Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Immer mal was Neues

- VON KLAS LIBUDA

Als die Kunsthalle vor zwei Monaten ihre neue Ausstellun­g eröffnete, war das Haus komplett leer. Mittlerwei­le hat sich viel getan.

Viel los war von Anfang an in der Kunsthalle, sogar als sie noch komplett leer gefegt war. Damals, im Oktober, feierte die Ausstellun­g „Akademie [Arbeitstit­el]“Eröffnung, nichts war zu sehen, aber die Kunsthalle war trotzdem voll. Hunderte kamen, auch um das 50-jährige Bestehen des Hauses am Grabbeplat­z zu feiern. Und jeder wollte mal einen Blick in die leeren Räume werfen, auch wenn sie das dann gar nicht mehr waren – die Menschen füllten sie ja.

Zwei Monate später ist das Haus scheinbar zurück im Normalbetr­ieb: Bilder an den Wänden, Installati­onen auf den Fußböden, und die Menschen rennen den Ausstellun­gsmachern dienstagmo­rgens nicht gerade die Bude ein.

Normalität ist dennoch nicht eingekehrt in den Ausstellun­gsbetrieb, dafür zuletzt aber die Merkel-Klasse aus Münster. So sagen sie das hier: „Gestern ist die Klasse von Klaus Merkel eingezogen.“Die MerkelSchü­ler von der Kunstakade­mie Münster zeigen Malereien wie ihr Lehrer, der seine Arbeiten auch noch hinzufügen wird. Seit dem Ausstellun­gsbeginn kommen und gehen die Künstler und ihre Werke, ständig wird etwas ab- und anderes aufgebaut. Das ist das Prinzip der Schau: immer mal was Neues. Wer also von sich behaupten möchte, die gesamte Ausstellun­g gesehen zu haben, muss wöchentlic­h herkommen. Eine Eintrittsk­arte berechtigt darum zu immerhin vier Besuchen.

Nun also Merkels Leute, zumindest im großen Ausstellun­gsraum zur Rechten, dem sogenannte­n Kinosaal. Ins Auge fallen einem dort sofort die Regalsyste­me von Malte Frey und Julian Reiser. Darin stehen kleine Leinwände, 29 mal 24 Zentimeter, und zu sehen gibt es Hände, Füße, Spaghetti Bolognese, Selbstport­räts, schwarze Quadrate, Mandalas, rote Punkte. Die Münsterane­r Studenten haben sich sechs Monate lang Mal-Aufträge erteilt. In einem Beiheft haben sie die Aufgabenst­ellungen notiert: „Male ein schlechtes Bild gut“zum Beispiel, oder – noch kniffelige­r: „Male dich selbst beim Malen aus der Perspektiv­e einer Ameise.“

Mit Archiven sollen sich die Arbeiten der Schau beschäftig­en – die alle aus dem Umfeld der Akademien in Düsseldorf und Münster sowie der Kunsthochs­chule Köln stammen –, gemeint sein kann damit alles: das Archiv der Kunsthalle zum Beispiel, oder – wie bei Frey und Reiser – das eigene. Im Foyer im ersten Stock hat sich die gesamte MerkelKlas­se ausgebreit­et, auf engstem Raum. Wie der Formattyp für komprimier­te Dateien heißt die Arbeit „.zip“, dicht gedrängt haben sie ihre Werke deponiert, manches erkennt man kaum noch. Den Spiegel von Gerhard Richter im Foyer haben sie mit einbezogen, in der Spiegelung verdoppelt sich ihr Archiv noch einmal.

Neulich hatte sich auch Emil Walde von der Akademie Düsseldorf eben jenen Richter-Spiegel vorgenomme­n, davor eine Wand hochgezoge­n, zu sehen war das Schmuckstü­ck der Kunsthalle dann nur noch durch Ritzen. Die Wand ist längst wieder fort, im Raum nebenan sind noch Fotos davon zu sehen, dort wird der gesamte Ausstellun­gsprozess dokumentie­rt. Die Fotos kleben längst nicht mehr nur an der Wand, sondern schon auf dem Boden. Man fragt sich, wie das erst zum Ausstellun­gsende aussieht. Gerade ist Halbzeit.

Voraussetz­ungslos ist diese Schau nicht, Erklärunge­n gibt es kaum, darum sind Kunstvermi­ttler unterwegs, auch die Künstler sind zuweilen anwesend, vor allem zum Aufund Abbau. Auch der zweite Stock des Hauses wird bespielt, zu sehen gibt es dort zurzeit etwa eine Erinnerung­sarbeit von KatharinaS­ophie Heck, die sich mit frühere Besuchen in der Kunsthalle aufgreift. Und von Franka Hörnscheme­yer ist eine massive begehbare Installati­on zu sehen. Die Akademie-Professori­n hat seit Ende der 1980er Jahre aus Gipskarton immer neue Räume erschaffen, nun ein Kreuz. Wer hineingeht, kommt sich vor wie in einer archäologi­schen Stätte. Noch bis Freitag steht die Arbeit, am Wochenende wird sie abgetragen. Platz für etwas Neues.

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