Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Koalitionsvertrag mit Fallstricken
Die neue NRW-Landesregierung verspricht viel. Doch schon jetzt zeichnet sich ab: So manches davon wird sich nur schwer umsetzen lassen.
DÜSSELDORF Die erste Verzögerung in den Koalitionsverhandlungen gab es erst bei der Vertragsunterzeichnung: Das Flugzeug, in dem FDP-Chef Christian Lindner und der künftige NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) aus Berlin anreisten, hatte Verspätung. Ansonsten gab es bei den Koalitionsverhandlungen keine größeren Probleme – die Verhandlungsführer Lindner und Armin Laschet (CDU) brauchten nur sechs Wochen. Schwieriger wird die Umsetzung. Der Vertrag birgt Fallstricke. Polizei CDU und FDP wollen die Ausbildungskapazitäten des Landes maximal ausschöpfen und die Zahl der neu eingestellten Anwärter um 300 auf 2300 pro Jahr erhöhen. Das Versprechen aus dem Koalitionsvertrag: „Wir brauchen mehr Polizei auf der Straße.“Polizei-Gewerkschafter Arnold Plickert hat aber ausgerechnet, dass die zusätzlichen Polizeianwärter sich frühestens in drei Jahren auswirken, weil ihnen zunächst eine Pensonierungswelle gegenübersteht. Auch die 500 Verwaltungsassistenten, die pro Jahr eingestellt werden sollen, könnten dies nicht vollständig kompensieren. Bosbach-Kommission Unter der Regie des CDU-Innenexperten Wolf- gang Bosbach will Laschet eine neue Sicherheitsarchitektur erarbeiten lassen. Lindner setzte aber den linksliberalen Bürgerrechtspolitiker Gerhart Baum neben Bosbach in der Kommission durch. Bosbach steht für harte Maßnahmen. Es geht also kaum ohne eine Ausweitung der Überwachung und eine Beschränkung von Handlungsspielräumen für Verdächtige. Genau das aber ist mit Baum nicht zu ma- chen. Baum ist ein ÜberwachungsSkeptiker, er legt großen Wert darauf, dass ein bloßer Verdacht keine ausreichende Grundlage ist. Die unterschiedlichen Auffassungen könnten die Kommission blockieren. Haushalt Mehr Lehrer, mehr Polizei, schnellere Baustellen sowie mehr Geld für Kommunen und Kitas. Laut Koalitionsvertrag wollen CDU und FDP in etlichen Bereichen mehr Geld ausgeben. Gleichzeitig verzichten sie etwa mit den angekündigten Freibeträgen bei der Gewerbesteuer auf Einnahmen. CDU und FDP bekennen sich zwar allgemein zur Schuldenbremse, machen aber bislang kaum Angaben zu ihrer Finanzierungsstrategie. Tobias Hentze vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln ist skeptisch: „Viele neue Versprechen bei gleichzeiti- gem Verzicht auf Einnahmen etwa bei der Grunderwerbsteuer – da wird es schwer, einen ausgeglichenen Haushalt zu präsentieren.“
Zwar sprudeln dank guter Wirtschaftslage die Steuerquellen. Aber dieses Geld darf Schwarz-Gelb eigentlich nicht zur Finanzierung von Wahlversprechen verwenden. Denn das Mantra beider Parteien zu Oppositionszeiten war stets: Zusätzliche Steuereinnahmen müssen in
CDU und FDP wollen, dass Geschäfte in Innenstädten künftig doppelt so oft sonntags öffnen können, nämlich achtmal im Jahr. Damit soll der Handel der Online-Konkurrenz besser standhalten können. Doch die Umsetzung könnte mit höchstrichterlicher Rechtsprechung in Konflikt geraten. Ein öffentliches Interesse müsse hinreichend gewichtig sein, um eine Ladenöffnung am Sonntag zu rechtfertigen, hieß es in einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom Mai. Auch die Kirchen hatten bisher ihren Einfluss geltend gemacht, um weitere Sonntagsöffnungen zu verhindern. Einwanderungsgesetz Um eine „gesteuerte qualifizierte Einwanderung und einen konsequenten Flüchtlingsschutz zu ermöglichen“, will Schwarz-Gelb eine Bundesratsinitiative für ein Einwanderungsgesetz auf den Weg bringen. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat ist es aber ungewiss, ob dies durchsetzbar ist.