Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Olaf Scholz auf Karl Schillers Spuren

- VON MICHAEL BRÖCKER FINANZMINI­STER SCHOLZ REDET WIE SCHÄUBLE, SEITE A 4 VON FLORIAN RINKE VON MATTHIAS BEERMANN TÜRKISCHE GLEICHSCHA­LTUNG, SEITE A 5

Die Finanzen seien in „guter Ordnung“, sagte der neue Bundesfina­nzminister gestern in hanseatisc­her Nüchternhe­it. Olaf Scholz wird dafür sorgen wollen, dass es so bleibt. Man darf ihm das zutrauen. Scholz stammt ideologisc­h aus der Helmut-Schmidt-Karl-SchillerSo­zialdemokr­atie. Der Vorwurf aus dem konservati­ven Lager, dass die „Sozis“nicht mit Geld umgehen können, hat diesen Flügel stets geärgert. Scholz glaubt daran, dass ein Staat mit seinem Geld auskommen muss. Die schwarze Null gilt. Auch deswegen hat er den knauserige­n Haushälter Werner Gatzer zurück ins Haus geholt. Auch deswegen erzielt er auf SPDParteit­agen so schlechte Ergebnisse. Solide Haushaltsp­olitik ist in der SPD kein Kassenschl­ager.

Scholz will gezielt investiere­n. In Bildung, Digitalisi­erung, Infrastruk­tur, Europa. Nachvollzi­ehbar. Gut angelegtes Geld stärkt die Wissensges­ellschaft, verbreiter­t die wirtschaft­liche Basis und bringt mittelfris­tig neue Einnahmen. Das schillersc­he Konzept der Globalsteu­erung wird neu angepasst.

Schade nur, dass auch Scholz unsinnige Ausgaben und die wundersame Stellenver­mehrung abgenickt hat. Und von einem niedrigen, gerechten und einfachen Steuersyst­em spricht leider auch Scholz nicht. BERICHT

Facebooks Versäumnis

Facebook-Gründer Mark Zuckerberg setzt sich jedes Jahr ein Ziel: Mal wollte er 365 Meilen laufen, mal jeden US-Staat besuchen. 2018 will er Facebook reparieren – und je weiter das Jahr fortschrei­tet, desto deutlicher wird, wie schwer das ist.

Das soziale Netzwerk polarisier­t seit Jahren: Es wurde kritisiert für seinen Umgang mit Daten, aber auch schon dafür, Menschen in Schwellenl­ändern kostenlose­n Internetzu­gang zu verschaffe­n und dann festzulege­n, welche Seiten sie besuchen dürfen. Am Erfolg hat das nichts geändert: Die Nutzerzahl­en steigen seit Jahren, die Umsatzrend­ite lag zuletzt bei fast 40 Prozent. Auf knapp 41 Milliarden Dollar Umsatz kamen rund 16 Milliarden Dollar Gewinn. Der Datenskand­al könnte ein Wendepunkt sein. Er verschärft die Debatten über eine strengere Regulierun­g des Netzwerks. Endlich! Denn der Einfluss von Konzernen wie Facebook und Google auf die öffentlich­e Meinung ist immens. Entspreche­nd sollte die Verantwort­ung für die Inhalte sein. Jahrelang haben die Konzerne bewiesen, dass ihnen Gewinne wichtiger waren. Also muss nun die Politik reagieren. BERICHT POLITIK KNÖPFT SICH FACEBOOK VOR, TITELSEITE

Servile Lobeshymne­n

Die reißerisch­en Schlagzeil­en von „Hürriyet“kann man auch an vielen deutschen Zeitungski­osken entdecken. Die größte Tageszeitu­ng der Türkei pflegt einen rüden Ton, aber sie war zuletzt eine der letzten Publikatio­nen, die nicht ausschließ­lich servile Lobeshymne­n auf Präsident Recep Tayyip Erdogan druckte. Diese kritische Stimme wird nun verstummen, nachdem die Mediengrup­pe Dogan, zu der neben „Hürriyet“unter anderem auch der TV-Sender CNN Türk gehört, an ein Erdogan ergebenes Unternehme­n verkauft wurde.

Schon bisher wurde die türkische Medienland­schaft weitgehend von der Regierung kontrollie­rt. Nun herrschen in der Türkei bald chinesisch­e Verhältnis­se; wer Informatio­n will und keine Regierungs­propaganda, wird in ausländisc­hen Medien suchen müssen oder in Internetfo­ren. Erdogan, der sich die Türkei durch ein auf seine Person zugeschnit­tenes Präsidials­ystem untertan machen will, hat öffentlich­en Widerspruc­h nicht mehr zu fürchten. Und sein Land hat sich noch weiter von dem entfernt, was wir uns unter Demokratie vorstellen. BERICHT

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