Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Olaf Scholz auf Karl Schillers Spuren
Die Finanzen seien in „guter Ordnung“, sagte der neue Bundesfinanzminister gestern in hanseatischer Nüchternheit. Olaf Scholz wird dafür sorgen wollen, dass es so bleibt. Man darf ihm das zutrauen. Scholz stammt ideologisch aus der Helmut-Schmidt-Karl-SchillerSozialdemokratie. Der Vorwurf aus dem konservativen Lager, dass die „Sozis“nicht mit Geld umgehen können, hat diesen Flügel stets geärgert. Scholz glaubt daran, dass ein Staat mit seinem Geld auskommen muss. Die schwarze Null gilt. Auch deswegen hat er den knauserigen Haushälter Werner Gatzer zurück ins Haus geholt. Auch deswegen erzielt er auf SPDParteitagen so schlechte Ergebnisse. Solide Haushaltspolitik ist in der SPD kein Kassenschlager.
Scholz will gezielt investieren. In Bildung, Digitalisierung, Infrastruktur, Europa. Nachvollziehbar. Gut angelegtes Geld stärkt die Wissensgesellschaft, verbreitert die wirtschaftliche Basis und bringt mittelfristig neue Einnahmen. Das schillersche Konzept der Globalsteuerung wird neu angepasst.
Schade nur, dass auch Scholz unsinnige Ausgaben und die wundersame Stellenvermehrung abgenickt hat. Und von einem niedrigen, gerechten und einfachen Steuersystem spricht leider auch Scholz nicht. BERICHT
Facebooks Versäumnis
Facebook-Gründer Mark Zuckerberg setzt sich jedes Jahr ein Ziel: Mal wollte er 365 Meilen laufen, mal jeden US-Staat besuchen. 2018 will er Facebook reparieren – und je weiter das Jahr fortschreitet, desto deutlicher wird, wie schwer das ist.
Das soziale Netzwerk polarisiert seit Jahren: Es wurde kritisiert für seinen Umgang mit Daten, aber auch schon dafür, Menschen in Schwellenländern kostenlosen Internetzugang zu verschaffen und dann festzulegen, welche Seiten sie besuchen dürfen. Am Erfolg hat das nichts geändert: Die Nutzerzahlen steigen seit Jahren, die Umsatzrendite lag zuletzt bei fast 40 Prozent. Auf knapp 41 Milliarden Dollar Umsatz kamen rund 16 Milliarden Dollar Gewinn. Der Datenskandal könnte ein Wendepunkt sein. Er verschärft die Debatten über eine strengere Regulierung des Netzwerks. Endlich! Denn der Einfluss von Konzernen wie Facebook und Google auf die öffentliche Meinung ist immens. Entsprechend sollte die Verantwortung für die Inhalte sein. Jahrelang haben die Konzerne bewiesen, dass ihnen Gewinne wichtiger waren. Also muss nun die Politik reagieren. BERICHT POLITIK KNÖPFT SICH FACEBOOK VOR, TITELSEITE
Servile Lobeshymnen
Die reißerischen Schlagzeilen von „Hürriyet“kann man auch an vielen deutschen Zeitungskiosken entdecken. Die größte Tageszeitung der Türkei pflegt einen rüden Ton, aber sie war zuletzt eine der letzten Publikationen, die nicht ausschließlich servile Lobeshymnen auf Präsident Recep Tayyip Erdogan druckte. Diese kritische Stimme wird nun verstummen, nachdem die Mediengruppe Dogan, zu der neben „Hürriyet“unter anderem auch der TV-Sender CNN Türk gehört, an ein Erdogan ergebenes Unternehmen verkauft wurde.
Schon bisher wurde die türkische Medienlandschaft weitgehend von der Regierung kontrolliert. Nun herrschen in der Türkei bald chinesische Verhältnisse; wer Information will und keine Regierungspropaganda, wird in ausländischen Medien suchen müssen oder in Internetforen. Erdogan, der sich die Türkei durch ein auf seine Person zugeschnittenes Präsidialsystem untertan machen will, hat öffentlichen Widerspruch nicht mehr zu fürchten. Und sein Land hat sich noch weiter von dem entfernt, was wir uns unter Demokratie vorstellen. BERICHT