Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Sicherheitspolitik auf Pfadfinder-Niveau
Ist die „Sicherheitspartnerschaft“der neue „Blitzmarathon“? Der Pakt, den NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) mit 200.000 Taxifahrern, Paketboten und Tankwarten geschlossen hat, wirkt ähnlich aktionistisch wie die konzertierten Radar-Attacken seines Vorgängers Ralf Jäger (SPD). Klingt gut, bringt aber wahrscheinlich wenig. LkwFahrer melden der Polizei auch heute schon, wenn sie auf einem Rastplatz die aufgeschlitzte Plane eines Brummi-Kumpels sehen. Und Taxifahrer, die Einbrecherbanden beobachten, behalten ihr Wissen auch selten für sich. Einen Unterschied gibt es allerdings: Jägers Blitzmarathons haben für ihren dürftigen Ertrag erhebliche polizeiliche Kräfte gebunden. Reuls Initiative kostet wenigstens nichts.
Aber vor dem Hintergrund der im Wahlkampf angekündigten Großoffensive gegen das Verbrechen wirkt Reuls Taxi-Polizei einfach nur komisch. Höchste Zeit, dass Schwarz-Gelb die wirklichen Knackpunkte in Angriff nimmt. Das Verbrechen hat aufgerüstet. Also braucht die Polizei mehr Befugnisse. Dieser notwendige Prozess wird im Landtag massive Widerstände auslösen. Für diesen Streit brauchen wir den Innenminister. Nicht für Sicherheitspartnerschaften auf Pfadfinder-Niveau. BERICHT TAXIFAHRER SOLLEN POLIZEI HELFEN, TITELSEITE
Diäten-Verschleierung
Ohne Aussprache und ohne Begründung soll der Bundestag auf Antrag von Union, SPD und FDP heute den Diäten-Automatismus verlängern. Das ist im Kern unproblematisch, weil die Einkünfte für Abgeordnete seit 2016 an die Entwicklung der Löhne gekoppelt sind. Aber öffentlich und transparent ist das Vorgehen nur formal. Im Antrag nicht einmal das Wort Diäten zu erwähnen, grenzt an Verschleierung. Offenbar ist schlechtes Gewissen im Spiel: Die gesetzliche Frist zur Verlängerung läuft ab in einer Phase, in der von der Politik in Berlin deutlich mehr als monatelange Eiertänze um Regierungsverantwortung erwartet wird.
Dabei wäre das schlechte Gewissen nicht nötig – wenn es besser erklärt, terminiert und mit Vorsätzen verknüpft wäre. Angemessen sollte nicht nur die Bezahlung der Abgeordneten, sondern auch die Größe des Bundestages sein. Statt 598 gibt es nun 709 Abgeordnete – weil dem letzten Bundestag die Kraft zur Deckelung fehlte. Der neue muss das bald schaffen. Sonst kann er auf Verständnis beim Grundsatz „Gute Diäten für gute Leistung“nicht mehr setzen. BERICHT KRITIK AN DIÄTENERHÖHUNG, TITELSEITE
Ja oder Nein
Die SPD sucht nach einer Zauberformel, die ihr eine Neuauflage des Regierungsbündnisses mit der Union ermöglicht und trotzdem eine weitere Wahlschlappe erspart. Herausgekommen ist die „Kooperations-Koalition“, kurz Koko. Sie soll den Sozialdemokraten Ministerämter und Lieblingsthemen in der Regierung und ansonsten von vornherein die Freiheit zu wechselnden Mehrheiten im Parlament sichern. Das wäre etwas Neues, aber verspräche wenig Gutes, weil Stabilität und Vertrauen sogleich infrage stünden. Abgesehen davon muss die Freiheit der Fraktionen in keinem Koalitionsvertrag verankert werden, weil die Abgeordneten – Fraktionsdisziplin hin oder her – letztlich nur ihrem Gewissen verpflichtet sind. Der Vorschlag zeigt jedoch, wie verunsichert die traditionsreiche Sozialdemokratie ist. Wer keine absolute Mehrheit hat, muss in einer Koalition Kompromisse eingehen. Das gilt sowohl für die geschwächte Union als auch für die 20,5Prozent-SPD. Sie sollte Ja oder Nein zu einer dritten Koalition unter Angela Merkel sagen. Mit einem Jein lässt sich nicht regieren. BERICHT