Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Galeria Kaufhof will bei den Gehältern sparen
Der Warenhauskonzern möchte einen eigenen Tarifvertrag. Im Gespräch ist auch ein Verzicht auf Weihnachts- und Urlaubsgeld.
KÖLN Als die Metro im September 2015 Galeria Kaufhof an die kanadische Hudsons’s Bay Group (HBC) abgab, verständigten sich Käufer und Verkäufer darauf, dass das Kölner Warenhausunternehmen auf jeden Fall bis Ende September 2020 in der Tarifbindung bleiben sollte. Das klang für viele, vor allem für die Mitarbeiter, wie eine willkommene Sicherung des Status quo für fünf Jahre. Dem ist aber nicht mehr so. Bei Galeria Kaufhof sind die Probleme so massiv geworden, dass die Geschäftsführung auf einen eigenen Tarifvertrag drängt. Das bedeute nicht den Ausstieg aus der Tarifbindung, betont das Unternehmen zwar. Aber solche juristischen Interpretationen dürften den Mitarbeitern, denen es ans Geld gehen soll, ziemlich egal sein.
Und ans Geld gehen soll es auf jeden Fall. Zum Themenkatalog, den Kaufhof mit der Gewerkschaft Verdi diskutieren will, gehören angeblich Gehaltskürzungen bis zu fünf Prozent und der Verzicht der Belegschaft auf Weihnachts- und Urlaubsgeld für mehrere Jahre. Details dazu sollen mit Verdi möglichst bis Weihnachten verhandelt werden. Im Gegenzug winkt Galeria Kaufhof damit, dass der vor zwei Jahren mit der Metro vereinbarte Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen über den September des kommenden Jahres hinaus verlängert werden könnte. Eine Rückkehr zur 40-Stunden-Woche strebt das Unternehmen nicht an. Aber ausgeschlossen sei auch das nicht, heißt es im Kaufhof-Umfeld.
Das hieße dann: Mehr arbeiten für weniger Geld. Die Stimmung in der Kölner Zentrale sinkt weiter. Aber die Geschäftsführung sieht offenbar keine Alternativen zum Sparprogramm. Das Sparziel sei ein mittlerer zweistelliger Millionenbetrag, heißt es aus Kaufhof-Kreisen. „Unser Ziel ist es, das Unternehmen wieder nachhaltig profitabel zu machen und für die Zukunft eine wettbewerbsfähige Kostenstruktur, ein- schließlich der Löhne, zu schaffen“, erklärte gestern Kaufhof-Chef Wolfgang Link. In den vergangenen zwei Jahren seien „enorme Veränderungsprozesse in Gang gesetzt“worden, aber das reiche nicht. Veränderungsprozesse – dahinter verbergen sich unter anderem die Modernisierung der bestehenden Filia- len und der Versuch, das Online-Geschäft des Unternehmens auszubauen.
Aber vermutlich hat HBC die Probleme im deutschen Warenhausgeschäft unterschätzt. Tatsächlich gingen die Umsätze zuletzt immer weiter zurück, es gab zwischenzeitlich Ärger mit Warenkreditversiche- rern, die Unruhe in der Kölner Zentrale wuchs – auch weil der Belgier Olivier van den Bossche als Vorsitzender der Geschäftsführung zurücktrat, nachdem sich HBC für Wolfgang Link als Europa-Chef entschieden hatte. Van den Bossche hat mittlerweile bei der Metro angeheuert.
Dass Galeria Kaufhof die Notbremse ziehen würde, hatte sich womöglich schon im Frühjahr angedeutet. Damals hat es wohl schon erste Gespräche mit Verdi gegeben. Seinerzeit hatte die Gewerkschaft allerdings noch erklärt, es handele sich lediglich um einen „Gedankenaustausch“.
Über reine Gedankenspiele sind die Beteiligten offenbar längst hinaus. Zumindest so lange, bis die Sparmaßnahmen greifen, wollen die Kölner ein eigenes Vertragswerk für die Entlohnung der rund 21.500 Köpfe starken Belegschaft. Ob Verdi sich auf solche Gespräche einlässt, hängt laut Vorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger davon ab, was ein Gutachter zu den Geschäftszahlen von Galeria Kaufhof sagt. Diesen Gutachter will Verdi benennen. „Für die Zukunft sind überzeugende Konzepte wichtig, wie der Umsatz gesteigert werden kann. Personalkostenreduzierungen sind keine nachhaltigen Lösungen“, erklärte Nutzenberger.
Aber im Einzelhandel offenbar die bevorzugten, wenn es darum geht, der Umsatzverlagerung ins Internet etwas entgegenzusetzen. Amazon und Co. haben den stationären Einzelhandel in den vergangenen Jahren immer stärker in die Bredouille gebracht. Auch das ist der Grund für regelmäßige Spekulationen über ein Zusammengehen der großen deutschen Warenhaus- konzerne Kaufhof und Karstadt. Die werden regelmäßig von interessierter Seite mit der Ankündigung befeuert, dass der KarstadtEigentümer Signa Kaufhof übernehmen wolle. Doch René Benko, das Gesicht von Signa, ist mit entsprechenden Avancen in Köln bisher regelmäßig abgeblitzt.
Kaufhof braucht besseres Konzept
Natürlich haben es Kaufhäuser in Zeiten des Online-Handels viel schwerer als früher, und natürlich macht das Wetter der vergangenen Jahre den Kleidungsverkäufern das Kalkulieren schwer. Diese Argumente allein taugen aber nicht als Begründung dafür, dass Galeria Kaufhof jetzt die Notbremse zieht. Das Unternehmen hat zu spät mit der Modernisierung seiner Filialen angefangen, und es ist zu spät auf den Online-Zug aufgesprungen. Das muss auch dem neuen Eigentümer HBC klar gewesen sein, als er 2015 seine Wachstumspläne mit viel Tammtam verkündete. Jetzt muss er kleinlaut auf Sparkurs gehen. Ob das hilft, bleibt abzuwarten. Der Belegschaft ist bei einer Einigung mit Verdi vielleicht eine Atempause für drei bis vier Jahre verschafft. Und dann? Es fehlt immer noch ein tragfähiges Konzept für das Warenhaus der Zukunft. Solange die Kanadier das nicht vorlegen, droht ihrem Europa-Engagement ein Flop – mit bösen Folgen für Galeria Kaufhof und deren Belegschaft.
Georg Winters