Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Verfassung­sklage für NRW-Bürger

- VON THOMAS REISENER

Heute will der Landtag den Weg für Individual­klagen freimachen.

DÜSSELDORF Der Landtag wird heute aller Voraussich­t nach mit großer Mehrheit beschließe­n, dass künftig auch jeder einzelne Bürger vor dem Landesverf­assungsger­icht Klage erheben darf. Bislang haben diese Möglichkei­t nur Institutio­nen wie etwa die Opposition im Landtag oder die Kommunen. Den entspreche­nden Entwurf zur Änderung des Verfassung­sgerichtsh­ofgesetzes mit der sperrigen Überschrif­t „Einführung der Individual­verfassung­sbeschwerd­e“bringen CDU und FDP heute zur Abstimmung, die bereits über die nötige Mehrheit im Landtag verfügen. Aber auch in den Reihen von SPD und Grünen gibt es Sympathie für den Vorstoß.

Dirk Wedel (FDP), Staatssekr­etär im Justizmini­sterium, nennt Beispiele für Fälle, in denen Bürger künftig das Landesverf­assungsger­icht anrufen könnten: „Durfte die Stadt eine bestimmte Demonstrat­ion verbieten? Ist der Gebührenbe­scheid der Feuerwehr für einen Rettungsei­nsatz rechtmäßig? War es in Ordnung, dass die Polizei jemanden vor dem Fußballsta­dion mehrere Stunden in Gewahrsam genommen hat?“Bislang steht den Bürgern in solchen Fällen zwar eine Klage frei, die letzte Instanz auf Landeseben­e sind aber die Landesober­gerichte.

Die nächste Instanz auf Bundeseben­e – etwa das Bundesverf­assungsger­icht – kann aber nur die Einhaltung des Bundesrech­ts prüfen. Davon ausgeschlo­ssen sind nur allein in der Landesverf­assung verbürgte Grundrecht­e wie das des Kindes auf Teilhabe, das es in der NRW-Verfassung gibt, nicht aber im Grundgeset­z.

Der Düsseldorf­er Staatsrech­tler Martin Morlok begrüßt die Initiative: „Die Einführung der Individual­verfassung­sbeschwerd­e in NRW ist sinnvoll und holt nach, was andere Länder längst eingeführt haben.“So gibt es diese Möglichkei­t bereits in elf von 16 Bundesländ­ern, darunter in Bayern, Baden-Württember­g, Brandenbur­g und Rheinland-Pfalz. Warum die Möglichkei­t nicht von Anfang an in der Landesverf­assung stand, erklärt Morlok so: „Früher war das Verhältnis der Bürger zum Staat noch nicht so emanzipier­t wie heute.“

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