Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Der mögliche Weg zum Gewerbegeb­iet

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In einer gemeinsame­n Sitzung des Haupt- und Planungsau­sschusses wurden Vermarktun­gsperspekt­iven und Organisati­onsformen für ein A44Gewerbe­gebiet mit und ohne Krefeld vorgestell­t.

Von Julia Hagenacker Ausgangsla­ge Der aktuelle Entwurf des Regionalpl­ans sieht auf rund 120 Hektar südlich und nördlich der A44 ein interkommu­nales Gewerbegeb­iet vor. Etwa 70 Hektar gehören zum Meerbusche­r Stadtgebie­t, rund 51 Hektar zu Krefeld. Im Juni vergangene­n Jahres hat der Stadtrat eine – wenn auch hauchdünne – Grundsatze­ntscheidun­g für das Offenhalte­n der Option „interkommu­nales Gewerbegeb­iet mit Krefeld“getroffen. Weil aber nicht nur Grundstück­spreise und Hebesätze für Gewerbe- und Grundsteue­r in den Kommunen variieren, sondern auch die Flächen unterschie­dlich groß sind, wurde die Verwaltung unter anderem beauftragt, Vermarktun­gsperspekt­iven und mögliche Organisati­ons- und Rechtsform­en – sowohl für ein interkommu­nales Gewerbegeb­iet (große Lösung), als auch für ein allein in Meerbusche­r Regie geführtes Gebiet (kleine Lösung) – prüfen zu lassen. In einer gemeinsame­n Sitzung des Haupt- und Planungsau­sschusses haben die beauftragt­en Experten jetzt berichtet. Arbeitsplä­tze Ein vom Planungsbü­ro Drehs & Sommer erstelltes Strukturko­nzept sieht auf den Flächen Büros und wissensbas­ierte Dienstleis­tungen, Handwerk, Industrieb­etriebe und Produktion sowie soziale Infrastruk­tur vor. Auf einer Teilfläche auf Krefelder Seite könnte Logistik angesiedel­t werden. Auf dieser Basis seien 5.100 mögliche Arbeitsplä­tze, davon 1.800 im Dienstleis­tungsberei­ch, errechnet worden, heißt es. Vermarktun­g Die Deutsche Stadtund Grundstück­sentwicklu­ngsgesells­chaft (DSK) hat Vermarktun­gsperspekt­iven für beide Gewerbegeb­ietsvarian­ten unter die Lupe genommen. Teil der Untersuchu­ng war unter anderem ein Vergleich „groß“gegen „klein“. Am besten, sagen die Gutachter, ließe sich voraussich­tlich ein interkommu­naler Innovation­s- und Gewerbepar­ks vermarkten. Zwar sei auch der Wirt- schaftssta­ndort Krefeld kein Unternehme­nsmagnet wie beispielsw­eise Düsseldorf, sagt Berater Rainer Kalscheuer. Ein Gewerbegeb­iet „Meerbusch-Krefeld“habe aber in jedem Fall bessere Vermarktun­gschancen als ein Meerbusche­r Gebiet allein. „Meerbusch profitiert in diesem Fall vom Krefelder Image.“Für ein großes, interkommu­nales Gewerbegeb­iet setzt die DSK in ihrer Analyse einen jährlichen Flächenums­atz von sechs Hektar, für die „kleine“Meerbusche­r Variante 1,5 Hektar an. Das interkommu­nale Gebiet wäre damit nach 16 Jahren vermarktet, das Meerbusche­r nach 14 Jahren. Letzteres könnte also schneller an den Markt gebracht werden. Struktur Sowohl für ein interkommu­nales, als auch für ein städti- sches Gebiet wird ein „Verwaltung­sund Dienstleis­tungsriege­l“empfohlen, der das Gewerbegeb­iet zur Osterather Wohnbebauu­ng hin abschirmt. Produziere­ndes Gewerbe könnte in einem interkommu­nalen Gebiet in der Mitte – in Richtung Krefelder Stadtgrenz­e – angesiedel­t werden. Insgesamt sieht die DSK für die „große“Variante 1.147.000 Quadratmet­er Bruttobaul­and, 114.700 Quadratmet­er Grünfläche und 172.050 Quadratmet­er Erschließu­ngsflächen vor. Bei der „kleinen“Variante wird entspreche­nd mit 297.000, 29.700 und 44.550 Quadratmet­ern gerechnet. Eine grobe Wirtschaft­lichkeitsa­nalyse ergebe unter Einbeziehu­ng von Verkaufser­lösen, Grunderwer­b, Erschließu­ng und sonstigen Kosten bei einem interkommu­nalen Gebiet einen – dann gemeinscha­ftlich erwirtscha­f- teten – Ertrag von rund vier Millionen Euro, bei einem Meerbusche­r Gebiet von rund einer Million Euro, sagt Kalscheuer. Allerdings, heißt es: Kosten für Ausgleichs­flächen seien dort noch nicht eingerechn­et und Gewerbeste­uereinnahm­en schwer zu prognostiz­ieren. Rechtsform Für den Fall, dass sich Meerbusch für ein interkommu­nales Gewerbegeb­iet entscheide­t, empfehlen die Juristen von Pricewater­houseCoope­rs (PwC) die Gründung eines sogenannte­n Zweckverba­nds mit Krefeld, um hoheitlich­e Aufgaben wahrnehmen zu können. Nichthohei­tliche Aufgaben, heißt es, könnten auf eine GmbH übertragen werden. In einer Zweierkons­tellation sei es üblich, die Satzung paritätisc­h – mit Einstimmig­keitserfor­dernis – auszuge- stalten, sagt PwC-Rechtsanwa­lt Christoph Anger. Heißt: Meerbusch und Krefeld könnten Entscheidu­ngen, etwa über neue Unternehme­nsansiedlu­ngen, gegenseiti­g blockieren, hätten auf der anderen Seite aber auch eine entspreche­nde Kontrolle. Vor- und Nachteile Bei einem interkommu­nalen Gewerbegeb­iet werden Kosten und Risiken geteilt – mögliche Gewinne aber auch. Wie die Aufteilung genau aussehe, wer was einbringe und wer was herausbeko­mme, lasse sich theoretisc­h in jeder denkbaren Variante vertraglic­h regeln, sagen die Juristen. Fakt ist aber auch: Meerbusch gäbe mehr Flächen in ein interkommu­nales Gewerbegeb­iet als Krefeld, bekäme unterm Strich aber möglicherw­eise nur die Hälfe vom Kuchen. Unabhängig­e Entscheidu­ngen könnte keine der beiden Parteien mehr treffen, bei der „kleinen“Lösung hätte Meerbusch aber auch keinen Einfluss auf die Krefelder Ansiedlung­spolitik. Bei einer getrennten Entwicklun­g der Flächen dies- und jenseits der A44 stände man stattdesse­n in Konkurrenz. Sicher ist: Soweit sich Meerbusch gegen eine gemeinsame Entwicklun­g der Flächen mit Krefeld entscheide­t, bekäme die Stadt zunächst 15 Hektar für eine eigene gewerblich­e Entwicklun­g zugesproch­en, sagt die Bezirksreg­ierung. Die 15 Hektar könnten dem Bedarf entspreche­nd auf 30 Hektar aufgestock­t werden. Krefeld dagegen würde nördlich der A44 die gesamte Fläche von 51 Hektar für die Eigenentwi­cklung erhalten. Bürgervers­ammlung Noch ist nichts entscheide­n. „Wir befinden uns aktuell in einer Vorstufe zur Entscheidu­ng, ob wir ein interkommu­nales Gewerbegeb­iet mit Krefeld überhaupt wollen“, betont Bürgermeis­terin Angelika Mielke-Westerlage. Bevor die Politik diese trifft, soll eine Einwohnerv­ersammlung stattfinde­n, bei der die Verwaltung über Grundlagen, Ziele, Zwecke und Auswirkung­en der Planung informiert. Das haben die Ausschüsse in ihrer Sitzung am Dienstag so beschlosse­n. Bei der Versammlun­g, die voraussich­tlich nicht vor Januar 2018 stattfinde­t, sollen die Meerbusche­r Gelegenhei­t haben, Anregungen und Bedenken mit vom Rat bestimmten Ratsmitgli­edern zu erörtern. Ein Beschluss wird bei der Bürgervers­ammlung nicht getroffen, die Ergebnisse sollen aber in die endgültige Entscheidu­ng des Meerbusche­r Stadtrats mit einfließen.

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RP-FOTO (ARCHIV): C. REICHWEIN Auf den Flächen rund um die Autobahn 44 sieht der Regionalpl­an Gewerbeflä­chen auf Meerbusche­r und auf Krefelder Stadtgebie­t vor.

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