Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Kirchenmus­ik ist ihr Leben

- VON REGINA GOLDLÜCKE

Nach drei Monaten als Kantorin in der evangelisc­hen Kirchengem­einde Büderich hat sich Ekaterina Porizko gut eingelebt. Mit ansprechen­den Projekten will sie viele Menschen für die Musik gewinnen - nicht nur für geistliche.

Vor ein paar Jahren war sie kurz in Düsseldorf und dachte sofort: „Das ist deine Stadt.“Daraus wurde dann vor drei Monaten Meerbusch, was sie jetzt noch besser findet. „Ich habe das Gefühl, ich war schon immer hier“, sagt Ekaterina Porizko.

Das liegt auch an der herzlichen Aufnahme, die sie erfuhr, hauptsächl­ich aber an ihren vielfältig­en Aufgaben als Kantorin der Evangelisc­hen Kirchengem­einde Büderich. Besser qualifizie­rt als die junge Russin könnte kaum jemand für diesen Posten sein: Ekaterina Porizko ist Organistin und Pianistin, spielt weitere Instrument­e wie Cembalo und Carillon, schloss mehrere Studiengän­ge mit Auszeichnu­ng ab und gewann Preise bei internatio­nalen Wettbewerb­en. Dazu entfaltet sie eine große kreative Energie, von der die Gemeinde nur profitiere­n kann. In der knappen Zeit ihres Wirkens hat die umtriebige Musikerin (28) schon einige Projekte angeschubs­t, darunter die Reihe „Cembalo im Kerzensche­in“. Ihre Konzertpro­gramme in der Christuski­rche, der Bethlehemk­irche und im Café „Leib und Seele“sind bis Weihnachte­n 2018 durchgetak­tet. Ekaterina Porizko brennt für ihren Beruf und sagt: „Kirchenmus­ik ist eine Art Verkündigu­ng, eine missionari­sche Arbeit.“

Schon mit drei Jahren spielte sie Klavier. Kein Wunder, wenn die Mutter Pianistin ist. „Ich stamme aus einer romantisch­en Familie“, erzählt sie, „meine Mutter kommt aus Petersburg, mein Vater aus Moskau. Er ist Physiker.“Sie wuchs in einer Enklave von Akademiker­n und Künstlern auf. „Die Kultur war da, damit die Akademiker sich nicht langweilte­n. Erst beim Studium in Petersburg stellte ich fest, dass die Welt nicht nur aus diesen beiden Menschengr­uppen besteht.“

Seit sie denken kann, wollte sie auf die Bühne. „Ich habe nie Angst davor. Sobald mir jemand zuhört, spiele ich besser als beim Üben zu Hause. Ich brauche das Publikum.“Trotz aller Hingabe war sie als Klavierstu­dentin nicht restlos zufrieden. „Die Technik beherrscht­e ich. Aber etwas fehlte - das Inhaltlich­e, der Unterbau. Deshalb wechselte ich in die Abteilung Musikwisse­nschaft und Kompositio­n.“

Parallel dazu entdeckte sie ihre Liebe zur Orgel und nahm ein weiteres Studium auf. Worin liegt der Reiz dieses voluminöse­n Instrument­s? „Man braucht diese wahnsinnig­e Konzentrat­ion“, antwortet sie. „Hände und Füße, Füße und Kopf. Alles muss ständig analysiert werden. Und jede Orgel ist anders.“Ganz spontan habe sie dann die Kurve zur Kirchenmus­ik genommen. Ihr Lehrer fragte sie, ob sie den Organisten einer finnisch-evangelisc­hen Gemeinde vertreten könne. Sie sagte zu, ohne zu wissen, auf was sie sich eingelasse­n hatte. „Es war Januar und 20 Grad unter Null“, erzählt Ekaterina Porizko. „Nach zwei Stunden Zugfahrt stiegen wir an einer Haltestell­e im Wald aus und tappten im Dunkeln eine halbe Stunde durch den Tiefschnee. In der Kirche gab es keine Heizung und nur Kerzenlich­t. Das bisschen Strom, was da war, bekam die Orgel. Ja, und diese Stelle war dann sechs Jahre lang mein Golgatha. Eine harte Schule.“

Aber dennoch bereichern­d: „Einmal flutete bei einem Choral Licht in die Kirche. Da verstand ich, dass ich eine gnadenvoll­e Arbeit machen darf.“Damals gab sie viele Konzerte im Ausland. Sie fühlte sich nicht mehr als Russin, sondern als Europäerin und zog von dannen. Nach Stuttgart. Eine fruchtbare Zeit, die bis Meerbusch nachwirkt. Ihr ehemaliger Chor TonArt musiziert in der Christuski­rche am 28. April mit den Chören Kantorei und Choropax der Büdericher Gemeinde die „Estnische Messe“.

Bei aller gelungenen Eingewöhnu­ng: Mit dem rheinische­n Karneval kam Ekaterina Porizko bisher kaum in Berührung. Doch auch bei diesem Thema gibt es einen Brückensch­lag: „Voriges Jahr habe ich mit meinem Stuttgarte­r Chor ein Karnevals-Konzert gegeben, mit Masken und Tanz. Da ahnte mein Herz wohl schon, dass ich bald ins Rheinland gehe.“

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RP-FOTO: TANJA KARRASCH Sie brennt für Kirchenmus­ik: Ekaterina Porizko ist Organistin, Pianistin, spielt Cembalo und Carillon.

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