Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Neuanfang mit Selbstkrit­ik

- VON KRISTINA DUNZ MERKEL RÄUMT EIGENE FEHLER EIN, SEITE A 4 VON ANTJE HÖNING MONSANTO-DEAL RÜCKT NÄHER, SEITE B 1 VON MATTHIAS BEERMANN STAATSKRIS­E IN ÖSTERREICH, SEITE A 6

Zum Auftakt noch einmal Rückblick. Die Kanzlerin, die sonst immer nach vorn schauen will und Probleme auch aussitzen kann, schüttet in der ersten Regierungs­erklärung ihrer vierten Amtszeit Asche auf ihr Haupt. Sie macht ihre Flüchtling­spolitik für die Spaltung und Polarisier­ung der Gesellscha­ft verantwort­lich. Beziehungs­weise einen Satz: „Wir schaffen das.“Für die einen war er Hoffnung, für die anderen Provokatio­n. So viel Selbstkrit­ik war nie. Und das ist der Grundstein für ihre vierte und sicher letzte Amtszeit.

Keinesfall­s will sie abtreten als Kanzlerin, die das Land entzweit hat. Zusammenha­lt ist das derzeit wohl häufigste Wort der 63-Jährige. Dafür will sie jetzt „jeden Tag von morgens bis abends“ihre ganze Kraft einsetzen. Merkel erwähnt die AfD natürlich nicht. Aber eines ihrer wichtigste­n Ziel ist, dass sich Wähler von dieser in Teilen rassistisc­hen Partei wieder abwenden. Merkel hat verstanden, dass sie sich mehr um die Sorgen und Ängste der anderen kümmern muss. Die Frage ist, ob sie das kann. Denn sie selbst fühlt es nicht. Sie ist eine Frau der Mitte, der Freiheitsr­echte, des Kompromiss­es, nicht der Wut, der Abschottun­g und Eskalation. Und ihre Kritiker werden ihr nicht die Hand reichen. Siehe Seehofer. BERICHT

EU am Ziel, Bayer nicht

Bayer-Chef Werner Baumann hat mit der Übernahme von Monsanto alles auf eine Karte gesetzt – für den Konzern und sich selbst. Wenn die Übernahme scheitert, kann er gehen – und Bayer würde zum potenziell­en Übernahmeo­bjekt für globale Pharmaries­en. Das zu verhindern, war von Anfang an der treibende Gedanke hinter dem Deal. Mit dem Okay von EU-Kommissari­n Vestager kommt Bayer seinem Ziel einen großen Schritt näher. Der Preis ist hoch: Bayer muss nahezu sein gesamtes Saatgutges­chäft abgeben. Und Vestager fordert noch mehr, um zu zeigen, dass sie die massiven Bedenken der Bauern und Verbrauche­rschützer ernst nimmt. Sie zwingt Bayer, wichtige Zukunftsge­schäfte in Digitalisi­erung und Forschung abzugeben. Sie schaut eben nicht nur auf die drohende Monopolisi­erung heute, sondern auch auf die Zukunft. Das ist klug. Die Dänin ist damit am Ziel, Baumann noch nicht. Zum einen steht noch die Zustimmung der US-Behörden aus, die Bayer zunächst unterschät­zt hat. Zum anderen muss er zeigen, dass er Monsanto nicht nur übernehmen, sondern auch integriere­n kann. BERICHT

Kurz unter Druck

Die neue österreich­ische Regierung ist noch kein Vierteljah­r im Amt und steckt schon in einer Krise. Noch ist nicht ganz klar, was genau geschah, als der Innenminis­ter von der rechtspopu­listischen FPÖ die Büros des österreich­ischen Verfassung­sschutzes im Rahmen einer Razzia durchsuche­n ließ. Ob der Vorwurf zutrifft, dass ein FPÖgeführt­es Ministeriu­m die Ermittlung­en des Inlandsgeh­eimdienste­s im rechtsextr­emen Spektrum sabotieren will, muss sich erst noch erweisen. Aber dass in Wien offener Krieg zwischen zwei Staatsorga­nen ausgebroch­en ist, ist schon bemerkensw­ert.

Für die Regierung und ihren Chef, Bundeskanz­ler Sebastian Kurz, stellt der Vorgang jedenfalls eine ernste Bewährungs­probe dar. Von Anfang sorgte die Tatsache, dass praktisch alle sicherheit­srelevante­n Ministerie­n an die FPÖ gegangen waren, für Stirnrunze­ln. Hatten die heute als Biedermänn­er auftretend­en Freiheitli­chen doch bis in jüngste Vergangenh­eit den Ruf bedenklich­er Nähe zum rechtsradi­kalen Milieu. Kurz muss jetzt klarstelle­n, dass solche Leute nicht über die Sicherheit des Landes entscheide­n. BERICHT

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