Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Übernahmen halten die Wirtschaft in Schwung
Bei Firmenkäufen und -verkäufen werden unterm Strich Milliardensummen bewegt. Welche Rolle der Standort Düsseldorf dabei spielt, welche Trends das Transaktionsgeschäft bewegen und was Firmenübernahmen mit dem Zinsniveau zu tun haben – über all das diskutierten Experten beim RP-Wirtschaftsforum „Mergers & Acquisitions“.
Das Geschäft der Firmenkäufe und -verkäufe, in Fachkreisen auch Transaktionen oder kurz M&A (Mergers and Acquisitions, also Fusionen und Übernahmen) genannt, brummt derzeit. Auch im Raum Düsseldorf, wobei hier vor allem das M&A-Geschäft im Mittelstand stark ist. Das ist ein wichtiges Ergebnis der Diskussion der Transaktionsexperten beim zweiten RP-Wirtschaftsforum „Mergers & Acquisitions“.
In der Region gibt es zahlreiche Unternehmen, die als Kaufkandidaten in Frage kommen. „Viele Verkäufer haben im Ruhrgebiet, in Westfalen, im Sieger- und im Sauerland ihren Sitz, sie sind alle von Düsseldorf aus gut zu erreichen“, sagt Christian Grandin vom internationalen M&A Beratungsunternehmen Livingstone. Das gelte auch für die Benelux-Länder, fügt Dr. Michael Tigges von der Sozietät Tigges Rechtsanwälte hinzu, deren Polen-Geschäft auch durch die Städtepartnerschaft Düsseldorf/Warschau beflügelt werde.
Die traditionelle Rolle des Ruhrgebiets als Energiestandort wirke sich heute spürbar im Transaktionsgeschäft aus, ergänzt Dr. Björn Neumeuer von der Anwaltsgesellschaft Hoffmann Liebs Fritsch & Partner (HLFP). Akteure seien hier neben den großen Energieversorgern auch Stadtwerke und regionale institutionelle Investoren und Finanzierer. „Ein Vorteil Düsseldorfs ist das große Netzwerk von Kanzleien, Banken und M&A-Beratern, das Transaktionen glatt durchlaufen lässt“, sagt Dr. Jörn-Christian Schulze von der Wirtschaftskanzlei Arqis Rechtsanwälte, der zudem die Rolle des Flughafens als Verkehrsdrehkreuz betont. Auch Matthias Just (Mayland AG) stellt die Bedeutung des Flughafens heraus und sagt in dem Zusammenhang: „Düsseldorf hat einen sehr guten Ruf als Beratungstandort, die Internationalität ist hoch.“
Bei ganz großen Übernahmen fällt indes der Name Düs- seldorf eher selten. Dafür fehle hier mittlerweile die Finanzierung-Kompetenz, stellt Josef Rentmeister von der Beratungsgesellschaft Transforce Mergers & Acquisitions fest; Schulze fügt hinzu, dass deutsche Private Equity-Finanzierungen vor allem in Frankfurt abgewickelt werden.
Wer sich das M&A-Geschäft anschaut, macht eine ähnliche Beobachtung wie im Immobiliensektor oder sogar am Aktienmarkt: Die Preise steigen unaufhörlich an. Für die Experten liegen die Ursachen auf der Hand: „Es gibt keinen Zins mehr“, nennt Dr. Maximilian A. Werkmüller von der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Lohr & Company das zentrale Stichwort. Kapital wandert in andere Investments. Und wer ein Unternehmen verkauft, „will einen risi- kolosen Zins auf den Preis draufgepackt bekommen“, erklärt Werkmüller, denn schließlich hat der Verkäufer nun statt des Sachwerts Geld, für das er zunächst keine Zinsen mehr bekommt. Das hindert viele überhaupt am Verkauf ihres Unternehmens, stellt Rentmeister fest. Matthias Just von der M&A-Beratung Mayland stellt aber zugleich heraus, dass Unternehmen nicht bereit sind, jeden Fantasiepreis für ein Asset zu bezahlen; „die Preise müssen realistisch bleiben“.
Da angesichts des Zinsniveaus die Renditen allgemein gesunken sind, aber gleichen Zuge auch die Profitabilität der Unternehmen gestiegen ist, komme es zu einem „exponenziellen Zuwachs der Unternehmenswerte“, sagt Grandin. Pensionsfonds und Lebensversicherungen müssten schauen, wie sie Renditen für ihre Garantieversprechen erwirtschaften, und so fließt viel Kapital in Private Equity-Fonds.
Bei Unternehmen gibt es als Mess- und Vergleichsgröße für den Wert die so genannten Ebitda-Multiplikatoren. Erträge vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen werden mit Faktoren multipliziert ähnlich wie bei Immobilien der Nettoverkaufswert, um daraus Richtgrößen für den Verkaufspreis zu ermitteln. Diese Multiplikatoren seien „extrem stark gestiegen“, konstatiert auch Schulze. Im Frühjahr stellte er indes eine Zunahme bei Verkäufen fest. Als Ursache sieht er Sorgen vor möglichen Steuererhöhungen nach der Bundestagswahl.
Stichwort Immobilien: Auch hier gehören einige Geschäfte in den M&A-Sektor, bemerkt Werkmüller. Insbesondere Spezialimmobilien, zum Beispiel Hotels oder Einkaufszentren, werden von Investoren gerne als Share Deals getätigt, bei denen die Käufer Anteile an Objektgesellschaften kaufen, denen die Immobilien gehören. Unter dem derzeitigen Anlagedruck werden solche Transaktionen nach Beobachtung von Werkmüller häufig sogar schon vor Beginn eines solches Projektes getätigt.
Als weiteren Treiber fürs M&A-Geschäft macht Tigges den Brexit aus. Viele Unternehmen wollen die britische Unternehmensform Ltd. in eine deutsche GmbH umwandeln. Zudem belebe die Umstellung auf E-Mobilität das Geschäft. Insbesondere bei Automobilzulieferern, die nur herkömmliche Technologien herstellen, macht sich nach seiner Beobachtung Panik breit. „Viele sind auf der Suche nach Start-ups, um Zugang zu neuen Technologien zu bekommen.“Da die Automobilbranche zu den zentralen Wirtschaftssektoren Deutschland gehöre, könne sich dies zum Problem für die gesamte Wirtschaft auswachsen, ergänzt Schulze. „Unternehmen aus der Zulieferbranche verkaufen derzeit schneller“, beobachtet der Jurist.
In der Region gibt es zahlreiche Unternehmen, die als Kaufkandidaten in
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