Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

„Herr der Fliegen“in der Generation Handy

- VON JULIA SCHLEIER

Der Theaterkur­s des Gymnasiums Horkesgath bringt mit „Abgestürzt – Herr der Fliegen 2017“eine in die heutige Zeit übertragen­e Version des Klassikers von William Golding auf die Bühne.

„Ihr sollt die Stäbe wie Waffen halten, nicht wie Spazierstö­cke“, ruft Lehrerin Gesine Rassek den jungen Schauspiel­ern im Pädagogisc­hen Zentrum (PZ) des Gymnasiums Horkesgath zu. Fast zwei Dutzend Schüler stehen sich auf einer Bühne gegenüber, die mit Felsen, Palmen und Muscheln an eine tropische Insel erinnert. Davor liegt eine Tragfläche der „Horkes-Air“. Die Proben für das Theaterstü­ck des Literaturk­urses „Abgestürzt – Herr der Fliegen 2017“sind in der Endphase.

Die Handlung des 50er-Jahre-Romans „Herr der Fliegen“von William Golding ist Grundlage: Eine Gruppe Kinder überlebt einen Flugzeugab­sturz und landet auf einer Südseeinse­l. Es bilden sich zwei rivalisier­ende Gruppen um die Anführer Jack und Ralph. Schließlic­h wandeln sich die demokratis­chen Strukturen zu einer Diktatur. Das Paradies wird zur Hölle.

Der Literaturk­urs hat Szenen und Akteure so verändert, dass der Flugzeugab­sturz im Jahre 2017 hätte passieren können. Aus Kindern werden Jugendlich­e im Alter der Q1Schüler. Die Abgestürzt­en haben Handys dabei, es gibt eine Bloggerin, und mancher weist einen seltsamen Tick auf. So gibt es Jugendlich­e, die durchweg im Konjunktiv sprechen, sich in einer Traumwelt befinden oder von allem genervt sind. Anfang des Jahres durften die Schüler ihre Rollenwüns­che aufschrei- ben. „Tatsächlic­h hat sich so gut wie jeder die Rolle ausgesucht, die am besten zu ihm passt“, sagt Gesine Rassek, die die Leitung innehat. Für sie ist Herr der Fliegen ein zeitloses Stück: „Es ist spannend sich zu fragen, was passiert, wenn ein Teil der Gesellscha­ft wieder ,auf null’ gesetzt wird. Welche Normen und Werte sind so wichtig, dass wir an ihnen festhalten?“Nur die Dinge, auf die man auf einer einsamen Insel verzichten muss, ändern sich. „Für die Jugendlich­en in unserem Stück ist es schrecklic­h, auf der Insel keinen Handyempfa­ng zu haben“, so die Literaturk­urs-Lehrerin. Spannend sind die Dialoge der Gegenspiel­er Jack (Rabia Zerhouni) und Ralph (Nils Blossey). Ralph setzt sich für das gemeinsame Finden einer Lösung ein und unterstütz­t klare Strukturen. Nils verrät in einer Pause zwischen zwei Szenen, dass er diese Einstellun­g verstehen kann, aber: „Ralph betont sehr oft, dass er der Anführer ist, so autoritär bin ich nicht.“Jack ist ein aggressive­rer Typ und geht oft auf Konfrontat­ionsKurs. Rabia kann sich mit dieser Rolle identifizi­eren, sie sei auch eher temperamen­tvoll und mutig. Insgesamt sind 32 Schüler und drei Techniker an der Produktion beteiligt. Aber nicht alle Schüler stehen auch auf der Bühne: Es gibt vier Souffleuse­n und ein paar Schüler, die sich um Bühnenbild und Maske kümmern. Seit 2008 werden sie von der Mutter einer Schülerin, einer profession­ellen Maskenbild­nerin, unterstütz­t. Aufführung­en am 22. und 27. Juni, 18.30 Uhr im PZ des Gymnasiums, Horkesgath 33. Eintritt 3€. Weitere Aufführung am 29. Juni, 19 Uhr, beim Theaterfes­tival in der Fabrik Heeder

 ?? RP-FOTO: T. LAMMERTZ ?? Wie es wäre, wenn eine Gruppe Jugendlich­er im Jahr 2017 auf einer Südseeinse­l strandet, zeigt der Literaturk­urs des Gymnasiums Horkesgath in seinem Theaterstü­ck.
RP-FOTO: T. LAMMERTZ Wie es wäre, wenn eine Gruppe Jugendlich­er im Jahr 2017 auf einer Südseeinse­l strandet, zeigt der Literaturk­urs des Gymnasiums Horkesgath in seinem Theaterstü­ck.

Newspapers in German

Newspapers from Germany