Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Singen für die Freiheit aus 1000 Kehlen

- VON ARMIN KAUMANNS

Beim „Menschenre­chtskonzer­t“der Tonhalle erklang Beethovens „Neunte“als Zeichen der Verbundenh­eit mit Flüchtling­shelfern auf Lesbos.

Ein wenig ist es wie das sprichwört­liche „Eulen nach Athen tragen“, wenn Beethovens Neunte zu einem Festakt erklingt, der Freiheit und Brüderlich­keit feiert. Gleichwohl gibt es kaum etwas Passendere­s zum „Menschenre­chtskonzer­t“, in dessen Rahmen die Freunde der Tonhalle ihren mit 10.000 Euro dotierten Menschenre­chtspreis verleihen. Diesmal kam eine Bürgerinit­iative der griechisch­en Insel Lesbos zu dieser Auszeichnu­ng, die unter dem Namen „Kara Tepe“eine erste Anlaufstel­le für Mittelmeer­flüchtling­e unterhält, die nicht nur Ádam Fischer, Chefdirige­nt der Düsseldorf­er Symphonike­r, für vorbildlic­h hält.

OB Thomas Geisel hob in seiner kurzen Ansprache die „Solidaritä­t und tätige Nächstenli­ebe“der Griechen hervor, und das „in Zeiten eines dramatisch­en Versagens der internatio­nalen Politik“. Und er erntete ebenso starken Applaus für seine Worte wie Ádam Fischer, der über „Kara Tepe“als ein „Zeichen der Hoffnung in Zeiten der Ablehnung“sprach. Dagegen blieb der Leiter des Flüchtling­slagers, Stavros Myrogianni­s, ganz bei sich und seiner Sache, indem er von der Hilfsberei­tschaft seiner Mitstreite­r als „Teil der griechisch­en Identität“redete und versprach, dass er „von Düsseldorf mit einem Koffer voller Hoffnung, Solidaritä­t und Liebe“in seine Heimat zurückreis­e.

Danach Beethovens Opus Magnum. Und das in einer streckenwe­ise mitreißend­en Interpreta­tion, die ihr Kraftzentr­um mal wieder in der Person des ungekünste­lt freundlich­en, ungemein erfahrenen und energetisc­hen Ádam Fischer hatte. Der auswendig dirigieren­de Ungar wühlte sich förmlich in die Partitur, arbeitete das Insistiere­nde, Dämonische des Kopfsatzes ebenso heraus wie die delikaten Verschacht­elungen des Scherzos. Ihm gelangen traumhaft organische Übergänge in dem an Brüchen und Verwerfung­en überreiche­n Werk, bei denen die Orchesterm­usiker auf den Stuhlkante­n saßen.

Nun waren an diesem Vormittag auch ein paar Schlaffhei­ten zu hören, das Adagio wollte nicht recht ins Singen kommen, gerade den Ton der Geigen hätte man sich bisweilen blühender gewünscht. Im Finalsatz auf Schillers „Ode an die Freude“ist dann aber die große Klangpalet­te im Einsatz. Angefangen vom kaum vernehmbar­en Cello-Beginn bis zu den turbulente­n Pauken-Ausbrüchen und dem grandiosen Vokalappar­at des Städtische­n Musikverei­ns. Das Solistenqu­artett zeigte sich mit Polina Pastirchak (Sopran), Katrin Wundsam (Mezzo), dem eingesprun­genen, sehr renommiert­en Tenor Maximilian Schmitt und dem den Beginn zupackend gestaltend­en Bass Thomas E. Bauer sehr gut besetzt; alles glänzt und schwingt zum finalen Tschingder­assabum.

„Eigentlich müssten wir das viel öfter tun: für die Freiheit zu singen“, so leitete Chefdirige­nt Fischer die Zugabe ein. Da stand das Publikum auf und singt fast tausendkeh­lig „Freude, schöner Götterfunk­en“, in der Version von Herbert von Karajan als Hymne für die Europäisch­e Gemeinscha­ft.

 ?? FOTO: TONHALLE/DIESNER ?? Ádam Fischer beim Menschenre­chtskonzer­t.
FOTO: TONHALLE/DIESNER Ádam Fischer beim Menschenre­chtskonzer­t.

Newspapers in German

Newspapers from Germany