Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Sieben goldene Rhetorik-Regeln
Mit Ohröffner und Schneeballschlacht: So gelingen spannende Vorträge an der Hochschule und später dann auch im Beruf.
BERLIN (dpa) Gähnend langweilig. Verwirrend und verworren. Endlos lang. Es gibt viele Arten, einen Vortrag zu vermasseln. Für die Karriere ist es aber unerlässlich, auch bei Präsentationen und Ansprachen eine gute Figur abzugeben. Oft aber sieht es bei Vorträgen leider so aus: Der eine kommt nicht zum Ende, der andere einfach nicht auf den Punkt. Der nächste ist furchtbar nervös und entschuldigt sich erst einmal langatmig dafür. Um dann gefühlte 100 Powerpoint-Folien zu präsentieren. Keine Frage, bei Vorträgen kann einiges schiefgehen.
Doch schon als Student beim Uni-Referat ist rhetorisches Können immens wichtig. Und es gilt erst recht für Berufstätige, ob bei An-
„Ein Vortrag wird nicht besser dadurch, dass man alles hineinstopft,
was man weiß“
Margit Hertlein
Coach für Vortragende
sprachen im Meeting oder Präsentationen vor versammelter Belegschaft. Denn dabei kommt es nicht nur darauf an, was man sagt. Sondern auch darauf, wie man es „rüberbringt“. Eine erste Hilfe können darum diese sieben Grundregeln für einen gelungenen Vortrag sein: Einstieg mit Hallo-wach-Effekt Zu Beginn ist es wichtig, die volle Aufmerksamkeit zu bekommen. Rhetoriktrainer Gert Schilling aus Berlin empfiehlt hierzu einen „Ohröffner“: Das könne ein Witz oder eine persönliche Geschichte sein. So etwas müsse aber einen Bezug zum Thema haben, ergänzt Gerriet Danz, Kommunikationscoach aus Hamburg. Er hat sich beispielsweise bei einem Vortrag über Kreativität zum Einstieg einmal hinter das Publikum gestellt. Die Bühne war leer, und die Zuhörer mussten sich zu ihm umdrehen. So wollte Danz zeigen, dass kreatives Denken oft einen Perspektivwechsel verlangt. In der Kürze liegt die Würze Ein typischer Anfängerfehler ist es, den Vortrag zu überfrachten, sagt Margit Hertlein, Vortragsrednerin und Coach aus Weißenburg in Bayern. „Ein Vortrag wird nicht besser dadurch, dass man alles hineinstopft, was man weiß.“Schilling vergleicht das mit dem Packen eines Wanderrucksacks: Er darf nicht zu voll werden – sonst wird die Wanderung zur Qual. Es gehe darum, das Wichtige und Wesentliche in wenigen Worten zu vermitteln. Sein Tipp lautet daher: „Radikal reduzieren!“ Kernbotschaften wiederholen Am besten notieren Redner sich die Kernbotschaften, die sie auf jeden Fall rüberbringen wollen, rät Hertlein. Diese sollten sie bereits in der Einleitung vorstellen und zum Schluss noch einmal wiederholen. „Dann bleiben sie besser hängen“, erklärt Danz. Dabei dürfen sie ruhig etwas zuspitzen: „Also nicht sagen: Mein Thema heute ist Marketing – das interessiert keinen. Eine steile These wie „Online-Marketing ist tot“dagegen schon eher. Zuhörer einbinden Die Zuhörer schalten schnell ab, wenn sie sich quasi ausgesperrt fühlen. Um sie aktiv einzubinden, eignen sich Fragen ans Publikum, empfiehlt Hertlein. Der Klassiker: Ein Problem schildern und in die Runde fragen: „Wer von Ihnen kennt das?“Dann bittet man um Handzeichen. Die Variante für Fortgeschrittene: statt die Hand zu heben, müs- sen Teilnehmer summen. Der Vortragende kann auch Zettel verteilen, mit denen Zuhörer sich einbringen können. Eine kreative Variante hiervon ist eine Schneeballschlacht, erklärt Hertlein. Dabei schreiben Teilnehmer Fragen auf Papier, knüllen es zusammen und werfen die Kugeln auf die Bühne. Ein guter Einstieg für eine Diskussionsrunde nach dem Vortrag. Dauer realistisch abschätzen Es ruiniert den besten Vortrag, wenn man sich verkalkuliert und am Ende alles nur noch schnell he- runterrattert. Die Dauer des Vortrags muss man daher realistisch einschätzen. Dazu übt man ihn am besten vorher einmal laut vor einem Bekannten – und klickt sich nicht nur durch die Folien. „Man unterschätzt die Zeit leicht“, warnt Hertlein. Richtige Technik Hier gilt das Motto: Weniger ist mehr. Man darf den Vortrag nicht eins zu eins auf Powerpoint-Folien übertragen. Sonst hört keiner mehr zu, sondern alle lesen nur mit, erklärt Schilling. „Betreutes Vorlesen“
In diesen Tagen verschicken die Hochschulen die ersten Zulassungen zum Studium, und manchen Abiturienten wird ganz mulmig, wenn sie einen Studienplatz bekommen haben, für den sie sich ganz kurz vor Bewerbungsschluss nur halbherzig beworben hatten.
Da steht nun plötzlich ein neuer Lebensabschnitt an, der bisher noch nicht wirklich fühlbar war: Nach dem Abi ging es in die Ferien, wie sonst auch nach dem Schuljahrsende. Alle Freunde sind noch hier, einzelne haben in der Nähe eine Ausbildung angefangen, aber auch die kann man am Wochenende weiterhin treffen. Und nun kommt die Zusage für den Studienplatz, mit dem man sich auf eine Stadt, auf ein Fach festlegt, mit dem man aber auch alle anderen Optionen nicht wahrnimmt. Das ist so ein Gefühl, wie es in Hollywood-Filmen ausgeschmückt wird, wenn die Braut am Tag der Hochzeit kalte Füße kriegt. Im Film gibt es dann zwei Handlungsmöglichkeiten: Entweder hält der Zuschauer zum Bräutigam, der ein feiner Kerl ist, die Braut besinnt sich, Vortragende dürfen den Ausstieg nicht vergessen: „Der erste Eindruck entscheidet, aber der letzte Eindruck bleibt“, erklärt Schilling. Wichtig für den gelungenen Schlusspunkt ist, dass Zuhörer die Struktur nachvollziehen können. Hierfür sollte man beim Vortrag einen Bogen spannen. Dazu dient ein Dreischritt: Der Redner kündigt zuerst seine Kernpunkte an. Dann geht er die Punkte durch. Und am Ende fasst er sie noch einmal zusammen. „Beim letzten Punkt bricht es dann oft ab“, sagt Hertlein. „Das zerfasert und endet im Larifari.“Besser ist: Zum Einstieg eine Geschichte beginnen und sie erst am Schluss des Vortrags auflösen.
Panik vor dem Studienstart?
und es gibt es Happy End. Oder der Zuschauer hat den Bräutigam längst als den Falschen entlarvt; die Braut klettert aus dem Fenster, die wahre Liebe taucht wieder auf, und auch hier gibt es schließlich ein Happy End. Und wo jetzt der Bezug zum Studienplatz ist, fragen Sie sich? Nun, so wie wir Zuschauer den Bräutigam kennen lernen müssen, um uns das eine oder andere Filmende zu wünschen, so muss man sich auf ein unbekanntes Studienfach einlassen, um ihm nach einer „Verlobungszeit“von zwei Semestern das Ja-Wort oder den Laufpass zu geben. Jedes Fach hat eine Chance verdient. Also, lernen Sie es kennen!
Und für den möglichen Fachwechsel müssen Sie nicht mal aus
dem Fenster klettern.