Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
HUBERTUS HEIL „Mit der SPD kommt die Ehe für alle in den ersten 100 Tagen“
Der SPD-Generalsekretär spricht vor dem Parteitag über schlechte Umfragen, Tricks der Union und Voraussetzungen für künftige Bündnisse.
Herr Heil, kennen Sie die Kindergeschichte vom Hasen und vom Igel? HEIL Ja, die kenne ich sehr gut. Wenn der Hase das Wettrennen verliert, sagt man in meiner norddeutschen Heimat auf Plattdeutsch: „Ick bün all dor“, „ich bin schon da!“ Wenn Sie auf die Umfrageergebnisse von 40 Prozent für die Union und 24 Prozent für die SPD schauen, sind Sie doch der Hase und die Union der Igel. HEIL Falsch, es ist genau andersherum! Die SPD ist inhaltlich doch längst da. . . . . . oder rennt vorweg und verliert trotzdem? HEIL Wir sind der Igel! Aber ernsthaft: Fabeln helfen uns nicht weiter. Wir haben in jüngster Vergangenheit Wahlen erlebt, bei denen alle schon Wochen zuvor dachten, sie seien längst entschieden. Und am Ende kam dann doch alles anders. Ich bin mir sicher, dass das Rennen um das Kanzleramt offen ist. Und wie wollen Sie den Abwärtstrend in den Umfragen stoppen? HEIL Der Bundestagswahlkampf wird jetzt erst richtig losgehen. Wir haben in den letzten Tagen seriöse Konzepte für die Bereiche Bildung, Sicherheit, Rente und Steuern vorgelegt. Damit zeigen wir den Bürgerinnen und Bürgern, dass wir klare Ideen für die Zukunft Deutschlands haben. Von der Union hingegen kommt bislang gar nichts. Ich empfinde es als demokratieverachtend, dass die Union sich bisher weigert, ihre Inhalte vor der Wahl zu präsentieren. Die Wähler haben etwas anderes verdient, nur Abwarten reicht nicht mehr. Im Wettstreit um die besten Konzepte wird am Ende die SPD vorne liegen. Sie sprechen von Geschlossenheit in der SPD, die Jusos wollen aber etwa die Vermögensteuer noch ins Programm bringen. Erwarten Sie Streit beim Parteitag am Wochenende? HEIL Selbst wenn es Diskussionen geben wird, bringt mich das nicht aus der Ruhe. Übrigens loben ja auch die Jusos das Finanzkonzept von Martin Schulz. Die Linken und Grünen haben ihre Parteitage schon hinter sich. Sehen Sie keine Probleme für eine mögliche Koalition mit den Grünen? HEIL Die Grünen sind uns wesentlich näher, schon wegen gemeinsamer Regierungsarbeit in der Vergangenheit. Einzelne Beschlüsse sind aber fern der Realität und für die SPD nicht tragbar. Eine Abkehr vom Verbrennungsmotor schon bis 2030 würde in einem Koalitionsvertrag mit uns keinen Platz haben. Dazu wissen wir zu gut, was ein solcher Strukturwandel mit sich brächte. Aber auch wir wollen den Umstieg bei Antrieben auf absehbare Zeit. Ist die Forderung nach der Ehe für alle für die SPD auch Voraussetzung für eine nächste Koalition? HEIL Egal in welcher Koalition: Wenn die SPD in der nächsten Regierung sein wird, setzen wir die Ehe für alle innerhalb der ersten 100 Tage um. Es ist völlig rückständig von der Union, an dieser Ungleichbehandlung festzuhalten. Der Staat darf nicht vorschreiben, wer wen lieben soll. Was machen Sie eigentlich, wenn Sie die Union ins Leere laufenlässt? HEIL Das ist eine Debatte über Taktik, die nicht weiterhilft. Wir konzentrieren uns auf unsere Inhalte und unsere klare Nummer eins, Martin Schulz. JAN DREBES UND EVA QUADBECK FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.