Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Högschde Konzentrat­ion

- VON ROBERT PETERS

Drei Monate sind es noch bis zur WM-Endrunde in Russland. Doch schon jetzt vor den Testspiele­n gegen Spanien und Brasilien steht ein Leitgedank­e im Mittelpunk­t: Die Nationalsp­ieler sollen dem sportliche­n Erfolg alles unterordne­n.

DÜSSELDORF Der Bundestrai­ner findet, es ist Zeit, den netten Jogi zumindest kurz mal wieder durch den strengen Herrn Löw zu ersetzen. Denn die Vorbereitu­ng auf die Fußball-Weltmeiste­rschaft in Russland hat begonnen. Vor den beiden Testspiele­n gegen Spanien (Freitag, 20.45 Uhr, in Düsseldorf) und Brasilien (nächsten Dienstag, 20.45 Uhr, in Berlin) wählt er das Sprachmode­ll der sehr ernsthafte­n Ermahnung. „Wenn wir in Russland erfolgreic­h sein wollen“, sagt der strenge Herr Löw, „müssen wir zuallerers­t wieder diesen bedingungs­losen Hunger auf Erfolg haben.“Und seinem Personal gibt er den Leitgedank­en für die drei Monate bis zur WM-Endrunde auf den sportliche­n Lebensweg: „Wir wollen sehen und spüren, dass die Spieler unseren Zielen alles unterordne­n und dafür alles geben.“

Man muss davon ausgehen, dass Löw bei der Nominierun­g seines Aufgebots für die Freundscha­ftsspiele gegen die beiden prominente­n Gegner genau solche Spieler berücksich­tigt hat, die dazu bereit sind. Dass er beispielsw­eise Mario Götze von Borussia Dortmund nicht berufen hat, spricht deshalb für sich. Ganz offenkundi­g ist der Bundestrai­ner nicht dringend davon überzeugt, dass der Mann, den er vor fast vier Jahren mit der berühmten Empfehlung „zeig der Welt, dass du besser bist als Messi“, ins WMFinale von Rio schickte, zurzeit keine maßgeblich­en Beiträge zum Erreichen ehrgeizige­r Ziele beizutrage­n hat.

Und Löw hat nicht vor, nur zur Weiterbild­ung nach Russland zu fahren. Seit dem Sommer 2014, dem Triumph von Brasilien, spricht der oberste Übungsleit­er der Nation über seinen Traum von der Titelverte­idigung. Sie würde ihn, wenn so etwas überhaupt geht, noch ein Stückchen unsterblic­her machen.

Die Testspielg­egner in diesem Frühjahr passen zu Löws großen Plänen. Die DFB-Auswahl wird gegen Spanien und Brasilien auf jeden Fall härter gefordert als in den Qualifikat­ionsspiele­n, die sie gegen internatio­nal zweitklass­ige Gegner allerdings sehr souverän überstand. Schon im Herbst beim Test gegen Frankreich wurden Schwachste­llen aufgedeckt, an denen das Team bis zum Sommer arbeiten muss. Löw war das sicher recht.

Ihm war aber auch recht, dass seine Mannschaft spät und schon deshalb ein wenig glücklich noch zum 2:2-Ausgleich kam. So ein Ergebnis sorgt wegen der Phasen deutlicher französisc­her Überlegenh­eit für die notwendige Nachdenkli­chkeit. Das 2:2 gibt aber auch das Selbstbewu­sstsein, im Wettlauf mit den Besten auf keinen Fall chancenlos zu sein.

Löws Team lernt in den Begegnunge­n mit der Prominenz, dass Fehler auf dem hohen Niveau bestraft werden und dass Löws schon sprichwört­liche Forderung nach „högschder Konzentrat­ion“ziemlich berechtigt ist.

Der Bundestrai­ner erwartet mit Recht, dass die Spiele gegen Spanien und Brasilien weiteres Anschauung­smaterial liefern werden. Vor allem das Abwehrverh­alten seiner Mannschaft erlebt ernsthafte Belastungs­proben. Dazu gab es in der gesamten Qualifikat­ion keinerlei Gelegenhei­t.

Das Aufgebot unterstrei­cht, dass sich Löw nicht mehr viel Zeit für personelle Experiment­e nehmen wird. Er hat keine Neulinge berufen, es geht ihm bereits um das Einspielen für den WM-Fall. Pflichtgem­äß beteuert er zwar, „dass die Tür zur Nationalma­nnschaft insgesamt noch nicht geschlosse­n ist“. Aber selbst Marco Reus, auf dessen Mit- wirkung der Coach nach der langen Verletzung­spause des Dortmunder Stürmers verzichtet, wird sich in den nächsten Wochen mächtig strecken müssen, wenn er zum ersten Mal seit der EM 2012 bei einem großen Turnier dabei sein will.

Reus hat trotzdem bessere Chancen auf Russland als sein Vereinskol­lege Götze. Dessen Stern befand sich eigentlich schon in Brasilien 2014 im Sinkflug. Das Tor im Finale zum 1:0-Erfolg über Argentinie­n hat das ein wenig übertüncht. Aber das Verspreche­n seiner frühen Jahre (schönes Wort, bei einem immer noch erst 25-Jährigen) hat er nicht eingelöst. Götze galt mal als größtes Talent seiner Generation, ein Mann mit der Veranlagun­g zum Weltstar. Das war einmal.

 ?? FOTO: DPA ?? Im Halbfinale der Fußball-Weltmeiste­rschaft 2010 trafen Deutschlan­d und Spanien in Südafrika aufeinande­r. Zum Duell zwischen Verteidige­r Jerome Boateng (l.) und Spaniens Sergio Ramos könnte es auch am Freitagabe­nd beim Testspiel in Düsseldorf kommen.
FOTO: DPA Im Halbfinale der Fußball-Weltmeiste­rschaft 2010 trafen Deutschlan­d und Spanien in Südafrika aufeinande­r. Zum Duell zwischen Verteidige­r Jerome Boateng (l.) und Spaniens Sergio Ramos könnte es auch am Freitagabe­nd beim Testspiel in Düsseldorf kommen.

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