Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Marco G. suchte nach „Zünder, stabil und robust“
stammender Konvertit, am 10. Dezember 2012 versucht, im Bonner Hauptbahnhof eine selbst gebaute Rohrbombe zur Explosion zu bringen. Polizisten machten die Bombe mit einem Wassergewehr unschädlich. Weil kein Zünder an der mit Sprengstoff gefüllten Rohrbombe entdeckt wurde, handelte es sich aus Sicht der Verteidiger lediglich um eine Bombenattrappe.
Vier Monate später, im März 2013, soll ein nächtliches Mordkommando auf dem Weg zu einem rechtsradikalen Politiker in Leverkusen gewesen sein, als der mit Abhörmikrofonen bestückte Wagen von der Polizei gestoppt wurde. Bei den Ermittlungen zu dem Mordkomplott war Marco G. auch in Verdacht geraten, die Bonner Bombe als Einzeltäter gelegt zu haben. An dem Sprengsatz war DNA seines Sohnes und seiner Frau gefunden worden.
Das Gericht ist überzeugt, dass Marco G. eben keine Attrappe bauen wollte, sondern einen funktio- nierenden Sprengsatz. „Zünder, stabil und robust“, so lautete demnach eine Schlagwortsuche, die in einem bekannten Internetkanal auch prompt zum erstrebten Fundstück führte. Die Überschrift der Anleitung zum Bombenbau „How to make a bomb in the kitchen of your mother“(Wie man in der Küche seiner Mutter eine Bombe baut), die bei G. gefunden wurde, ist unter Prozessbeobachtern längst zu einem geflügelten Begriff geworden. Der Mittzwanziger aus dem Bonner Stadtteil Tannenbusch bestellte offenbar sprengfähiges Material in rauen Mengen. Mehr jedenfalls, als es für die Dimension der am Bonner Hauptbahnhof gefundenen Rohrbombe bedurft hätte. Schreiber wörtlich: „Hier sind Mengen eines Sprengstoffgemischs bestellt worden, die deutlich über die Füllmenge des 20 Zentimeter langen Rohrkörpers hinausgehen.“Der vermeintlich fehlende Zünder hingegen sei wohl derart klein gewesen, dass sein Verschwinden beim Beschuss des Sprengsatzes mit einer Wasserkanone aus Sicht des Gerichts keine Überraschung mehr darstellt.
Einzig der „fragile Aufbau“, so folgte der Richter der Argumentation der Bundesanwaltschaft, habe die Funktion der Bombe verhindert. Wäre sie professioneller montiert gewesen und hätten nicht Zeugen gegen die blaue Tasche getreten, hätte sie eine Vielzahl von Menschen, darunter viele Schulkinder verletzt oder getötet. Zumal, so der Vorsitzende, die Wirkung mit vier angeklebten Gaskartuschen noch hatte maximiert werden sollen.
In Niedersachsen war Marco G. nicht als gottesfürchtig aufgefallen, dafür als Schulschwänzer und Krimineller mit abgebrochener Berufsausbildung. Psychiater Norbert Leygraf attestierte ihm eine unterdurchschnittliche Intelligenz und geringe Leistungsbereitschaft. Sein Leben habe er fast durchweg von Sozialleistungen des Staates finan- zieren lassen, dem er so feindselig gegenüber stehe. Allen vier Tätern ist laut Gericht die Überzeugung gemein gewesen, dass der vermeintlichen Beleidigung des Propheten Mohammed mit Vergeltung zu begegnen sei. Pro NRW hatte im Landtagswahlkampf 2012 die Mohammed-Karikaturen des Dänen Kurt Westergaard genutzt. Endgültig bekräftigt habe die vier Salafisten eine Internetbotschaft der „Islamistischen Bewegung Usbekistan“mit der unmissverständlichen Forderung: „Tod der Pro NRW“. Zwei funktionstüchtige Pistolen, gelagert in der Bonner Wohnung des Haupttäters, lagen zur Ermordung des Rechtsanwalts bereit.
Das Gericht hat in dem Prozess an 155 Tagen verhandelt, 27 Sachverständige und 157 Zeugen wurden gehört. Am Abend kündigte die Verteidigung an, in die Revision zu gehen. „Dieses Urteil ist falsch. Der Wahlkampf hat begonnen“, sagte Strafverteidiger Peter Krieger.