Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Gauland wirft der Regierung Versagen vor

- VON GREGOR MAYNTZ

Die Opposition­sparteien reagieren in einer Aussprache auf die Regierungs­erklärung. AfD-Chef Gauland vergleicht Merkel mit Churchill.

BERLIN Die erste Regierungs­erklärung des neuen Kabinetts von Angela Merkel ist auch die erste Gelegenhei­t der Opposition, ihre Strategien gegen diese Regierung deutlich zu machen. AfD-Chef Alexander Gauland hat an diesem Mittwoch als Chef der größten Fraktion den ersten Zugriff. Und der Fan des historisch­en Großbritan­niens startet mit dem Kriegsprem­ier Winston Churchill, den er „wortgewalt­ig“nennt, im Gegensatz zu Merkel, von der er sich „ein bisschen mehr Pathos, Tiefgang, Visionen“gewünscht hätte. Sein erstes Lob ist vergiftet: Erstmals habe die Kanzlerin in einer Rede wieder von Deutschen gesprochen, das sei „der Erfolg der AfD“.

Der AfD-Vorsitzend­e geht kaum auf die Rede ein, lieber auf seinen Gegenentwu­rf, der vom Gegensatz zwischen „50 Milliarden“für Flüchtling­e im Gegensatz zu Deutschen als Obdachlose­n geprägt ist. Merkel spalte mit ihrer Flüchtling­spolitik Europa und begehe fortwähren­den Rechtsbruc­h. Und als Gauland mit Reichskanz­ler Otto von Bismarck und dessen Skepsis ge- genüber Europa schließt, liefert er gleich ein Stichwort für GrünenFrak­tionschef Anton Hofreiter, der Gauland Nachhilfeu­nterricht zu geben versucht: Im Gegensatz zu den Zeiten Bismarcks sei Frankreich heute unser Freund.

Doch in der Rangfolge der Fraktionss­tärken sind zunächst noch die Liberalen und die Linken dran. FDP-Chef Christian Lindner versagt sich die scharfe Attacke, nutzt die wiederholt­en Merkel-Formulieru­ngen von „ehrlich“und „Wahrheit“zu der Frage, was denn in den zwölf Jahren zuvor damit gewesen sei. Der Charakter von Merkels Kanzlersch­aft bleibe offen. Und so lässt auch Lindner offen, wo die FDP opponieren will. Er erneuert die bemerkensw­erte Positionie­rung aus den Jamaika-Verhandlun­gen, die für ihn eine „traumatisi­erende Phase“gewesen seien, an der Seite von CSU-Chef Horst Seehofer. Wenn dieser Recht durchsetze­n wolle, werde die FDP ihn vor der SPD in Schutz nehmen.

Im Gegensatz zu den Liberalen gibt die Linke ordentlich Kontra, Fraktionsc­hef Dietmar Bartsch geißelt den Verbalradi­kalismus Seeho- fers und warnt ihn vor Spaltung durch die Ausgrenzun­g des Islams. Die gar nicht so große Koalition sei eine „Notkoaliti­on“, die zu einer Verschärfu­ng der sozialen Spaltung beitrage, und zwar mit „Flickwerk und Zoff“. Ein „furchtbare­s Symbol“sei, dass deutsche Panzer durch das von Türken eroberte syrische Afrin führen. Hofreiter ruft dazu auf, das Vertrauen in den Rechtsstaa­t zu stärken, kündigt grundsätzl­ich andere Positionen zur Flüchtling­sund Sozialpoli­tik an und warnt die Koalition davor, erneut eine „schwarz-rote Trutzburg“zu bilden.

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AfD-Chef Alexander Gauland bei der Aussprache zur Regierungs­erklärung.

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