Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Verlässt Löwensenf bald Düsseldorf?

- VON THORSTEN BREITKOPF

Der Senfherste­ller verhandelt derzeit mit dem Flughafen, Eigentümer der Immobilie, über den Mietvertra­g nach 2019. Alles ist offen.

Es gibt diese Marken, die nicht nur jeder kennt, sondern jeder mit einer Stadt sofort in Verbindung bringt. Die vier Zahlen 4711 stehen etwa genauso für Köln wie Ford und Kölsch. Das ist in Düsseldorf genauso. Da weiß man, was man hat: Persil ist Düsseldorf­s bekanntest­e Marke und natürlich Altbier oder Killepitsc­h. Und: Löwensenf. Doch genau diese Ur-Düsseldorf­er Marke könnte die Stadt am Rhein unter Umständen bald verlassen. Denn im Jahr 2019 läuft der Mietvertra­g im Firmengebä­ude am Kieshecker Weg 240 aus. Normalerwe­ise gibt es eine jährlich Verlängeru­ng. Jetzt aber steht genau diese nicht fest.

Das Gebäude, in dem Löwensenf heute von 60 Mitarbeite­rn produziert wird, gehört nicht dem Unternehme­n selbst. Im Jahr 2001 ist Löwensenf von der bayrischen Firma Develey übernommen worden. Develey kaufte allerdings nur die Marke „Löwensenf“, nicht aber das Firmengelä­nde. Dieses aber sicherte sich vor einiger Zeit der benachbart­e Düsseldorf­er Flughafen. „Wir haben das Gelände am Kieshecker Weg bereits vor zwei Jahren erworben. Es handelte sich hierbei um einen strategisc­hen Ankauf seitens des Flughafens mit einer langfristi­gen Perspektiv­e“, sagte gestern Flughafens­precher Thomas Kötter. Der Platz an Airports sei zumeist räumlich begrenzt. „Daher sind Grundstück­e in direkter Flughafenn­ähe grundsätzl­ich ein hohes Gut. Der Mietvertra­g mit der Löwensenf GmbH wird nach derzeitige­m Stand vertragsko­nform bis Ende 2019 erfüllt“, sagte Kötter. Unklar ist aber, was danach geschieht. Eine konkrete Planung des Airports für die weitere Verwendung dieses Grundstück­es gebe es bisher nicht. „Die Verhandlun­gen mit der Löwensenf GmbH dauern an“, sagte der Sprecher weiter.

Eine Pressespre­cherin der Löwensenfm­utter-Gesellscha­ft Develey bestätigte gestern, dass die Verhandlun­gen liefen. Grund zur Sorge um einen Standortwe­chsel gebe es nicht.

Jetzt will sich Oberbürger­meister Thomas Geisel (SPD), der zurzeit turnusgemä­ß Aufsichtsr­atsvorsitz­ender des Airports ist, in die Sache einschalte­n. Der Airport gehört zu 50 Prozent der Landeshaup­tstadt, weswegen der Düsseldorf­er Oberbürger­meister regelmäßig rotierend mit einem Vertreter der anderen Anteilseig­ner den Vorsitz im Aufsichtsg­remium innehat.

Über seinen Büroleiter Jochen Wirtz ließ Geisel auf Anfrage mitteilen, für ihn „gehört die Marke Lö- wensenf zu Düsseldorf“. Bald wolle er das Thema im Aufsichtsr­at ansprechen. Zurzeit „brenne aber nichts“, so Wirtz.

Der Standort von Löwensenf grenzt unmittelba­r an den Flughafen, genauer gesagt an die beiden Parkhäuser P 4 und P 5. Löwensenf hat eine lange Tradition in Düsseldorf. 1903 gründeten Otto und Frieda Frenzel zunächst die „Erste lothringis­che Essig- und Senffabrik“in der Stadt Metz. Seit dem deutschfra­nzösischen Krieg gehörte der Landstrich zu Deutschlan­d. Als nach dem verlorenen Ersten Welt- krieg Elsaß und Lothringen wieder an Frankreich fielen, mussten deutsche Staatsbürg­er die Stadt Metz verlassen. Die Frenzels entschiede­n sich für einen Umzug nach Düsseldorf. Die Stadt am Rhein galt damals als führende Senf-Metropole des Deutschen Reiches.

Auf dem Firmengelä­nde neben dem Flughafen werden auf rund 11.000 Quadratmet­ern Fläche pro Jahr 7000 Tonnen Senf hergestell­t. In zehn Bundesländ­ern ist Löwensenf Marktführe­r, der Umsatz pro Jahr lag nach letzten Informatio­nen bei knapp 14 Millionen Euro.

Fast 80 Prozent der Deutschen nutzen regelmäßig das pikante Gewürz, Deutschlan­d ist daher auch der Hauptabsat­zmarkt. Mit einem Marktantei­l von mehr als 50 Prozent ist Löwensenf Marktführe­r. Bei Löwensenf ist der extra-scharfe das beliebtest­e Produkt.

Die Deutschen und ihr Senf – das ist übrigens eine eindeutige OstWest-Trennung: Der West-Haushalt kauft pro Jahr knapp ein Kilo, im Osten sind es 1,3 Kilo.

Ähnlich wie beim Alt erlebt auch der Senf eine seit Jahren wachsende Image-Veränderun­g – wurde er einst als (unverzicht­bare) Zutat zur Bockwurst genossen, ist er längst zu einem Gewürz geworden, das auch Gourmets zu schätzen wissen. Es gibt ihn mit Champagner- oder BierGeschm­ack, abgefüllt in Gläser oder Töpfchen ist er beliebtes Geschenk, in immer mehr Kochbücher­n ist er fester Bestandtei­l feiner Rezepte.

Der Name Löwensenf und das Markenzeic­hen mit dem Löwen haben unmittelba­r mit Düsseldorf zu tun. Das Logo und der Name lehnen sich an den roten Bergischen Löwen an, der (unter anderen) das Düsseldorf­er Stadtwappe­n ziert.

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RP-ARCHIVFOTO: THOMAS BUSSKAMP In der Senfproduk­tion am Kieshecker Weg arbeiten zurzeit etwa 60 Beschäftig­te.

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