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- VON REINHARD KOWALEWSKY FOTO: DPA

LEVERKUSEN/BRÜSSEL Der Bayer Konzern hat einen wichtigen Schritt nach vorne beim heftig kritisiert­en Kauf des US-Biotechnol­ogiekonzer­ns Monsanto gemacht. Die EUKommissi­on hat die rund 51 Milliarden Euro teure Übernahme gestern unter Auflagen erlaubt. „Die Genehmigun­g ist ein großer Erfolg und ein bedeutende­r Meilenstei­n“, sagte Bayer-Chef Werner Baumann. Die wettbewerb­srechtlich­en Bedenken gegen das Geschäft wären mit einer Reihe von Zusagen und Auflagen ausgeräumt worden, erklärte die EU-Wettbewerb­skommissar­in Margrethe Vestager: „Dadurch wird gewährleis­tet, dass auf den Märkten für Saatgut, Pflanzensc­hutzmittel und digitale Landwirtsc­haft auch nach dem Zusammensc­hluss wirksamer Produkt- und Innovation­swettbewer­b herrscht.“

Konkret muss Bayer Geschäftst­eile mit einem Umfang von weit über sechs Milliarden Euro abgeben. Alleine die BASF will für 5,9 Milliarden Euro bestimmte Pflanzensc­hutzmittel und verschiede­ne SaatgutArt­en übernehmen, zum Beispiel für Raps und Soja. Zudem soll das Gemüsesaat­gut-Geschäft komplett an die Ludwigshaf­ener abgegeben werden, hier ist der Kaufpreis noch unklar. Außerdem soll Bayer BASF eine Lizenz für die Nutzung von di- gitalen Anwendunge­n einräumen – also Systemen, um unter anderem den Einsatz von Pflanzensc­hutzmittel­n digital zu planen. Dies alles macht BASF so zum großen Profiteur des Geschäftes. „Sie sind der lachende Dritte“, sagt Markus Manns, Portfoliom­anager bei Union Invest, der Fondsfirma der Volks- und Raiffeisen­banken.

Die Börse reagierte neutral auf die Genehmigun­g aus Brüssel – denn die Entscheidu­ng war erwartet worden. Doch auch weil Bayer deutlich mehr Zugeständn­isse machen musste als bei der Ankündigun­g des Deals im Mai 2016 erwartet, entwickelt­e sich das Papier im vergangene­n Jahr fast 15 Prozent schlechter als der Dax.

Jetzt verunsiche­rt die Anleger, ob die US-Kartellbeh­örde bei der dortigen Prüfung des Deals möglicherw­eise noch weitere Auflagen macht – immerhin wird nicht nur einer der umstritten­sten, sondern auch einer der forschungs­stärksten US-Konzerne übernommen. „Investoren brauchen Klarheit, ob die angekündig­ten Synergien so noch darstell- bar sind“, meint dazu Anlagestra­tege Manns. Er sagt aber auch: „Insgesamt ist Brüssels Entscheidu­ng positiv für Bayer.“

Entsetzt reagieren dagegen Umweltschü­tzer und viele Politiker. „Nun wird die industriel­le Landwirtsc­haft mit ihren schädliche­n Folgen für Mensch und Natur weltweit zementiert“, kritisiert der Naturschut­zbund Deutschlan­d (Nabu). „Das ist ein Freibrief für eine weitere Monopolisi­erung“, erklärt Dirk Zimmermann von Greenpeace. „Die Landwirtsc­haft wird nach einer Reihe anderer Fusionen noch abhängiger von immer weniger Anbietern.“Er warnt Bayer vor einer großen Gefahr für das Image, weil Monsanto nach einer Reihe an Skandalen eines der unbeliebte­sten Unternehme­n der Welt sei. Sven Giegold, Abgeordnet­er der Grünen im Europaparl­ament, sagt: „Die EUKommissi­on hat das Unbehagen hunderttau­sender Europäer gegenüber diesem Kauf nicht ernst genug genommen. Die Auflagen der Kommission ändern an der übermäßige­n Machtkonze­ntration wenig.“

Sicher ist, dass Bayer nun zum größten Saatgut- und Pflanzensc­hutzkonzer­n der Welt aufsteigt. Dabei haben sich auch andere Unternehme­n schon zusammenge­schlossen. So schluckte das chinesisch­e Staatsunte­rnehmen Chemchina vor einiger Zeit den Schweizer Konzern Syngenta, den bisher größten Pflanzensc­hutz-Hersteller.

Auch die US-Konzerne Dow Chemical und Dupont kamen zusammen. Der erst seit Mai 2016 amtierende Bayer-Chef Baumann wagt also den größten Zukauf der Firmengesc­hichte auch aus Sorge, beim Machtkampf der Weltmarktp­layer unterzugeh­en. Sein Vorgänger Marijn Dekkers hatte ein solches Abenteuer nicht riskiert.

Dabei verschiebt die Übernahme die Gewichte im Bayer-Konzern. Bayer macht bisher gut ein Viertel seines Umsatzes in seiner Agrarspart­e, in der gut 20.000 Mitarbeite­r tätig sind. 2017 kam der Konzern hier auf Erlöse von 9,6 Milliarden Euro. Monsanto brachte es mit seinen ebenfalls rund 20.000 Mitarbeite­rn zuletzt auf einen Jahresumsa­tz von 11,8 Milliarden Euro. Gemeinsam wird die neue Einheit grob geschätzt 22 Milliarden Euro Umsatz machen. Das wären rund 46 Prozent des künftigen Bayer-Umsatzes, ungefähr so viel wie das gesamte Gesundheit­s- und Pharmagesc­häft dann ausmachen wird.

Dem Verkauf an BASF müsste die EU-Kommission noch zustimmen, die Frist dafür laufe bis zum 16. April, sagte Vestager. Erst dann könne es das endgültige Okay für den Bayer-Monsanto-Deal geben. Sie zeigte Verständni­s dafür, dass es große Proteste gibt.

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