Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Schwester Anna – Pflege von Herzen
Altenpflegerin zu sein, ist für Anna Herzfeld nicht nur ein Beruf, sondern auch ihre Berufung. Seit 29 Jahren pflegt sie ältere Menschen. Im Caritashaus Hildegundis von Meer in Osterath leitet sie den Wohnbereich 5.
Manche mögen‘s süß. Andere ziehen Leberwurst vor oder Käse. Schwester Anna erfüllt die Frühstückswünsche ihrer Bewohner gerne, schneidet die Kruste ab und das Weißbrot in kleine Stücke für Menschen, die nicht mehr gut kauen können. Seit halb sieben ist sie im Einsatz, hat Frau A. schon geduscht und mit ihr dabei über Politik diskutiert. Hat Betten gemacht, beim Anziehen und bei Toilettengängen geholfen. Wohnbereichsleitung übernommen hat, sind zu ihren Tätigkeiten in der Pflege auch viele administrative Aufgaben hinzugekommen. Dienstpläne schreiben, an Leiterkonferenzen teilnehmen, die detaillierte Dokumentation, welche Medikamente und Anwendungen jeder Bewohner erhalten hat. Trotzdem findet sie Zeit für Gespräche mit den Bewohnern. „Wir leben ja hier miteinander, haben einen gemeinsamen Alltag. Wir leiden mit, wir akzeptieren, wenn sich jemand mal ärgert oder Zeit für sich braucht. Und wir lachen und freuen uns miteinander“, sagt sie. Neben der professionellen Distanz gebe es auch eine professionelle Nähe.
Es ist dieser Kontakt, der von Herzen kommt und den Bewohnern guttut, der aber auch Schwester Annas Leben bereichert. „Ich habe über die Jahre so viel von den alten Menschen gelernt. Das steht in keinem Lehrbuch“, sagt sie. Rezepte, Lebensweisheiten, Erziehungstipps oder Eheratschläge – so viel gebündelte Lebenserfahrung gibt es sonst wohl nur an wenigen Orten.
Zum Leben und Arbeiten im Altenheim gehört aber auch der Tod dazu. Schwester Anna hat sich schon von vielen Bewohnern verabschieden müssen, die ihr ans Herz gewachsen waren. Routine wird das nie. Halt und Trost findet sie in Gesprächen mit den Kollegen und der Leitung des Hauses. „Da darf auch gemeinsam geweint werden“, sagt sie. „Wenn wir aber sehen, dass der Mensch mit einem entspannten Gesichtsausdruck eingeschlafen ist, war es oft eine Erlösung.“
Schon früh drängte es Herzfeld in einen sozialen Beruf. „Mit 14 wollte ich Krankenschwester werden“, sagt sie. Dann machte sie doch eine Ausbildung zur Rechtsanwaltsgehilfin und schulte später um. „In die Pflege zu gehen, war die beste berufliche Entscheidung, die ich je getroffen habe“, sagt sie 29 Jahre später. Das sei nicht nur ein Beruf, sondern ihre Berufung. Deshalb hört die 59-Jährige nicht auf zu lernen, hat Fortbildungen in der Kinästhetik gemacht, um auch sehr schwere Menschen aufrichten oder umlegen zu können. „120 Kilo sind so kein Problem“, sagt sie. Die besonderen Hebetechniken schonen ihren Rücken. Um ihren Beruf ausüben zu können, muss Schwester Anna auch auf sich Acht geben.
Dass die Pflegebranche ein Nachwuchsproblem hat, liegt laut Herzfeld auch daran, dass der Beruf in der Öffentlichkeit oft falsch dargestellt wird. Ja, auch das Wechseln von Bettpfannen oder Einlagen gehöre zum Beruf dazu. „Und nein, das ist nicht immer schön. Aber es ist nur ein Teil unseres Berufs“, sagt sie. Auch Beleidigungen, Aggressionen, manchmal Schläge müssen die Pflegenden einstecken. „Das ist häufig krankheitsbedingt. Wenn zum Beispiel Demenzkranke selbst merken, dass sie krank sind, kann sich die Hilflosigkeit in Aggression äußern“, erklärt Herzfeld. Viel wichtiger jedoch seien die vielen schönen Momente: Wenn Menschen im Pflegeheim wieder aufblühten, die kleinen Erfolge, wenn Bewohner mit ihrer Hilfe wieder stehen könnten oder ihr liebevoll die Hand drückten. Dann wisse sie, dass sich die Mühe gelohnt hat. „Und darüber spricht ja kaum jemand.“
Morgen findet im Caritashaus, Bommershöfer Weg 50, von 11 bis 17 Uhr der Osterbasar statt. Besucher sind willkommen.