Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Luftfahrtbehörde prüft Ehrenrunde
Als „echten Vollidioten“bezeichnet ein Manager von Air Berlin den Piloten, der direkt vor dem Terminal durchstartete – die Pilotengewerkschaft spricht dagegen von einem „sehr feierlichen Abschied“für die Langstrecke von Air Berlin.
DÜSSELDORF Das spektakuläre Durchstarten eines Air-Berlin-Jets am Montag am Düsseldorfer Flughafen wird Konsequenzen haben. Das Luftfahrtbundesamt überprüft, ob der Pilot mit der Aktion möglicherweise die Sicherheit im Luftverkehr gefährdet hat oder verschiedene Vorschriften verletzte. Ein Manager des insolventen Unternehmens äußerte sich sehr scharf dazu, was er von dem Durchstarten direkt vor dem Terminal inklusive relativ tief geflogener Linkskurve hält: „Das ist ein echter Vollidiot“, sagte er unserer Redaktion. „Eigentlich müsste man einem solchen Piloten die Fluglizenz entziehen“, schrieb uns ein Anwohner des Airports, „der Mann hat doch Hunderten Kindern in Düsseldorf-Unterrath einen Schrecken eingejagt.“
Unumstritten ist die Aktion also nicht. Die Abweichung von der Flugroute samt verspäteter Landung wirft die Frage auf: War die Aktion erlaubt, oder hat der Pilot seine Vorschriften verletzt? Eine klare Antwort auf diese Frage gab es von Seiten der Fluggesellschaft dazu nicht: „Ein Durchstart-Manöver ist im Flugverkehr keine Seltenheit“, sagte Air-Berlin-Sprecher Christian Liepark unserer Redaktion. „Das muss auch nicht unbedingt immer in einem Notfall geschehen.“Dennoch werde der Überflug am Düsseldorfer Airport nun intern untersucht. Derweil will Air Berlin keine weitere Stellungnahme zu dem Manöver abgeben – der Pilot schwieg sowieso öffentlich.
Nach Angaben von Air Berlin handelte es sich „um ein Durchstartmanöver in vorgeschriebener Höhe in Absprache mit dem Fluglotsen“. Der Deutschen Flugsicherung (DFS) zufolge hatte der Pilot vor dem Landeanflug im Falle eines Durchstartmanövers die Richtung angefragt. Die Lotsen hätten daraufhin die Linkskurve freigegeben, erklärt ein DFS-Sprecher. In welcher Höhe der Pilot schließlich abdrehe, liege in seiner Verantwortung – es gäbe keinerlei Hinweise auf eine Ge- fährdung des Flugverkehrs. Darum kümmere sich die DFS nicht um den Vorgang, heißt es.
Ein anderes Ergebnis könnten möglicherweise die Untersuchung des Luftfahrtbundesamtes und interne Prüfungen bei Air Berlin bringen. „Ein Bußgeld könnte möglicherweise verhängt werden“, meint der Mönchengladbacher Anwalt Christof Wellens. Der Knackpunkt ist dabei, dass der Überflug nur stattfand, um eine „Ehrenrunde“zu drehen – er wurde nämlich laut Pas- sagieren rund zehn Minuten vor Erreichen des Flughafens schon angekündigt.
Wie Air Berlin den Piloten maßregeln könnte, ergänzt Anwalt Wellens so: „Wenn die nun rund 100 Kilometer zusätzlich geflogen sind, kostet das ja einige hundert Liter weiteren Sprit. Also könnte man dem Piloten die Rechnung dafür schicken, was aber sicher nicht geschieht.“
Markus Wahl, selbst erfahrener Pilot und Sprecher der Vereinigung Cockpit (VC), sieht den Vorgang völ- lig entspannt. „Dieses Manöver war absolut legal“, sagt er. Schließlich habe der Pilot nicht nur seine Passagiere informiert, sondern den Überflug auch mit dem Tower-Personal koordiniert. „Die Mitarbeiter im Tower hatten ja sogar genug Zeit, den Überflug mit dem Smartphone zu filmen. Eine kritische Situation hat der Pilot daher nicht verursacht. Rechtlich ist er also auf der sicheren Seite“, ist sich Wahl sicher.
Natürlich sei das Durchstarten für Ausnahmesituationen vorgesehen – etwa wenn Autos oder andere Flugzeuge die Landebahn blockieren sowie bei unvorhersehbaren Wetterproblemen –, jedoch sei der Überflug über den Airport der besonderen, emotionalen Situation durchaus angemessen. „Es war der letzte Langstreckenflug von Air Berlin – für immer“, sagt Wahl. „Wenn neue Flugzeuge zum ersten Mal abheben, lassen viele Piloten die Flügel der Maschine wackeln. Das sind kleine Luftfahrt-Traditionen ohne Risiko.“
Ein Disziplinargespräch zwischen dem Piloten und seinen Vorgesetzten hält Markus Wahl nicht für ausgeschlossen. Dieses bleibe aber folgenlos, hofft er: „Der Kapitän hat seiner Airline einen sehr feierlichen und emotionalen Abschied verschafft. Und ein paar Emotionen sollten in dieser Sache erlaubt sein.“
Zumindest die Passagiere waren begeistert vom Flug über den Terminal: „Das sah schon ziemlich cool aus“, sagt der 25-jährige Bastian Röhrig. „Die Leute waren begeistert und haben alle staunend aus dem Fenster geguckt.“Bedenken wegen des ungewöhnlichen Manövers habe niemand gehabt.