Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Mehr als ein Zwergenaufstand
Für die SPD geht es um mehr als nur um die Frage, ob sie noch einmal mit der Union koaliert. Daher ist die parteiinterne No-GrokoBewegung auch mehr als ein Zwergenaufstand. Dass das übliche Rebellentum der Jusos bis weit in die Mitte der Partei auf fruchtbaren Boden fällt, zeigt das Ausmaß der Verzweiflung. Diese Partei steht in einem Existenzkampf. In vielen Ländern Europas haben die Wähler die Sozialdemokraten in die Bedeutungslosigkeit sinken lassen – beispielsweise in Frankreich, in den Niederlanden und in Griechenland. Die deutsche SPD weiß, dass auch ihr dieses Schicksal blühen könnte.
Nun ist Parteichef Martin Schulz – ganz anders als Sigmar Gabriel vor vier Jahren – leider kein Garant dafür, dass es der Parteiführung gelingen wird, die Funktionäre der SPD und die Basis auf dem Weg in die nächste Regierung mitzunehmen. Schulz selbst kann seine Zweifel an dem Bündnis mit Merkel nicht verbergen. Er ist auch kein starker Parteichef, der sich und seinen Genossen etwas zutraut. Im Gegenteil: Er wirkt tief verunsichert. Wenn er diese Wankelmütigkeit auch noch beim Parteitag in Bonn ausstrahlt, könnte die fest entschlossene No-Groko-Bewegung in der SPD siegen. BERICHT GROKO-GEGNER FORMIEREN SICH, TITELSEITE
Christian Lindner, der forsche FDP-Chef, mag seine Gründe gehabt haben, das JamaikaBündnis scheitern zu lassen. Dass er sich jetzt – wie beim Neujahrsempfang seiner Partei geschehen – über Kanzlerin Merkel und ihren angeblich mangelnden Mut zu umfassenden Änderungen lustig macht, bringt ihm vielleicht den Beifall der liberalen Basis, aber kaum den der Bürger ein.
Es war Lindner, der es nicht geschafft hat, die Kanzlerin, etwa in einem Vier-Augen-Gespräch, für seine Vorstellungen einer grundlegenden Neuerung Deutschlands einzunehmen. Er hätte ihr klar machen können, dass dies sowohl der Union wie den Liberalen nützt. Da Merkel die Dinge vom Ende her denkt, wären in vertraulicher Runde auch weitergehende Ideen sicher ernsthaft gehört worden. Warum hat er es noch nicht einmal versucht?
Es ist leicht, jetzt im Off die Politik der kleinen Schritte, die den Stil der Kanzlerin prägt, verächtlich zu machen. Opposition ist wichtig und muss scharf sein. Sie muss aber auch glaubwürdig sein. Bei Letzterem hat Lindner noch Nachholbedarf. BERICHT
AUnangebrachter Spott
Neue Nahost-Politik
usbildung und Ausrüstung von kurdischen Peschmerga im Nordirak waren hierzulande nicht unumstritten. Erst Recht die direkte Unterstützung der Bombardierung von IS-Stellungen in Syrien und im Irak durch Tornado-Aufklärer und Luftbetankung. Vertreter der „Besser-Raushalten“-Attitüde dürften es nicht gutheißen, dass Deutschland sich militärisch nun sogar noch stärker im Nahen Osten engagiert und etwa Jordanien im großen Stil unterstützt.
Doch wer die Bekämpfung der Fluchtursachen ernst nimmt, der darf es nicht bei Sonntagsreden belassen. Jordanien gehört zu den wenigen moderaten Ländern in Nahost, die durch die Fluchtdynamik und den iranisch-saudischen Machtkampf unter Druck geraten. Um so wichtiger ist es, diese für Vermittlungen und Beruhigungen besonders geeigneten Staaten zu stärken.
Nebenher erwirbt sich Deutschland damit auch ein Mitspracherecht bei der Gestaltung einer Friedenslösung für Syrien. Niemand wird nach den Fluchtereignissen des Jahres 2015 noch bezweifeln können, dass auch Deutschland ein großes Interesse an der Entwicklung Syriens und der gesamten Region hat. BERICHT