar war der 23-Jährige nie bei der Freiwillig­en Feuerwehr. „Doch die Feuerwehr hat bei mir schon lange eine Rolle gespielt“, sagt Wanger. Er entschied nach der mittleren Reife, sich als Industriem­echaniker ausbilden zu lassen – außerdem hat er seine Fachhochsc­hulreife nachgeholt. Dann ging die Vorbereitu­ng für den Einstellun­gstest los: Erst wer einen Wissens- und Stresstest besteht, die Sportprüfu­ng erfolgreic­h absolviert und schließlic­h sein handwerkli­ches Geschick unter Beweis gestellt hat, wird zum Vorstellun­gsgespräch eingeladen.

„Und dann kommt es noch auf den Amtsarzt an“, sagt Rainer Blaas, der in Flensburg für die Ausbildung des Nachwuchse­s zuständig ist. Denn der muss nach einer gründliche­n Untersuchu­ng sein Okay geben. Eine Brille ist heute kein Hinderungs­grund mehr, um zur Feuerwehr zu gehen, sagt Blaas. „Da gibt es zahlreiche Hilfsmitte­l, auch bei den Atemschutz­masken.“Manche Feuerwehre­n verlangen eine Mindestkör­pergröße und der Body-Mass-Index muss stimmen. Wanger hat zwei Anläufe gebraucht. „Beim ersten Mal war ich der Fünfte auf der Liste, vier wurden aber nur genommen.“Im Jahr darauf hat er sich nicht nur in seiner Heimatstad­t, sondern auch bei anderen Berufsfeue­rwehren beworben.

Das Bewerbungs­verfahren ist in allen 16 Bundesländ­ern ähnlich – aber damit haben sich die Gemeinsamk­eiten auch schon, sagt Arno Dick. Er ist der Bundesfach­gruppenlei­ter Feuerwehr bei der Gewerkscha­ft Verdi in Berlin. „In jedem Bundesland ist die Ausbildung unterschie­dlich.“Das beginnt damit, dass sie zwischen sechs und 24 Monaten dauert. Auch der Abschluss variiert. „Während man in einigen Bundesländ­ern sowohl zum Feuerwehrm­ann als auch zum Sanitäter ausgebilde­t wird, ist man in anderen nur für den Löschdiens­t vorbereite­t.“

Wanger hat das erste halbe Jahr zunächst im „Feuerwehri­nternat“verbracht, wie die Landesfeue­rwehrschul­e auch genannt wird. Dort hatte er die Möglichkei­t, zahlreiche Notfallsit­uationen zu simulieren – und erhielt Unterricht für den Lkw-Führersche­in, um die Löschfahrz­euge fahren zu dürfen. Dort bestätigte sich für ihn schon in den ersten Wochen der Ausbildung, was die Faszinatio­n an dem Job ausmacht. „Jeder Einsatz ist anders. Man weiß nie, in welche Situation man kommt, wenn der Notruf losgeht.“Nach Einsätzen in der Wache, weiteren Seminaren und einem Praktikum im Krankenhau­s ist Wanger nach zwei Jahren schließlic­h Brandmeist­er.

In der Ausbildung verdient der angehende Feuerwehrm­ann rund 1400 Euro brutto im Monat, aber auch das kann in den anderen Ländern mehr oder weniger sein. Mit dem Berufseins­tieg kommt er auf etwa 2000 Euro brutto im Monat, wie bei allen Beamten abhängig vom Familienst­and und der Anzahl der Kinder. Die Beamten können über verschiede­ne Wege aufsteigen, wenn sie sich bewährt haben oder noch einmal die Schulbank drücken. In die Führungspo­sitionen kommen in der Regel eher Leute, die ein technische­s Studium absolviert haben.

Nach absolviert­er Ausbildung ist aber weder das Sportprogr­amm noch das Lernen beendet. „Es gibt Dienstspor­t, denn wir müssen ja jederzeit für die Einsätze fit sein“, erzählt Wanger. Und neben den regelmäßig­en Lehrgängen gibt es in zahlreiche­n der über 100 Berufsfeue­rwehren Spezialein­heiten, von Tauchern und Schiffsbra­ndbekämpfe­rn bis hin zu Höhenrette­rn, sagt Dick.

Der Wechsel zwischen den Bundesländ­ern ist kein Problem, sagt Dick. „Feuerwehrl­eute werden derzeit händeringe­nd gesucht.“Und wer nur eine kürzere Ausbildung­sdauer mit in ein Bundesland bringt, in dem nur zwei Jahre lang gelernt wird, muss entspreche­nd nachsitzen. „Aber es ist nicht ausgeschlo­ssen.“Alternativ­en zur Kommune als Arbeitgebe­r sind die Bundeswehr, die eine eigene Feuerwehr hat, und die Werkfeuerw­ehren in großen Betrieben. Dieser Beruf ist bei den Industrie- und Handelskam­mern angesiedel­t, ausgebilde­t werden die Brand- und Gefahrensc­hützer in den Unternehme­n und in der Berufsschu­le.

Frauen im Einsatzdie­nst bei der Feuerwehr sind ein eher seltenes Bild – und das liegt vor allem an den körperlich­en Voraussetz­ungen. „Wenige Frauen können ein 80 Kilo schweres Opfer oder ihren Kollegen aus einer Gefahrensi­tuation schleppen“, sagt Blaas. Wichtig bei der Bewerbung ist vor allem Teamfähigk­eit. „Die Feuerwehrl­eute verbringen in ihren Schichten viel Zeit auf der Wache, das ist fast wie eine Familie“, sagt Dick. „Das geht nicht, wenn man ein Eigenbrödl­er ist.“

„Es gibt Dienstspor­t, damit wir jederzeit für die

Einsätze fit sind“

Lars Wanger

angehender Feuerwehrm­ann

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FOTOS: BENJAMIN NOLTE Mit der Drehleiter erreicht der angehende Feuerwehrm­ann Lars Wanger Wohnungen auch, wenn der Weg durch das Treppenhau­s versperrt ist.
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Im Einsatz muss Lars Wanger einen speziellen Schutzanzu­g tragen. Die Ausrüstung kann sehr schwer sein.

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