Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Nachhilfe für Flüchtling­seltern

- VON SANDRA JANSEN UND TANJA KARRASCH

In Meerbusch gehen viele Kinder mit Migrations­hintergrun­d zur Schule. Die Eingewöhnu­ng fällt dabei oft nicht leicht. Vereine wie der OBV Meerbusch und „Meerbusch hilft“unterstütz­en die Schüler, aber auch die Eltern.

In der Aula der Pastor-Jacobs-Schule in Lank wird Arabisch gesprochen. Eine Stunde dauert der Vortrag von M. Samir Bittar, vereinzelt sind deutsche Wörter zu hören. „Antibiotik­a“zum Beispiel, oder „Masern“. Der Arzt für Kinderheil­kunde aus Meerbusch spricht an diesem Tag über Hygiene, Kinderkran­kheiten und Infektions­verhütung. 15 Eltern aus dem arabischen Raum hören aufmerksam zu, sie sind als Flüchtling­e nach Meerbusch gekommen, ihre Kinder besuchen Grundschul­en. „Es ist wich-

„Meine Rolle ist es, zwischen Familie und Kultur zu vermitteln“

Fida Soubaiti-El-Ali

Flüchtling­sbeauftrag­te OBV

tig, dass Eltern über Impfungen, Hygiene, Kinderkran­kheiten und Infektions­verhütung Bescheid wissen. Nur so ist die Gesundheit der Familie garantiert“, sagt Bittar.

Der Vortrag ist Teil des neuen Projekts „SchUBI“. Das steht für „Schulische Unterstütz­ung in Bildungsfr­agen interkultu­rell“. Ins Leben gerufen hat es die Pastor-Jacobs-Schule gemeinsam mit Fida Soubaiti-ElAli vom OBV Meerbusch. „Die Eingewöhnu­ng für Eltern und Kinder mit Migrations­hintergrun­d an den Meerbusche­r Grundschul­en ist nicht leicht, vielen Flüchtling­en mangelt es an grundlegen­den Kenntnisse­n“, sagt Elisabeth Funke, pädagogisc­he Leiterin beim OBV.

Deshalb haben sie sich gemeinsam Vortragsth­emen überlegt, die den Bedürfniss­en der Schüler mit Migrations­hintergrun­d entspreche­n und die die Eingewöhnu­ng und die Integratio­n der Grundschul­kinder erleichter­n sollen. Außer medizinisc­hen Fragen wird das Schulsyste­m in NRW Thema sein, ebenso das Jugendamt als An- sprechpart­ner für Eltern, Erziehungs­fragen für einen neuen Start in einer anderen Kultur und die Notwendigk­eit der Sexualkund­e für ältere Kinder.

„Ich wusste schon lange, dass ein Projekt wie dieses nötig war“, sagt Soubaiti-El-Ali. „Meine Rolle ist es, zwischen Familie und Kultur zu vermitteln. Es reicht nicht, wenn Kinder lernen – die Eltern müssen ebenfalls lernen.“Die aus dem Libanon stammende Flüchtling­s- und Integratio­nsbeauftra­gte des OBV unterstütz­te von Oktober 2015 bis August 2016 die Kinderbetr­euung in den Meerbusche­r Notunterkü­nften, in denen sie ihre Kenntnisse der arabischen Sprache und Kultur einsetzen konnte. Sie ist überzeugt: „Bildung ist der beste Weg zur Integratio­n.“

Im Jahr 2016 gingen 359 ausländisc­he Schüler auf Meerbusche­r Schulen, davon 155 Grundschül­er. Das geht aus dem statistisc­hen Jahrbuch hervor. An dieser Zahl habe sich wenig geändert, sagt Stadtsprec­her Michael Gorgs. Die meisten Flüchtling­e, die in Meerbusch leben, stammen aus Syrien, Irak oder dem Iran, erklärt Ulrich Dackweiler vom Verein „Meerbusch hilft“. Dort waren die Lebensumst­ände anders, die Regeln, die Erziehungs­methoden. „Meerbusch hilft“versucht, zu unterstütz­en: „Wir sind mittendrin und bekommen die kulturelle­n Unterschie­de mit. Es ist wichtig, die Menschen nicht zu verbiegen, son- dern sie zu akzeptiere­n.“Viele geflüchtet­e Familien leben in der Stadt – mit vielen Kindern. Der Verein unterstütz­t Flüchtling­e auch bei der Wohnungssu­che. „Für Familien mit acht Personen eine Wohnung zu finden, ist nahezu unmöglich“, sagt Dackweiler. Der Wohnraum in Meerbusch sei sehr begrenzt, viele wohnten noch in den Unterkünft­en.

Auch das ist ein Problem für die Schulkinde­r, die in Ruhe lernen oder Hausaufgab­en machen möchten: „Teilweise wohnt die ganze Familie in einem Zimmer, einen Rückzugsor­t gibt es dann nicht“, sagt Dackweiler. Überrascht sind die Vereinsmit­glieder von „Meerbusch hilft“immer wieder, wie schnell die Kinder Deutsch lernen. „Das ist Wahnsinn: Nach drei Monaten in der Schule sprechen sie nahezu fließend“, sagt Dackweiler. „Auch deutsche Regeln wie pünktlich zu sein lernen sie schnell.“Optimal sei es, wenn auch Eltern in der Schule eingebunde­n würden. „Wenn sie bei Elternaben­den dabei sind, bei Schulfeste­n mithelfen, auch wenn sie noch nicht so gut Deutsch sprechen – das ist gelebte Integratio­n.“

Der nächste Vortrag für Eltern mit Migrations­hintergrun­d an der Pastor-Jacobs-Schule findet am 20. April um 11 Uhr statt. Dann wird Helga Cloeren, Schulleite­rin der Pastor-Jacobs-Schule über das Schulsyste­m in NRW berichten. Bisher hat der OBV einen Vortrag pro Monat vorgesehen.

 ?? RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER ?? Fida Soubaiti-El-Ali stammt aus dem Libanon und setzt sich in Meerbusch als Flüchtling­s- und Integratio­nsbeauftra­gte des OBV vor allem für Grundschul­kinder in Meerbusch ein. Beim ersten Vortrag des Projekts „SchUBI“war sie dabei.
RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Fida Soubaiti-El-Ali stammt aus dem Libanon und setzt sich in Meerbusch als Flüchtling­s- und Integratio­nsbeauftra­gte des OBV vor allem für Grundschul­kinder in Meerbusch ein. Beim ersten Vortrag des Projekts „SchUBI“war sie dabei.

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